Steine der Macht (German Edition)
wie keine. In einem der winzigen Läden, welche die Straße säumten, kauften die beiden noch sechs Flaschen Trinkwasser.
Nach vierzig Minuten Fahrt erreichten die zwei die einfache Behausung des alten Fischers am Rande von Safaga. Groß war die Wiedersehensfreude. Wolf und Linda verteilten Geschenke an die Kinder Raghabs und er selbst erhielt, wie immer, einen ansehnlichen Geldbetrag, der ihm das Leben etwas erleichtern sollte.
Nach den üblichen arabischen Begrüßungen und Segenswünschen holte Raghab seinen ältesten Sohn Ahmed, der ein wenig Englisch sprach, herbei und ließ ihn übersetzen:
„In den Bergen, tief hinter den Ruinen der alten Bergwerkssiedlung von Umm Uweitat, ließ die staatliche Phosphat-Gesellschaft vor einigen Wochen einen Teil eines Berges einfach wegsprengen, da dort größere Vorkommen des begehrten Minerals vermutet wurden. Die übliche Vorgangsweise mit Stollenbau hätte zu lange gedauert und da weit und breit keine Behausungen in der Nähe waren, entschloss man sich kurzerhand für eine Sprengung. Es zeigte sich aber anschließend, dass die Ergiebigkeit nicht so groß war wie ursprünglich angenommen. Die Arbeiten wurden deshalb auch rasch wieder eingestellt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Berges jedoch löste die gewaltige Erschütterung der Explosion einen Bergrutsch aus, durch welchen ein altes Steinportal aus der ägyptischen Frühzeit freigelegt wurde.“
Wolf und Linda hörten Ahmed interessiert zu. Aber es kam noch besser.
„Beduinen aus der Gegend, welche ja von Natur aus neugierig sind, wollten durch dieses Portal in den dahinterliegenden Gang hineinsteigen. Einige von ihnen sollen bei diesem Versuch verschwunden sein.“ Ob da „Dschinns“, wie die Araber die Geister nannten, am Werk seien oder die Leute einfach nur ihrer Fantasie freien Lauf ließen, könne er nicht sagen.
Ahmed machte eine Pause und erklärte, dass sie sein Vater noch heute dorthin begleiten würde. Es wären bloß an die siebzig Kilometer. Diese Strecke mit einem PKW und ohne Straße in der Wüste zurückzulegen, würde aber sicherlich einige Stunden dauern.
Wolf war schon gespannt, was da wieder auf sie zukommen würde, und bedankte sich auf Arabisch bei Raghab für dieses Angebot.
Mit den zuvor gekauften Wasserflaschen und drei Melonen, welche ihnen die Frau Raghabs noch als Proviant mitgab, fuhren sie los.
Die ersten zwanzig Kilometer ging es noch auf der schönen asphaltierten Küstenstraße am Roten Meer entlang und auch danach war die Straße noch eine Weile gut befahrbar, bis kurz vor Erreichen des alten Bergwerksdorfes von „Old Umm Uweitat“ nur mehr eine Schotterpiste zu sehen war. Sie verließen sich ab nun nur noch auf die Orientierung von Raghab, der diese Gegend bestens kannte. Durch endlose Wadis und enge Passagen zwischen hohen Felswänden hindurch, erreichten sie nach mehr als zwei Stunden Fahrt den Damm der Phosphat-Eisenbahnlinie, welche auf keiner Landkarte zu sehen war. Raghab deutete auf einen Berg weit rechts vorne und Wolf steuerte den Wagen vorsichtig in diese Richtung, als sie plötzlich von Ferne einen Zug herannahen sahen. Wolf hielt den Wagen an, nahm das Fernglas und konnte erkennen, dass es sich nicht um einen normalen Phosphattransport-Zug handelte. Nein, es war nur eine Diesellokomotive mit einem einzigen Waggon, auf dem ein Militärjeep stand.
Der Zug wurde langsamer und blieb stehen. Mehrere Uniformierte legten Rampen an den Waggon und der Jeep wurde abgeladen. Anschließend fuhr das Fahrzeug über den steilen Bahndamm in das Wadi und dann weiter genau in Richtung des Berges, auf den Raghab zuvor gedeutet hatte. Was sollte dies bedeuten? War es nur ein Zufall oder waren bereits andere auch auf der Suche nach dem alten Portal?
Wolf beschloss, stehen zu bleiben, und wollte erst einmal abwarten. War es doch für Touristen absolut verboten, sich ohne eine spezielle Genehmigung abseits der Hauptstraßen zu bewegen. Falls man sie entdecken würde, könnte das für sie alle mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden sein.
Nach einer Weile waren die Soldaten mit dem Jeep aus ihrem Blickfeld verschwunden. Nur eine sich rasch auflösende Staubwolke zeigte noch die Richtung an, die der Wagen genommen hatte.
Wolf machte einen Schluck aus der Wasserflasche und sie setzten ihre Fahrt über die Geröllpiste fort. Raghab hatte eine Idee und deutete in ein kleines Seitental mit einer Anhöhe am Ende, wo sie den Wagen ohne Weiteres zwischen großen Felsen
Weitere Kostenlose Bücher