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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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starrten ihn voller Ehrfurcht und Bewunderung an.
    Baumeister spürte die gespannte Erwartung wie einelektrisches Feld auf seiner Haut, das Prickeln steigerte seine Erregung.
    Nocturnus breitete seine Arme mit nach unten gerichteten Handflächen aus und begrüßte seine Gemeinde.
    „In Nomine Magni Dei Nostri Satanas. Introibo ad altare Domini Inferi.”
    Die Jünger antworteten:
    „Adjutorium nostrum in nomine Domini Inferi.”
    „Herr der Hölle, dein Tempel wurde geschändet von Unwissenden und Blinden! Sie betraten das Allerheiligste und trugen ihre grellen Lichter herein, sprühten mit Chemikalien und fotografierten. Sie zwangen deine Anhänger, sich auf entwürdigende Weise rechtfertigen zu müssen“, begann Nocturnus, und obwohl während der Zeremonien strenges Redeverbot galt, wurde nun allgemein zorniges Raunen laut, das langsam zu einem finsteren Grummeln abebbte, als Nocturnus von den Schikanen der Polizeibeamten berichtete.
    Kevin Baumeister wartete. Seine Hände wurden feucht. Es war, als könne Nocturnus jedem einzelnen von ihnen in die Seele sehen, Kevin glaubte es an einem besonderen Kribbeln in der Kopfhaut spüren zu können, wenn der Geist des Sektenführers in den seinen eindrang. Nervös fuhr er sich mit den Fingern über die Narbe, die sich quer über sein Gesicht zog.
    Nocturnus beschwichtigte den aufwallenden Zorn der Anhänger Satans mit ruhigen Gesten.
    Mit einer entschiedenen Handbewegung gebot er der Musik, zu verstummen.
    „Wir werden nun beweisen, dass das weiße Licht keine Bedeutung für uns hat, und so den Tempel reinigen! Zeigt Lucifer, wer sich wirklich sein Kind nennen darf!“Der Chor antwortete:
    „Shemhamforash.“
    Danach breitete sich Schweigen aus.
    Alle erwarteten ein Zeichen des Herrn der Finsternis. Die Spannung steigerte sich, wurde unerträglich. Dann, plötzlich, rief eine jugendliche Stimme:
    „Ich! Ich werde es beweisen! Ich bin stark genug, um es mit den Mächten der Lüge und Verblendung aufzunehmen!“
    Dumpfes Trommeln drang bis in den letzten Winkel des Tempels, als Nocturnus dem Satansjünger bedeutete, zu ihm an den Altar zu treten.
    „Komm her, schwarze Seele. Tritt hervor und zeige den anderen, was mit dem Licht der Lüge geschieht!“ Nocturnus’ Stimme vibrierte.
    Es entstand eine leichte Unruhe, bis sich der Satanist aus der dritten Reihe zu Nocturnus vorgeschoben hatte und vor ihm stand. In der Hand hielt er nur die weiße Kerze.
    „Lasst es mich hören!“, forderte Nocturnus, und der Chor antwortete ihm.
    „Odium robur verum est!“
    Reihe für Reihe übernahmen sie den Leitspruch, die Trommeln sorgten derweil für einen gleichmäßigen Sprechrhythmus.
    „Odium robur verum est!“
    Der Vermummte vor dem Opferstein streckte nun seine linke Hand aus. Hell schob sie sich aus dem dunklen Gewand. Er verharrte einen Moment, dann hielt er seine Handfläche über die Flamme und senkte sie ganz langsam im Rhythmus des Sprechgesangs tiefer und tiefer.
    Kevin Baumeisters Puls raste, und der Schweiß brachihm aus, als er sich den Schmerz vorstellte, den dieser Jünger auf sich nahm, um Satan und Lucifer zu versöhnen, und wusste, dass es allen anderen ebenso erging.
    Endlich verlöschte die Flamme.
    Der Kampf war entschieden, die Dunkelheit hatte gesiegt. Euphorisch skandierten die Jünger ihr Mantra.
    „Und so wird es immer enden!“, verkündete Nocturnus mit donnernder, kraftvoller Stimme. „Die Verblendung hat keinen Bestand!“
    „Seht!“, forderte er und bewies seine Behauptung, indem er seine weiße Kerze ebenfalls mit der Hand löschte.
    „Odium robur verum est!“
    Andächtig nahmen Lucifers Kinder den Spruch wieder auf.
    Nach und nach ließen die Satansanbeter ihre weißen Kerzen verlöschen. Gelegentlich war ein Schmerzensschrei zu hören, der aber im allgemeinen Murmeln der magischen Formel unterging. Bald war der Raum nur noch vom unruhigen Licht der Fackeln erleuchtet.
    Der Hohepriester sorgte mit einer Geste für atemlose Stille.
    „Sieh her, Lucifer! Deine Kinder sind gezeichnet!“ Dabei hob er seine linke Hand und hielt sie so, dass das Licht der Fackel am Opferstein die große, feucht-glänzende Wunde in seiner Handfläche beleuchtete.
    „Hebet die Hände und zeigt das Satansmal!“
    „Sie sind hier!“, kreischte eine Stimme schrill. „Ich kann sie spüren, Satan und Lucifer sind hier!“
    „So haben sie unser Ritual gutgeheißen und sind zu uns zurückgekehrt“, erklärte Nocturnus zufrieden, „Doch bevor wir diese

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