Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me

Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me

Titel: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gutkin
Vom Netzwerk:
untergebracht werden. Das wurde ihnen zugesichert.
    Der Tag des Abschieds war schnell da.
    Meine Mutter packte mir und meinem Bruder je einen Pappkarton mit Bekleidung und band eine dicke Kordel drumherum.
    Dann brachten meine Eltern uns zum Bahnhof. An meinem Hals baumelte ein Schild, auf dem mein Name und der Bestimmungsort zu lesen waren. Auch die anderen Kinder trugen ein solches Schild. Wie Pakete wurden wir verschickt.
    Beim Bahnsteig angekommen, wartete ein Sonderzug hinter einer dampfenden und zischenden Lokomotive auf uns. Auf einem Schild an der Seite eines Waggons war das Fahrtziel angegeben: Kitzingen. Es herrschten tumultartige Zustände. Ich schätze, fast zweihundert Kinder sollten den Zug besteigen. Die meisten Kinder und Mütter weinten herzzerreißend.
    Ich dachte, ‚hoffentlich explodiert die Lok und wir müssen nicht weg‘. Ich wollte bei meiner Familie bleiben.
    Eine Frau vom Deutschen Roten Kreuz führte meinen Bruder und mich in den Zug. Traurig setzten wir uns auf unsere Plätze. Als der Zug sich an diesem Morgen endlich in Bewegung setzte, konnten wirvor lauter Kummer noch nicht einmal unseren Eltern winken. Noch lange war das Weinen und Schluchzen von uns und den anderen Kindern zu hören.
    Mit der Zeit siegte jedoch die kindliche Neugier auf das Neue. Mein Bruder und ich spazierten durch den Zug, wie viele andere Kinder auch. Man kam schnell mit ihnen ins Gespräch und wir wären keine Kinder gewesen, wenn wir nicht nach einiger Zeit durch die Waggons gesprungen wären.
    Die Frauen vom Deutschen Roten Kreuz haben uns toben lassen. Jedoch begleiteten sie jeden Einzelnen bis zur Toilette, um darauf zu achten, dass niemand aus dem kleinen Fenster sprang. Die Tür musste beim Verrichten des Geschäftes immer einen kleinen Spalt offen bleiben.
    Auch ein Waggon voller Lebensmittel und Getränke gehörte zum Zug. So oft wir wollten, konnten wir in den Speisewagen gehen und bekamen Essen und Getränke. Das tröstete ein wenig.
    Nach schätzungsweise acht Stunden Fahrtzeit, kam der Zug am Abend in Kitzingen an.
    Eine aufgeregte Kinderschar verließ den Zug und wurde von den Pflegeeltern und einigen Leuten, die die braune Uniform der Partei trugen, erwartet.
    Als mein Bruder und ich zwischen den anderen Kindern mit unseren Kartons auf dem schönen Bahnhofsvorplatz standen, wurden die Pflegeeltern nacheinander aufgerufen.
    „Frau Kurtzwart!“, hörte ich und sofort danach meinen Namen.
    Mit einem Handzeichen machte ich mich bemerkbar. Eine nette Frau, gekleidet mit einem geblümten Haushaltskittel, kam zu mir. Sie begrüßte mich freundlich, bückte sich nach meinem Pappkarton, nahm mich an die Hand und wir marschierten los.
    Besorgt rief ich: „Mein Bruder muss noch mit! Das war doch so vereinbart!“
    Karl stürmte zu uns und wollte mitkommen. Doch Männer von der NSDAP haben meinen Bruder geschnappt und festgehalten.
    Mein Bruder schrie voller Angst: „Nimm mich mit!“
    Doch es hat nichts genutzt. Mein zappelnder Bruder wurde festgehalten und Frau Kurtzwart hat mich sachte, aber bestimmt mit sich gezogen. Karl und ich haben furchtbar geweint. Mir hat man erzählt, er kommt nach. Aber das stimmte nicht.
    Er kam zu einer Pflegefamilie, die in Dettelbach lebte. Ein kleines Dorf, das sich ungefähr drei Kilometer von Kitzingen entfernt befindet. Doch das hatte mir zu diesem Zeitpunkt keiner gesagt.
    Ich war sehr traurig, als wir nach einem kurzen Fußweg bei Familie Kurtzwart ankamen. Sie wohnten ungefähr hundert Meter vom Bahnhof entfernt, auf der gleichen Straße. Gegenüber einer hohen Böschung, auf der die Bahngleise lagen. Herr Kurtzwart war bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt. Der Sohn der Familie war Soldat bei der Kriegsmarine.
    In dem ordentlichen Einfamilienhaus zeigte mir Frau Kurtzwart auf der ersten Etage mein eigenes Zimmer. Es war schön eingerichtet und befand sich neben dem Zimmer ihres Sohnes.
    Beim Abendessen habe ich dann auch Herrn Kurtzwart kennengelernt.
    Der kräftige Familienvater hielt Kaninchen, Hühner und Gänse auf dem Grundstück. Zu meinen Aufgaben gehörte es später, dass ich nach Erledigung meiner Schularbeiten Futter für die Tiere besorge. Dazu bin ich mit einem Bollerwagen an der Böschung entlanggegangen und habe mit einer Handsichel Brennnessel und Gras abgeschnitten. Einmal ratschte ich mir dabei mit der Sichel über den linken Zeigefinger. Davon habe ich heute noch eine Narbe. Die Brennnessel stopfte ich in einen Sack, das Gras für die Kaninchen

Weitere Kostenlose Bücher