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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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hindeutete“, dämpfte Klapproth die Erwartungen ihrer Freundin.
    „Wie schade! Aber wahrscheinlich ist der echte Satansglaube mit dem Siegeszug der Psychologie ausgestorben!“, seufzte Dr. Kramer theatralisch.
    „Warum sollte er?“
    „Weil die Psychologie den Menschen den Glauben daran genommen hat, das Böse sei etwas, das von außen an uns herangetragen wird und unser Verhalten und Wesen bestimmt. Die Psychologie hat das wahre Böse im Menschen selbst gefunden. Also kein Verführer mit Hörnern und Pferdefuß – sondern die dunkle Seite als Bestandteil eines jeden von uns, die manchmal die Oberhand gewinnt und unser Denken und Verhalten steuert.“
    „Eine Art intrinsischer Satan? Damit geht die erotische Dimension des Bösen ja gänzlich verloren!“
    „Tja, Maja. Von dem Gedanken müssen wir uns wohl verabschieden. Keine erotischen Abenteuer mit dem Teufel.“
    „Traurig. Keine Aussicht auf teuflisch guten Sex.“ Klapproth zeigte sich enttäuscht.
    „Nun, wenn man den Berichten von Hexen Glauben schenken will, die in früheren Jahrhunderten den Hexensabbat feierten und dort auf Satan trafen, war es wohl kein so tolles Erlebnis. Sein Penis – so wird berichtet – sei hart und schuppig, er gehe rücksichtslos vor, die Qualen der Frau seien ihm gleichgültig. Die Schmerzen bei dieser teuflischen Vereinigung sollen immens gewesen sein, erzählten jedenfalls die Hexen.“
    „Schuppig?“ Klapproth grinste und schüttelte ungläubig den Kopf.
    „Ja, schuppig. Vielleicht wie ein Tannenzapfen. Allerdings wurden diese Geständnisse unter Folter erpresst, ihr Wahrheitsgehalt ist daher äußerst zweifelhaft“, räumte Dr. Kramer schmunzelnd ein.
    „Aha! Du weißt also auch nichts Genaues!“
    „Also mal ehrlich: Wer weiß schon etwas über den Teufel?“
    „Ich habe zumindest einen Blick in seinen Tempel geworfen! Alle Wände schwarz, Skelettteile und Fratzen als Dekoration und ein Tierkreiszeichen an den Wänden. Und in jeder Himmelsrichtung stand ein anderer Name: Satan, Lucifer …“
    „Belial und Leviathan“, fiel ihr die Freundin ins Wort. „Ach, du kennst dich damit aus! Los, beichte!“
    „Auskennen ist zu viel gesagt. Aber ich habe mich früher einmal mit Satanismus beschäftigt. Aus rein beruflichen Gründen natürlich.“
    „Natürlich!“, feixte Klapproth, die um die Schwäche ihrer Freundin für Magie und Geheimnisse wusste.
    „Ja, beruflich. Einer meiner Patienten war fest davon überzeugt, Handlungsanweisungen von Satan selbst zu bekommen. Zum Beispiel wurde er aufgefordert, im Garten seiner Nachbarin alle Blumen mit einer Desinfektionslösung zu übergießen, um deren Geist zu reinigen. Angeblich verströmten die Blüten einen verwirrenden Duft.
    „Und, hat es funktioniert?“
    „Wie man’s nimmt. Der Geist der Nachbarin klärte sich rasch, was zu einer Anzeige gegen meinen Patienten führte. Vor Gericht fiel der Beklagte durch seine Aussagen auf. Einer meiner Kollegen diagnostizierte eine paranoideWahnvorstellung. So führte das Gießen der Blumen direkt zu einer Therapie bei mir.“
    „Fabian hatte mal eine Freundin aus der Gothic-Szene. Du weißt schon, schwarze Kleidung, blasse Haut, viel Schwarz um die Augen, schwarzer Lippenstift und Nagellack. Als sie sich getrennt haben, hat sie die satanische Bibel bei uns vergessen. Ich habe drin geblättert, fand die Texte aber überhaupt nicht spektakulär. Gut, vielleicht so ein paar Szenen mit Nonnen und erotischen Frauen als Altar. Aber schockierend war das alles nicht.“
    „Stammt die Bibel nicht von 1968?“
    „Ja, genau. Dieser Anton Shandor LaVey hat sie angeblich in der Walpurgisnacht verfasst.“
    „Wenn du meine ehrliche Meinung hören willst: Ich glaube, es klingt für uns nur so harmlos, weil uns heutzutage nichts mehr heilig ist.“
    Maja Klapproth dachte über diese These nach.
    „Du meinst, weil wir insgesamt roher geworden sind?
    Weil wir auch dann noch auf den am Boden Liegenden prügeln, wenn er seine Niederlage schon längst eingestanden hat. Und Pornodarstellungen regen uns deswegen nicht mehr auf, weil sie schon lange zu unserem Alltag gehören.“
    Ungebeten drängten sich die Bilder des geschlagenen und getretenen Obdachlosen in ihr Bewusstsein. Hatte er auch um Gnade gewimmert, um sein Leben gefleht?
    Bedächtig nickte sie dann. „Vielleicht hast du Recht. Einige Grenzen haben sich mit Sicherheit verschoben, das erlebe ich tagtäglich bei meiner Arbeit. Es hat sich sowohl unsere Toleranz gegenüber der

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