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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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Dort wurde in der letzten Nacht ein Baby geopfert!“, erzählte Elvira Pfefferle eindringlich. „Haben Sie denn das bedauernswerte Würmchen noch nicht gefunden?“
    „Und später?“, wollte Klapproth wissen, ohne Frau Pfefferles Frage zu beantworten.
    „Ich bin auf die Straße hinausgegangen und habe gelauscht – und da hörte ich das Läuten der Glocke, mit der Satan seine Anhänger zum Götzendienst ruft. Kurze Zeit später wimmerte das Kind nur noch schwach. Heute Morgen wurde ein Sack herausgetragen. Da war die Kiste mit dem toten Baby drin, ich bin ganz sicher! Sorgen Sie dafür, dass diese Leute verschwinden!“
    „Woher wissen Sie denn so genau, dass das Baby als Opfer gedacht war?“
    Elvira Pfefferle warf ihre knochigen Hände in die Luft und sah die Ermittlerin in fassungslosem Entsetzen an.
    „Aber wissen Sie das denn nicht? Schon immer wurde von diesen Sekten, um großen Bitten Nachdruck zu verleihen,ein unschuldiges Opfer gebracht. Und was gibt es Unschuldigeres als ein Neugeborenes! Davon müssen Sie doch irgendwann einmal gehört oder gelesen haben!“
    „Haben wir überhaupt etwas gegen die Kinder Lucifers in der Hand? Irgendeinen Hinweis auf kriminelle Machenschaften oder ein Verbrechen?“, fragte Malte Paulsen später, als sie ihre mageren Ergebnisse auswerteten.
    „Nein – sieht nicht so aus. Die Kollegen haben die ,sargähnliche Kiste‘ gefunden, von der Elvira Pfefferle erzählt hat. Sie enthielt eine Teufelsstatue, die im Tempel aufgestellt werden soll. Es wird darüber hinaus kein Säugling vermisst. Natürlich können wir auch nicht ausschließen, dass jemand sein Neugeborenes verkauft oder aus religiösen Gründen Lucifers Kindern zur Verfügung gestellt hat, aber im Moment sehe ich keinen Grund gegen die Sekte zu ermitteln. Behalten wir sie einfach weiter im Auge. Nach der heutigen Aktion werden sie sich in nächster Zeit sicher eher unauffällig und ruhig verhalten“, hoffte Maja Klapproth.
    Doch da irrte sie sich.

2
    Jakob Gumper stand in der Küche und schälte Kartoffeln.
    Langsam fielen die Schalen ins Edelstahlbecken der Spüle, während er erneut über die Konsequenzen seiner Entscheidung nachdachte. Vielleicht hatte Dr. Jürgens Recht, und er sollte die Kinder lieber nicht nach St. Gertraud mitnehmen. Für sie drei waren das Tal und der Bauernhof der Familie mit traumatischen Erinnerungen verknüpft, es bestand die Möglichkeit, dass sich der ohnehin schon besorgniserregende Zustand der Geschwister durch die Rückkehr weiter verschlechtern würde. Er legte die Kartoffeln in den Topf und setzte ihn auf die Herdplatte.
    Allerdings konnte die direkte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auch heilsam für Helene und Heiko sein. Konfrontationstherapie.
    So, wie es jetzt war, konnte es jedenfalls auch nicht bleiben.
    Jakob kippte eine Packung Tiefkühlgemüse in eine Pfanne. Sofort erfüllte der Duft nach Zwiebeln und Knoblauch die Küche.
    Andererseits hatten sie sich hier irgendwie eingerichtet. Die Kinder lebten bei ihm. Er ging einer geregelten Tätigkeit nach, hatte Freunde und Bekannte.
    Es fehlte ihm an nichts.
    Nein, korrigierte er sich widerwillig, das stimmte so nicht.
    Ihm fehlte die klare Luft des Ultentals, seine Weite, die massigen Berge, der Anblick der Weiden und selbst das Muhen der Kühe. Damals, als Bauer auf einem kleinen Hof, war er sein eigener Herr, musste sich niemandem unterordnen – heute, als Angestellter eines Landschaftsgärtnereibetriebs, sah das ganz anders aus. In seinem Alter galt es, jeden Tag aufs Neue um seinen Arbeitsplatz zu kämpfen – einen anderen würde er schwerlich finden. Es war Glück gewesen, dass sein Freund ihn damals ohne viel Federlesens bei sich eingestellt hatte und er seine Eignung für diese Tätigkeit immer wieder neu beweisen konnte, sodass der Freund nie an seiner Entscheidung hatte zweifeln müssen.
    Während er das Gemüse umrührte, dachte er an Anton.
    Sein Bruder wohnte in St. Nikolaus, etwa auf halber Strecke zwischen Lana und St. Gertraud. Dennoch hatte auch Anton damals unter den Gerüchten, die ihn betrafen, zu leiden gehabt, allerdings war sein Bruder aus anderem Holz geschnitzt als der eher schwächliche Jakob. Als die Leute ihn „Mörderbruder“ nannten, hatte er jeden Einzelnen vor Gericht gezerrt, Schmerzensgeld verlangt und auf Unterlassung geklagt. Danach war Ruhe eingekehrt. Anton und Waltraud hatten auch keine Kinder gehabt, die verprügelt oder überfallen werden konnten, dachte Jakob, sie

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