Steine der Macht (German Edition)
nur er. Linda war ja Lehrerin und ihr Fernbleiben von der Schule hätte sich nicht so ohne Weiteres erklären lassen.
Nun, den genauen Ort zu finden, sollte nicht so schwer sein. Ein kleiner Radioempfänger, eingestellt auf den stärksten, örtlichen Sender, müsste eigentlich genügen. Denn wenn durch die Zeitanomalie dieser Sender nicht mehr zu hören war oder auf einmal eine Mickymaus-Stimme aus dem Radio kam, dann war es so weit.
Wolf stieg langsam wieder den alten Weg empor. Er kam zur Schlucht mit den Gleisen, durchquerte den alten Steinbruch und stieg höher ins unwegsame Gelände, bis er zu einer großen Felswand kam. Er -bemerkte gar nicht, dass er den Radiosender mittlerweile gar nicht mehr hörte. Der steile Aufstieg verlangte seine volle Konzentration. Wolf sah die Türe in der Felswand erst, als er etwa einen halben Meter davorstand. Eine ganz normale Blechtüre, welche in einer Felsspalte eingemauert war. Wolf versuchte, die Türe zu öffnen, was ihm auch ohne viel Mühe gelang. Drinnen war ein beleuchteter Gang mit einfachen Fliesen ausgelegt. An der Wand war eine Art Garderobe, an welcher einige Kleidungsstücke hingen, die wie dunkle Mönchskutten aussahen. Rasch schloss Wolf wieder die Eisentüre und wollte wieder zurückgehen. Er blickte sich im Gehen noch einmal um, sah aber die Türe nicht mehr. Vorsichtig ging er nochmals auf die Wand zu und erst im letzten Moment tauchte die Türe wie aus dem Nichts an der Felswand wieder auf. Wie in einem Science-Fiction-Film, dachte sich Wolf und war etwas durcheinander. Noch einmal ging er zurück, die Türe verschwand wieder, um beim Näherkommen wieder unter einem leichten Flimmern aufzutauchen.
Glauben würde ihm das sicher niemand, dachte Wolf und machte sich an den Abstieg. Er war so gegen zwölf Uhr auf den Berg gegangen, höchstens vierzig Minuten war er unterwegs, jetzt war es aber schon dämmerig geworden.
Es mussten also einige Stunden vergangen sein, seit er oben an der Felswand die Türe kurz geöffnet hatte. Tatsächlich zeigte die Uhr in seinem Wagen an der Straße im Wald bereits acht Uhr abends an.
Wie lange würde er wohl wegbleiben, wenn er versuchte, den Gang, der in den Berg führte, zu betreten? Mit diesen Gedanken fuhr er nach Hause. Jedenfalls wusste er nun, wo die Stelle war. Vorsorglich hatte er mit seiner Kamera einige Aufnahmen von der Stelle mit der Türe gemacht, um jederzeit den Ort des Einganges wiederzufinden.
Linda konnte es fast nicht glauben, als ihr Wolf am nächsten Tag von seiner Entdeckung erzählte. Sie war sich nicht sicher, ob er sich nicht nur einen Scherz erlaubte. Zu unglaublich klang Wolfs Geschichte.
Es dauerte nun nochmals einige Wochen, bis Wolf sich dazu durchrang, den geheimen Eingang, der möglicherweise in eine andere Zeit führte, zu betreten. Wieder war schönes Wetter, als Wolf durch die Schlucht und den darüber liegenden alten Steinbruch zu der Stelle an der Felswand aufstieg. Dieses Mal gelang es ihm besonders rasch, die Stelle zu finden. In einer Entfernung von etwa einem halben Meter tauchte dann wieder die Blechtüre auf und Wolf ging hinein. Das Licht der Glühlampen an den Wänden im Gang erhellte diesen ausreichend und Wolf sah, dass an der Garderobe, welche sich an der rechten Seite des Ganges befand, noch immer diese dunkelbraunen Mönchskutten hingen, welche er schon bei seinem ersten Besuch gesehen hatte. Wolf blieb stehen und wollte sich die Gewänder in Ruhe ansehen. Da wurde er von einer Stimme plötzlich aufgeschreckt. „Woher kommen Sie?“, fragte ihn ein Mann um die vierzig Jahre in gutem Deutsch. Der Unbekannte stand direkt hinter ihm. Er war etwas altmodisch, aber ordentlich gekleidet. Nach der Aussprache zu urteilen, dürfte dieser Mann nicht aus der Gegend stammen, sondern müsste aus dem norddeutschen Raum kommen.
„Ich bin aus Salzburg“, erwiderte Wolf, dem es fast die Sprache verschlagen hatte. Die nächste Frage des Unbekannten lautete: „Welches Datum haben wir heute?“ Wolf erklärte dem Mann, dass es der 27. August wäre. „Welches Jahr?“, war die nächste Frage.
„2007.“ Der Mann schaute nachdenklich. „Sie müssen schnell wieder hier rausgehen. Man wird nach Ihnen suchen, Sie sind bereits viele Stunden hier drinnen.“ „Aber ich hätte da einige Fragen an Sie …“ „Nicht hier, nicht jetzt, kommen Sie rasch mit“, antwortete der Fremde und ging vor ihm den Gang wieder zurück zur Eingangstüre. Er nahm Wolf am Arm und schob ihn zur Türe
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