Steinhauer, Franziska
wahrscheinlich raus.“
Während Klapproth auf die Bänder wartete, informierte sie Dr. Glück über die neuen Entwicklungen, dann rief sie ihre Freundin an.
Dr. Solveigh Kramer war begeistert von der Idee, den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen. In ungefähr einer Stunde könne sie im Steakhaus sein – wenn Maja so lange warten wolle. Klapproth warf einen Blick auf die Uhr und beschloss, die ihr verbleibende Zeit für einen nicht ganz privaten Spaziergang zu nutzen.
Die Nikolausstraße war beinahe menschenleer. Die Seniorenanlage hatte man eingerüstet, wahrscheinlich, um den schwarz verfärbten Putz der Außen-und Innenwände zu erneuern. Obwohl die Bewohner bereits wieder in ihre Räume zurückgekehrt waren, brannte nur hinter wenigen Fenstern Licht. Klapproth blieb stehen und sah zum Zimmer von Elvira Pfefferle hinauf.
„Es tut mir leid“, murmelte sie leise und kam sich ein wenig albern dabei vor.
Das Haus der Kinder Lucifers war dunkel. Bewegungslos stand die Kommissarin vor den Kellerfenstern und lauschte angespannt. Doch nicht ein Laut drang nach draußen. Vielleicht waren Handwerker mit dem Einbau von Dämmeinrichtungen beauftragt worden, überlegte sie, damit es in Zukunft keine weiteren Anzeigen wegen Weinens oder anderer Laute mehr geben würde.
„Oder hockt ihr alle im Keller zusammen und betet zu Lucifer?“, flüsterte sie und sah sich den Eingangsbereich etwas genauer an. Das unauffällige Messingschild über der Klingel war entfernt worden, ebenso die kleine Kamera, die den Zugangsbereich überwacht hatte.
Doch hinter der schweren Holztür knurrten nach wie vor grollend die Hunde und signalisierten ihre Bereitschaft, jeden Eindringling zu anzugreifen. Die Wächter und ihre Vierbeiner waren demnach noch da. Aber wo waren Lucifers Kinder? Hatten sie sich einfach mit den beiden Jugendlichen zusammen aus dem Staub gemacht?
Solveigh Kramer wartete bereits. Der Kellner stellte gerade ein Kölsch vor ihr ab, als Maja das Restaurant betrat. Sie umarmte die Freundin herzlich, setzte sich, bestellte sich ebenfalls ein Kölsch und hoffte auf einen entspannenden Abend.
„Du wirkst ganz schön gestresst und verärgert. Immer noch wegen Veronika?“
„Dir bleibt wohl nichts verborgen, wie?“ Klapproth zog eine Grimasse. „Typisch Psychotherapeutin! Veronika ist aus der Klinik abgehauen, und jetzt sag nicht so etwas wie: Das war ja zu erwarten! Sag einfach gar nichts dazu.“
„Hm. Das ist nicht alles. Persönliche Probleme meiner Freundin Maja haben meist mit Männern zu tun.“ Sieschloss die Augen und ließ ihre Hände in Brusthöhe über dem Tisch schweben. Ihre Stimme nahm einen geheimnisvollen Klang an. „Besonders mit einem! Ich sehe, dass er viel Platz in deinem Leben einnimmt! Er heißt – Moment noch, ich hab’s gleich, er heißt … Fabian Klapproth! Du wurdest durch einen Anruf von seinen Problemen informiert. Und zwar … ja, genau! Von deiner Mutter!“
Maja Klapproth lachte, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen. Die Vorstellung ihrer Freundin war einfach perfekt. Solveigh Kramers dunkle, lockige Haare fielen ihr weich auf die Schultern, und mit ihrem auffällig geschminkten Gesicht und den großen Creolen in den Ohren wirkte sie wie eine Jahrmarktswahrsagerin aus der Stummfilmzeit. Ihre Arme schmückten schmale Goldreifen, die leise klimpernd aneinanderstießen, wenn sie sich bewegte. Die langen Finger endeten in rot lackierten Nägeln, selbst die wallende Kleidung passte ins Bild.
Sie öffnete ihre grünen Augen und funkelte ihre Freundin erwartungsvoll an. „Na, stimmt’s?“
„Zu hundert Prozent! Ärger mit meiner Mutter wegen der Schuldfrage, wie immer. Stress wegen Fabian, der einen neuen Suizidversuch hinter sich hat und wieder zu Hause ist, dann treffe ich auch noch auf Veronika – und beruflich tanzt mir eine Gruppe Satanisten auf der Nase herum.“
„Tja, das mit deiner Mutter ist sicher belastend, und Fabians Selbstmordversuch hat natürlich wieder alte Wunden aufgerissen. Aber was hast du mit Satanisten zu tun? Das finde ich spannend. Haben sie dich schon zu einer ihrer schwarzen Messen eingeladen? Mit Menschenopfern und allem Drumherum? Nein? Schade. Wenn sie das noch tun, vergiss bloß nicht, mich mitzunehmen! So was wollte ich schon immer mal erleben!“
„Das mit dem Menschenopfer scheint aus der Mode zu kommen. Wir hatten zwar ein paar Anzeigen von Nachbarn, die genau das vermutet haben, aber wir haben nichts gefunden, was darauf
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