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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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er hoch über seinen Kopf gehoben hatte. Zum finalen Schlag. Seiner Körperhaltung war das Ausmaß seiner Enttäuschung deutlich anzusehen.
    „Halt!“, wiederholte ihr Mentor vorsichtshalber noch einmal.
    Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete er, wie Julian sein Schwungbein langsam auf den Boden zurückstellte, und atmete innerlich auf.
    „Ihr solltet ihn nur überfallen! Menschenskinder! Wie seid ihr denn drauf? Getötet wird nur in klar definierten Ausnahmefällen – und nur auf ausdrückliche Anweisung!“
    „Ach ja? Der Typ hat uns doch gesehen! Der kann uns beschreiben. Damit ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis uns die Bullen finden!“, schrie Julian unbeherrscht und sprühte vor Zorn.
    „Wieso bist du überhaupt hier? Oh, jetzt verstehe ich! Du willst die Seele deinem eigenen Konto gutschreiben, nicht?“ Marios Speicheltröpfchen trafen Kevin ins Gesicht. Doch der blieb äußerlich unbeeindruckt.
    „Ich bin hier, weil Nocturnus es so wollte! Und ich brauche schon lange keine Seelen mehr – wenn ich gehe, habe ich freien Zutritt – sofort! Außerdem fordere ich mehr Respekt! Vergesst nicht, mit wem ihr hier redet! So, und nun sammelt eure Sachen ein. Wir gehen!“, entschied ihr Betreuer.
    „Wir haben es doch schon so gut wie geschafft“, nörgelte Mario weiter, „noch zwei, drei Schläge, und der Typ ist hinüber.“
    „Nein! Besser ihr gewöhnt euch von Anfang an daran: Es gilt, was Nocturnus festlegt.“
    Maulend sammelten Julian und Mario ihre Habseligkeiten zusammen und folgten ihrem Betreuer.
    Der führte sie in einen Park und nötigte sie, auf einer Bank Platz zu nehmen.
    „Gut war, wie ihr ihn angesprochen und weggelockt habt. Nicht gut war, was danach pasiert ist.“ Er leuchteteden beiden Anwärtern mit einer Taschenlampe ins Gesicht. „Und wie ihr ausseht, gefällt mir ganz und gar nicht!“
    „Mir gefällt deine Visage auch nicht – und ich muss sie trotzdem jeden Tag ansehen!“, schnappte Mario erregt zurück.
    „Kommt endlich runter! Ihr benehmt euch wie Schuljungen, nicht wie Satanisten!“
    Mario verzog beleidigt das Gesicht.
    „Was mir nicht gefällt, hat nichts mit euren Gesichtern an und für sich zu tun.“ Baumeister bemühte sich bewusst um Sachlichkeit. „Was ich hier sehe, sind zwei Kerle, die hochrot und verschwitzt sind und in deren Augen nackte Blutgier steht. DAS gefällt mir nicht. Und um das unmissverständlich klarzumachen: Nocturnus braucht Leute, die erst denken und dann zuschlagen. Keine, die geradezu in einen Rausch verfallen, wenn sie jemanden verprügeln. Ihr seht aus, als hätte euch im Sandkasten ein großer Junge das Spielzeug weggenommen!“
    „Ha!“, spuckte Mario, „Nocturnus sagt selbst, dass das alles Schmarotzer sind und sie zu töten eine ehrenvolle Aufgabe im Sinne der Gesellschaft ist. Um die wird nicht getrauert! Diese Sozialvampire sind eine Plage!“
    „Oh, da hat aber jemand seine Hausaufgaben gründlich gemacht!“, höhnte Baumeister, der nun doch langsam wütend wurde.
    „Egal, wir haben jedenfalls unseren ,Gesinnungsnachweis‘ erbracht. Und ich werde Nocturnus darüber informieren, dass du uns daran gehindert hast, eine Steigerung möglich zu machen!“, schimpfte Julian, der bislang nur stumm vor sich hin gebrütet hatte.
    „Das mache ich schon selbst!“ Kevin Baumeister drehtesich um und ließ die beiden unzufrieden und ratlos auf der Bank zurück.
    „Hast du mit Fabian gesprochen?“
    „Ja, selbstverständlich.“ Maja Klapproth verdrehte genervt die Augen und klemmte das Telefon zwischen Kinn und Schulter ein, während sie im Kühlschrank nach etwas Essbarem suchte.
    „Und, was hat er gesagt?“
    „Mutter, warum fragst du ihn das nicht selbst? Ich habe mit ihm nicht über das Thema Suizid gesprochen!“ Sie nahm sich drei Eier heraus, Tomaten, Schinken und geriebenen Käse.
    „Warum nicht? Dir hätte er sich vielleicht anvertraut!“, maulte die Stimme am anderen Ende der Leitung.
    Klapproth begann, den Schinken zu zerkleinern und in die Pfanne zu geben.
    „Er weiß nicht, warum er es immer wieder versucht! Es ist nicht so, dass es einen konkreten Anlass gab. Niemand hat ihn beleidigt oder herabgesetzt. Wie oft soll ich dir das noch erklären? Er ist grundsätzlich depressiv, und manchmal ist eben alles so düster und sinnlos, dass er versucht, der Sache ein Ende zu setzen.“
    Die Tomaten wanderten zum Schinken.
    „Du kochst, während ich versuche, mit dir ernsthaft über deinen Bruder zu sprechen!“,

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