Steirerherz
Büroarbeit ist doch voll
langweilig.«
Sandra nahm den leisen Vorwurf zur
Kenntnis und sich selbst vor, Miriam in Zukunft öfter mit an die Front zu nehmen.
Sie hatte das Zeug, eine gute Ermittlerin zu werden und durfte nicht am Schreibtisch
versauern, nur weil sie und Bergmann den meisten Papierkram auf die junge Kollegin
abwälzten. »Du könntest Volker Neidhardts Alibi überprüfen. Angeblich war er für
Charly Kramer unterwegs«, schlug Sandra vor und las ihr seine Aussage vor.
»Du meinst, ich soll Charly Kramer
anrufen?« Miriams Augen leuchteten.
»Oder wir beide schauen nachher
bei ihm im Studio vorbei.«
»Im Ernst? Nichts lieber als das!«,
meinte Miriam begeistert.
»Gut.«
»Ich würde so gern auch einmal professionelle
Fotos von mir machen lassen.«
»Warum denn das? Willst du etwa
doch noch in die Modebranche wechseln?«
»Aber nein.
Die Fotos möchte ich nur für mich haben. Und vielleicht mal für meine Enkerln. Damit
sie wissen, wie ihre Oma früher einmal ausgesehen hat. Um als Model anzufangen,
bin ich leider schon viel zu alt.«
»Du? Mit deinen 20 Jahren?«
»Ich werde demnächst 21. Die meisten
Models starten ihre Karriere mit spätestens 16. Dagegen bin ich schon eine alte
Schachtel«, klagte Miriam.
»Na, herzlichen Dank.«
»Nein, nein.
So war das nicht gemeint. Du siehst echt toll aus – für dein Alter«, meinte Miriam
erschrocken.
Sandra runzelte die Stirn und sah
sie an. Mit dieser Relativierung hatte Miriam ihr Kompliment schlagartig wieder
zunichtegemacht. Doch Sandra konnte sich noch allzu gut daran erinnern, was sie
in Miriams Alter von Menschen über 30 gehalten hatte. Der Gedanke brachte sie unweigerlich
zum Schmunzeln.
Miriam unternahm einen neuen Anlauf.
»Ich hab ja nur gemeint …«
»Lass es gut sein, Miriam. Aus dieser
Nummer kommst du nicht mehr heil heraus«, unterbrach Sandra sie lächelnd.
»Bitte, verzeih mir«, entschuldigte
sich Miriam zerknirscht.
»Schon gut. Ich bin dir doch nicht
böse. Es ist nur ein wenig seltsam, plötzlich damit konfrontiert zu werden, dass
man selbst zum alten Eisen gehört.«
»Wer gehört hier zum alten Eisen?«
Bergmann betrat mit einem Becher Kaffee das Büro.
»Na, du«, antworteten Sandra und
Miriam unisono und mussten beide lachen.
Bergmann grinste säuerlich und nahm
an seinem Schreibtisch Platz. »Hab ich was verpasst?«
Miriam erzählte Bergmann, dass sie
Volker Neidhardt aus der Kindheit kannte. Ihren Traum, Model zu werden, erwähnte
sie ihm gegenüber allerdings nicht. War auch besser so, dachte Sandra. Wenigstens
heizte die junge, hübsche Kollegin Bergmanns ausgeprägten Drang zum Flirten nicht
noch weiter an. »Ich hab hier den Bericht von der Kriminaltechnik und die Befunde
aus dem Labor«, berichtete Sandra.
»Schon?«, fragte Bergmann verwundert.
In Miriams Anwesenheit verkniff
sich Sandra die Frage, ob er vielleicht auch mit jemandem im kriminaltechnischen
Labor geschlafen hatte, weil dieses so schnell gearbeitet hatte. Stattdessen lobte
sie das Tempo der Kollegen ohne die Spitze gegen den umtriebigen Chefinspektor.
»Ja und? Was sagt uns die Spurenauswertung?«,
wollte Bergmann wissen.
»Wie wir angenommen hatten, wurde
Valentina Trimmel mit dem Lederband, das sie um den Hals trug, erdrosselt. Es handelt
sich dabei um Ziegenleder. Das ist deutlich stabiler als Rindsleder. Der Anhänger
ist aus 925er Silber. Die Gravur ist industriell, nicht manuell erfolgt. Vielleicht
hilft uns das ja weiter.«
»Ich weiß bereits, woher das Schmuckstück
stammt«, sagte Miriam und zog eine Broschüre hervor, die sie Sandra brachte. »Das
Modell ist aus der Herbstkollektion eines bekannten deutschen Modeschmuckdesigners.
Elias Gabo heißt er. War nicht besonders schwierig, das herauszufinden.«
Im Gegensatz zu Miriam hatte Sandra
noch nie etwas von diesem Mann oder von dessen Schmuck gehört. Aufmerksam blätterte
sie die aufwändig produzierte Broschüre durch und blieb schließlich bei den gravierten
Silberherzen hängen.
»Sehr gut, Miriam«, lobte sie die
Kollegin. »Sieh zu, dass du von denen eine Kundenliste erhältst. Wenn Valentina
den Schmuck nicht von Egon Hausner bekommen hat, was wir ihn noch fragen werden,
müssen wir alle Händler kontaktieren.«
Miriam blies die Luft hörbar durch
den Mund aus. »Das kann ja heiter werden …«
»Zurück zu unserem Kriminaltechnikgutachten:
Das PVC-Rohr ist ebenfalls ein handelsübliches, das in jedem Baumarkt erhältlich
ist. Wie das Klebeband, das Rundholz
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