Steirerherz
beichten. Aber dazu ist es dann
nicht mehr gekommen.«
»War Ihre Schwester denn gläubig?«
»Ja, schon. Sie ist früher jeden
Sonntag zum Gottesdienst gegangen, solange sie noch daheim gewohnt hat. Seit sie
in Graz war, aber nimmer. Sie hat sich sehr verändert in der Stadt.«
Der letzte Satz rief bei Sandra
unwillkürlich unliebsame Erinnerungen an ihre Mutter hervor. Die hatte ihr unter
anderem genau denselben Vorwurf auch immer wieder gemacht, schweifte sie gedanklich
in die eigene Vergangenheit ab.
»Sagt Ihnen der Name Carolina Holzinger
etwas?«, holte Bergmann sie ins Hier und Jetzt zurück.
»Die Valentina hat den Namen Carolina
am Telefon erwähnt, ja. Egon hatte wohl was mit der«, meinte Franz Trimmel.
»Warum haben Sie bei Ihrer ersten
Einvernahme eigentlich behauptet, dass Ihre Schwester glücklich mit ihrem Freund
war?«, fragte Sandra.
»Das hat sie doch selbst immer wieder
behauptet. Sie hat dieses ewige Auf und Ab mit dem Egon anscheinend gebraucht. Alles
andere wäre ihr viel zu langweilig gewesen, hat sie mir mal gestanden. Sie wollte
den Egon ja sogar heiraten«, verteidigte Trimmel seine frühere Aussage.
»Und seine Affären haben sie nicht
gestört?«
»O ja, schon. Deswegen haben sie
sich auch so oft gestritten. Aber schlussendlich hat die Valentina wohl geglaubt,
das wäre der Preis dafür.«
»Der Preis
wofür?«
»Für einen wohlhabenden
Mann, der ihr jeden Luxus ermöglicht. Valentina wollte eine Dame von Welt sein,
keine Landwirtin. Sie ist auf teure Kleidung, Autos und Partys gestanden. Und auf
Egon, der ihr das alles bieten konnte. Nur wenn sie daheim auf Besuch war, war sie
fast wieder das anspruchslose Dirndl von früher.«
Aus ihrer Sicht
hatte Valentina Trimmel mit dem jungen Hausner vielleicht wirklich das große Los
gezogen, überlegte Sandra, während der Bruder des Mordopfers neuerlich mit den Tränen
kämpfte. Dennoch bezweifelte Sandra, dass das Mädchen glücklich gewesen war. Aber
das spielte nun ohnehin keine Rolle mehr.
Bergmann informierte
Franz Trimmel, dass die Leiche seiner Schwester von der Gerichtsmedizin freigegeben
war. Er könne sich demzufolge um deren Bestattung kümmern. Dann verabschiedeten
sie den Jungbauern und ließen ihn gehen.
Miriam sah vom Obduktionsbericht auf, als die beiden ranghöheren Kollegen
das Büro betraten. »Wusstet ihr, dass das Opfer zuletzt Spaghetti Bolognese und
grünen Salat mit Kernöl gegessen hat?«, eröffnete sie ihnen beinahe enthusiastisch.
»Darauf hätte ich jetzt auch Lust«, fügte sie hinzu und leckte sich die Lippen.
Während Sandra
sich ekelte, brach Bergmann in schallendes Gelächter aus, und Miriam stimmte mit
ein. In Sachen Humor waren die junge Kollegin und der Chefinspektor auf einer Wellenlänge.
»Ihr seids so
was von grauslich«, beschwerte sich Sandra und ließ sich dann doch vom Lachen der
Kollegen anstecken, obwohl sie Miriams Bemerkung noch immer nicht witzig fand.
Bergmann sank
lachend auf seinen Stuhl und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Sandra
schrieb das Wort ›Vergewaltigung‹ in Grün auf die Tafel und daneben ein Fragezeichen.
Miriam verstummte augenblicklich und ließ sich von der Einvernehmung erzählen. Auch
Bergmann war wieder ernst geworden. »Wir brauchen die DNA-Profile vom Fötus und
von seiner Mutter. Und einen Mundhöhlenabstrich vom jungen Hausner, sobald er wieder
in Graz ist«, ordnete er an. »Ich will wissen, ob er die Kleine geschwängert hat.
Oder ob es der ominöse Vergewaltiger war.«
Sandra nickte,
während sich ihr Magen durch lautes Knurren bemerkbar machte.
»Hunger?«,
fragte Miriam.
»Ja. Was gibt’s denn heute für ein
Menü in der Kantine?« Kaum hatte Sandra die Frage ausgesprochen, kannte sie Bergmanns
Antwort.
»Spaghetti Bolognese«, meinte er
und klopfte sich lachend auf die Schenkel.
Nach dem Mittagessen traten Sandra und Bergmann noch einmal den Weg
in den Verhörraum an. Miriam verschwand wie vereinbart im Nebenzimmer, aus dem sie
durch die große Scheibe, die auf der anderen Seite verspiegelt war, die Einvernahme
verfolgen konnte. Engelbert Hausner wartete dort bereits auf sie – mit demselben
platten Lächeln, das Sandra schon kannte. Und das sie verabscheute. Sie vergewisserte
sich, dass der Autohändler nichts gegen eine Tonbandaufzeichnung der bevorstehenden
Einvernehmung einzuwenden hatte. »Hat sich Ihr Sohn inzwischen bei Ihnen gemeldet?«,
begann sie die Befragung.
»Nein. Tut mir leid. Hat er nicht.
Und ich
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