Steine der Macht (German Edition)
hinaus ins Freie. Mittlerweile war draußen am Waldrand bereits die Dämmerung hereingebrochen. Der Unbekannte war ebenfalls mit ihm hinausgegangen. Nach einigen Schritten war die Türe nicht mehr zu sehen. Wolf wartete nur noch darauf, dass der Mann aus dem Gang nun ebenfalls verschwinden würde. Doch nichts geschah. Der Mann musterte Wolf eindringlich. „Was suchen Sie hier oben am Berg eigentlich und wie haben Sie diese Türe gefunden?“ Wolf spürte, dass von dem Unbekannten keine unmittelbare Bedrohung für ihn ausging. Er erzählte diesem von seiner langen Suche nach dem sagenum-wobenen Zeitphänomen und fragte anschließend, wer er eigentlich sei und woher er komme.
„Ich bin ein Wächter“, entgegnete der Mann aus dem Berg, „meine Aufgabe ist es, unter anderem darauf zu achten, dass dieser Eingang unentdeckt bleibt. Nur ganz wenige Leute haben in den letzten siebzig Jahren dieses Portal gefunden, und das auch nur aus purem Zufall, so wie Sie jetzt. Viele dieser Menschen kamen nicht mehr nach Hause zurück. Wir konnten es uns nicht leisten, entdeckt zu werden. Nun ist aber etwas eingetreten, wovor wir immer schon Angst gehabt hatten. Der Zeitablauf im Berg, oder zumindest in unserer Station, ist schon bald an den der Außenwelt angepasst. Seit kurzer Zeit ist etwas im Gange, das wir nicht erklären können. Sie brauchen vor uns keine Angst zu haben. Sie könnten uns aber vielleicht helfen.“
Wolf verstand kein Wort, von dem, was der Wächter da sagte. Kam sein Gegenüber tatsächlich aus einer anderen Zeit?
„Als Zeichen unseres guten Willens und dass wir Sie wirklich brauchen, nehmen Sie das“, und er überreichte Wolf zwei Goldmünzen, „die sind sicherlich einiges wert, auch in Ihrer Zeit, und wenn Sie uns wirklich helfen wollen, so können wir Sie zu einem reichen Mann machen. Wir haben sehr viel davon in unserer Station. Kommen Sie wieder und wir werden Ihnen sagen, was Sie für uns tun können.“ Er drehte sich wortlos um und ging auf die Felswand zu. Wolf starrte wie gebannt dem Mann nach und musste mit ansehen, wie dieser unmittelbar vor der Wand verschwand.
Inzwischen begann es im Bergwald schon dunkel zu werden und Wolf musste sich beeilen, um unbeschadet durch die Schlucht mit den Gleisen an der Felswand zu gelangen. Nach einer halben Stunde erreichte er seinen Wagen und erst jetzt wurde ihm bewusst, was er da gerade gesehen und gehört hatte.
Als er zu Hause ankam und die Goldstücke mit seinen Messgeräten untersuchte, fand er die Echtheit des 24-karätigen Münzgoldes bestätigt.
Sollte er nun Linda von dem soeben Erlebten erzählen? Würde sie ihm Glauben schenken oder insgeheim an seinem Verstand zweifeln?
Einerseits hatte sie mit ihm schon einiges gesehen und erlebt, was Außenstehenden kaum zu erklären war. Seine Begegnung mit dem Wächter war aber doch ein wenig abenteuerlich. Er würde ihr die Münzen zeigen, aber was war das schon? Münzen konnte man kaufen, auch Goldmünzen. Nein, um ihr das beweisen zu können, musste er sie dorthin, zu der Türe in der Felswand, mitnehmen. Linda war aber absolut nicht schwindelfrei. Und um hinauf zum alten Steinbruch zu gelangen, musste man auf den Gleisen und den darauf liegenden, rutschigen Brettern die Schlucht überqueren. Linda würde niemals auf diesem Weg mitgehen.
Wolf erzählte vorerst niemandem etwas von dem Gesehenen.
Er besorgte sich in den folgenden Wochen von dem Gemeindeamt des kleinen Dorfes, am Fuße des Untersberges, alte Unterlagen aus dem Archiv. Pläne, in denen die Lage der Steinbrüche, der Wege und die alten Gleise eingezeichnet waren.
Es waren darin auch zwei kleinere Pfade zu sehen, welche durch einen Graben zu einer jahrhundertealten, gefassten Quelle und von dort aus direkt zu dem Steinbruch führten, nicht mehr weit von der Stelle, wo Wolf den Eingang an der Felswand entdeckt hatte. Auf diesem Weg würde Linda schon mitkommen.
Es war wohl länger und steiler zu gehen, dafür aber nicht so gefährlich wie der Weg über die Gleise oberhalb der Schlucht.
Wolf wollte unbedingt ein Wochenende abwarten, an dem Linda nicht am nächsten Tag zum Unterricht in die Schule musste.
Denn würden sie die Schwelle in den Berg überschreiten, wäre ja eine Zeitverschiebung unvermeidlich. Und Wolf wusste, dass dies sogar einige Tage bedeuten könnte. Aber auf andere Weise ließ sich auch kein Kontakt zu dem Wächter herstellen.
Tatsächlich war am folgenden Samstag das Wetter ausreichend gut, dass sie ohne
Weitere Kostenlose Bücher