Steirerherz
Miriams ehemaligem Mageninhalt ab.
»Können wir dann?«, wandte sich
Sandra an den leitenden Kriminaltechniker.
»Wir haben nur auf Sie gewartet«,
meinte Manfred Siebenbrunner reichlich arrogant, was Sandra lieber überging. Stattdessen
zog sie die Handschuhe über und versuchte, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren.
Sie musste verdrängen, dass sie das Opfer persönlich gekannt hatte. »Kommen Sie,
Frau Doktor«, sagte sie und ging zwischen den beiden Reihen von Rebstöcken auf den
Leichnam zu. »Können Sie mir mal helfen, die Weinreben hier wegzuräumen?«, wandte
sie sich erneut an Siebenbrunner. Der winkte einen jungen Kollegen herbei, der die
Reben beiseiteschaffte. Das Erste, was Sandra auffiel, außer dem, was sie bereits
bei der kurzen Tatortbesichtigung zuvor gesehen hatte, war das schwarze Lederband
um den Hals der Toten, das dort dieselbe dünne Strangmarke hinterlassen hatte wie
bei Valentina. Vorsichtig griff sie hinter den Nacken der Leiche und fand das silberne
Herz, nach dem sie gesucht hatte. Dass darauf die Initiale P wie Pia eingraviert
war, überraschte sie ebenso wenig. Sie hatten es also wirklich mit einem Serientäter
zu tun. Dieses Schmuckstück konnte nur vom Mörder stammen. Pia hätte ihr doch sicher
erzählt, dass sie selbst ein solches Lederhalsband mit einem Herzanhänger besaß,
als Sandra sie im Zusammenhang mit Valentinas Tod danach gefragt hatte. Pia war
eine intelligente junge Frau gewesen und auch, wenn keiner außer dem Ermittlerteam
wusste, dass es sich bei dem Schmuckstück um die Tatwaffe handelte, hätte sie doch
zumindest misstrauisch werden und ahnen können, dass ein ebensolches Lederband eine
Rolle beim Tod ihrer Freundin gespielt hatte. Sandra bezweifelte daher, dass Pia
dieses Schmuckstück freiwillig oder sogar selbst angelegt hatte. »Können Sie das
hier, bitte, ins Labor schicken«, sagte sie zum Kriminaltechniker und übergab ihm
die Asservate.
»Strangulationssymptomatik – wie
bei Valentina Trimmel«, meldete sich Frau Doktor Kehrer zu Wort.
Sandra nickte. »Hat sie sich gewehrt?«
Die Gerichtsmedizinerin begutachtete
die Arme, Hände und Finger der Toten. Dann kratzte sie Proben unter den Fingernägeln
hervor und stellte diese sicher. »Das hier geht ins Labor«, sagte sie und übergab
die Phiolen ebenfalls dem Kriminaltechniker. Dann schob sie den Rock des Leinenhemdchens
nach oben und begutachtete die Innenseiten der Oberschenkel. »Wie es aussieht, war
hier weder Gewalt noch Vergewaltigung im Spiel«, meinte sie. »Ganz sicher kann ich
das aber erst nach der Obduktion sagen.«
»Und der Todeszeitpunkt?«, fragte
Sandra.
»Zwischen fünf und acht Uhr morgens.«
»Um neun hat das Begräbnis begonnen«,
überlegte Sandra laut. Zeit genug für den Mörder, um nach der Tat noch rechtzeitig
zum Friedhof zu gelangen.
»Welches Begräbnis?«, fragte Frau
Doktor Kehrer.
»Das von Valentina Trimmel.«
»Die beiden Mordopfer kannten sich?«
»Sie waren die besten Freundinnen.«
»Tragisch.« Der Ton der Gerichtsmedizinerin
ließ keinerlei Emotionen vermuten. Dass Bergmann auf gefühlskalte Frauen stand,
war Sandra neu. Aber wahrscheinlich war er gar nicht so besonders wählerisch. Oder
die Ärztin war privat ganz anders.
»Ihre Füße sind sauber«, mischte
sich der Kriminaltechniker ein. »Entweder hat er die Leiche hier heraufgetragen
oder er hat ihr post mortem die Schuhe ausgezogen und sie dann mitgenommen«, kombinierte
er.
»Sehen Sie sich um, ob Sie ihre
Schuhe irgendwo finden können«, sagte Sandra und richtete sich auf. Fürs Erste hatte
sie hier genug gesehen. Auf dem Weg nach unten wählte sie Julius’ Nummer.
Kapitel 9
Freitag, 9. September
1.
»Engelbert Hausner hat also auch für die zweite Mordnacht kein Alibi.
Allmählich wird es eng für ihn.« Bergmann stand vor der Magnettafel und studierte
die Fotos der beiden Frauenleichen.
»Kannst du
dir denn wirklich vorstellen, dass er diese Morde begangen hat?«, fragte Sandra.
Selbst wenn sie ihre persönliche Abneigung gegen Engelbert Hausner – soweit ihr
das überhaupt möglich war – außen vor ließ, traute sie dem Autohändler alles zu.
Nur nicht, dass er ein wahnsinniger Serienmörder war. Vor einer knappen Stunde hatte
sie das genetische Gutachten des Zentrallabors erhalten, welches zweifelsfrei bestätigte,
dass er die Freundin seines Sohnes geschwängert hatte. Und da Valentina Trimmel
laut Aussage ihres Bruders den folgenschweren Akt nicht ganz freiwillig
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