Steirerherz
Engelbert
Hausner würde sich niemand von ihnen freiwillig ein Bein ausreißen, dachte Sandra.
»Kann ich meine Aussage auch ein
anderes Mal unterschreiben? Ich hab jetzt noch einen dringenden Termin.«
»Sicher. Ab
16 Uhr können Sie vorbeikommen. Bis um 18 Uhr spätestens. Oder morgen ab acht.«
Sandra verzichtete darauf, die schweißnasse Hand zu ergreifen, die ihr der Autohändler
zum Abschied entgegenstreckte. Bei Bergmann versuchte es Hausner erst gar nicht.
Miriam empfing ihre Kollegen auf dem Korridor.
»Der Typ ist ja voll grauslich«, kommentierte sie Hausners Auftreten. »Darf ich
mir die Akte mal ansehen?«
»Sicher. Kannst
du seine Aussage dann gleich niederschreiben, bitte?«, fragte Sandra und reichte
Miriam den Akt und das Tonband von der Einvernehmung.
»Klaro.«
»Gehst du vorher
mit mir eine rauchen?«, fragte Bergmann.
»Aber ich rauche doch gar nicht«,
erwiderte Miriam erstaunt.
»Schade eigentlich«, brummte Bergmann
und verschwand in die andere Richtung. Sandra sah ihm kopfschüttelnd nach.
»Was sollte
das jetzt wieder?«, fragte Miriam verwirrt.
»Keine Ahnung.
Der Mann ist und bleibt ein Rätsel für mich. In jedem Fall wäre ich an deiner Stelle
vorsichtig«, warnte Sandra die junge Kollegin nicht zum ersten Mal vor den Annäherungsversuchen
des Chefinspektors, wenngleich sie nicht glaubte, dass er diese ernst meinte. Offenbar
konnte Bergmann einfach nicht anders, als mit hübschen Frauen zu flirten. Und Miriam
war mehr als nur hübsch. Die beiden Frauen kehrten ins Büro zurück und Sandra kümmerte
sich erst einmal um ihre E-Mails.
»Wo habt ihr
denn die Porträts von der Trimmel her? Die sind ja voll schön«, meldete sich Miriam
nach einer Weile zu Wort. Vor sich auf dem Schreibtisch hatte sie die Fotos aus
der Akte Trimmel ausgebreitet.
»Die hat ein
Zeuge fotografiert. Volker Neidhardt, einer der WG-Bewohner in der Grillparzerstraße«,
erklärte Sandra, die immer noch mit ihren E-Mails beschäftigt war.
»Sagtest du
Volker Neidhardt? Das gibt’s ja nicht! Volker Neidhardt …« Miriam tippte sich auf die Stirn.
»Wieso?« Sandra sah von ihrem Bildschirm
auf.
»Das ist doch dieser Typ mit dem
transplantierten Herzen! Den kenn ich von früher. Der ist im selben Ort wie ich
aufgewachsen – in Anger – und auf dieselbe Volksschule gegangen. Zwei Klassen über
mir. Damals war der Volker aber noch kerngesund.«
»Wirklich? Die Welt ist klein«,
staunte Sandra. »Weißt du zufällig auch, warum später diese Transplantation nötig
wurde?«
»Angeblich hat er irgendeine Infektion
verschleppt und die hat sich dann auf sein Herz geschlagen. Ich war damals schon
im Realgymnasium in Birkfeld, als sie ihn operiert haben. Schon unglaublich, was
heutzutage alles möglich ist.«
»Kann man wohl
sagen. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich den jungen Mann für pumperlg’sund
gehalten«, meinte Sandra.
»Es geht dem
Volker also gut? Und er ist Fotograf geworden. Sieh einer an … Ich hätt jeden Betrag gewettet, dass er längst den Löffel
abgegeben hat.«
»Miriam!«,
ermahnte Sandra sie. Die Kleine trug ihr Herz auf der Zunge, was einerseits erfrischend,
andererseits manchmal einfach zu viel des Guten war. Wenn sie im Landeskriminalamt
weiterkommen wollte, musste sie lernen, ihr loses Mundwerk zu zügeln. Bergmann nahm
zwar auch kein Blatt vor den Mund und war dennoch zum Chefinspektor aufgestiegen,
aber der war ein Mann, was leider immer noch einen großen Unterschied machte. »Soweit
ich das beurteilen kann, ist Volker Neidhardt sehr talentiert. Er assistiert einem
Modefotografen … Charly Kramer«, berichtete Sandra.
»Er ist der
Assistent vom Charly Kramer? Echt? Der ist voll super! Hat sogar schon für die deutsche
Vogue fotografiert.« Miriam war sichtlich aus dem Häuschen. Dass sich die einen
Meter 80 große, gertenschlanke Blondine für Mode interessierte, war nicht schwer
zu erraten, so gestylt, wie sie immer zur Arbeit erschien. Dass sie sich offenbar
näher mit der Modebranche beschäftigte, war Sandra allerdings neu. »Sag bloß, du
kennst auch noch diesen Charly Kramer.«
Miriam lachte
auf. »Nur aus Modemagazinen. Leider nicht persönlich.«
»Ach so.«
»Ich wollte
früher immer Model werden«, gestand Miriam, »aber das haben meine Eltern zu verhindern
gewusst. Ich sollte lieber etwas Anständiges lernen.«
»Bereust du
es, dass du Polizistin geworden bist?«
»Nein. Obwohl
ich mir manchmal schon mehr Action wünsche. Allweil nur
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