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Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me

Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me

Titel: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gutkin
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in einen zweiten Sack. Die Brennnesseln waren für die jungen Gänse gedacht. Die waren ganz verrückt danach. Kann man sich gar nicht vorstellen.
    Zu der Hühnerschar gehörte auch ein riesiger stolzer Hahn. Der verstand es so gut, auf seine Hühner aufzupassen, dass er mich immer angegriffen hat, sobald ich in die Nähe der Hühner kam. Dazu raste er flügelschlagend auf mich zu und versuchte, mich anzuspringen und zu picken. Ich war jedoch immer flink genug, um ihm zu entkommen. Herrn Kurtzwart hat er nie angegriffen. Bestimmt wusste er, dass er dann als Brathähnchen in der Pfanne landen würde.
    An der Böschung der Bahn entlang wuchsen prächtige Apfel- und Pflaumenbäume. Jedes Jahr erneut hatten die Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn die Möglichkeit, die Früchte dieser Obstbäume zu ersteigern. Auch Herr Kurtzwart hatte ein paar Bäume ersteigert. Ich habe dann, als es soweit war, auf meinen täglichen Futterbeschaffungstouren auch die reifen Früchte auf meinen Bollerwagen geladen.
    Das Obst wurden für den Eigenbedarf zu Marmelade verarbeitet, oder sie wurden als Wintervorrat eingekocht. Das Fallobst war für die Tiere bestimmt.
    Obwohl die Eheleute Kurtzwart sehr fürsorglich zu mir waren, litt ich an Heimweh. Ich war zum ersten Mal von zu Hause weg und vermisste meine Eltern, meine Geschwister und meine Freunde. Deswegen hatte ich in der Schule Probleme, mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Auch der Lernstoff war viel umfangreicher. In Düsseldorf besuchte ich eine Mittelschule und hier ein anspruchsvolleres Gymnasium. Nachmittags bei den Schularbeiten fehlten mir Gleichaltrige, mit denen ich mich hätte austauschen können.

Umzug in die Innenstadt
    Nachdem mich mein Klassenlehrer, Herr Schlör, besser kennengelernt hatte, bemerkte er, dass ich im Grunde ein guter Schüler war. Jedoch machten mir mein Heimweh und meine Einsamkeit zu schaffen, so dass ich deswegen keine guten schulischen Leistungen erbrachte.
    Herr Schlör hat daraufhin dafür gesorgt, dass ich bei einer anderen Pflegefamilie unterkomme. Eine Familie, die ein eigenes Kind zu Hause hatte und wir uns anfreunden und vielleicht gegenseitig unterstützen konnten.
    Nach knapp einem Viertel Jahr, bin ich im Herbst 1942 umgezogen. Wobei ich zwischendurch immer Mal wieder Familie Kurtzwart besucht habe.
    Ich hatte meinen Karton gepackt, als Frau Friedlein, meine neue Pflegemutter, mich abholte. Ich war froh über den Umzug. Man hatte mir erzählt, dass die Leute einen Sohn hatten, der dieselbe Schule wie ich besuchte und ebenfalls dort wohnte.
    So zog ich also zu Familie Friedlein auf die Kaiserstraße. Die Kaiserstraße war eine Geschäftsstraße im Zentrum von Kitzingen. Der Falterturm, ein Wahrzeichen von Kitzingen, befand sich in unmittelbarer Nähe. Die erste Etage bewohnte die Familie Friedlein. Im gleichen Haus betrieb die Schwester von Frau Friedlein ein großes Modegeschäft mit zeitgemäß dekorierten Schaufenstern an der Straßenfront.
    Herr Friedlein war als Korvettenkapitän in Wilhelmshaven stationiert.
    Ich fühlte mich willkommen und von Anfang an gut aufgehoben.
    Als ich am späten Nachmittag zusammen mit Frau Friedlein zur Kaiserstraße kam, zeigte sie mir ein schönes, geräumiges Zimmer unter dem Dach. Gegenüber der Zimmertür befanden sich einige Fenster in den Gauben unter der Dachschräge. An der linken Wand stand das Bett ihres Sohnes, das Bett an der rechten Wand war für mich hergerichtet worden.
    Beim Abendessen lernte ich Richard kennen. Der Sohn der Familie Friedlein besuchte also dasselbe Gymnasium wie ich – allerdings drei Klassen höher. Alle nannten ihn Rich. Er war ein wirklich netter Junge von fünfzehn Jahren und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Er konnte mir bei meinen Schularbeiten helfen und wir haben uns gegenseitig englische Vokabeln abgefragt. Meine Noten haben sich dadurch schnell verbessert.
    Heute weiß ich, dass er nach seinem Universitätsabschluss Arzt in einem Krankenhaus geworden ist.

Die schwärzesten Zähne
    Mein Heimweh war nun etwas gelindert. Trotzdem habe ich manchmal nach meiner Mutter verlangt; einfach, weil ich sie immer noch sehr vermisst habe.
    Vielleicht fragt ihr euch nun, warum ich zwischendurch meine Eltern nicht einfach angerufen habe? Telefonapparate waren in privaten Haushalten überhaupt noch nicht verbreitet. Die Schwester von Frau Friedlein besaß zwar in ihrem Modegeschäft ein Telefon; doch meine Familie oder Freunde in Düsseldorf hatten keinen

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