Stella Blomkvist
Gerüchte. Du weißt,
wie Leute über die reden, deren Namen immer wieder durch die Presse geistern.
Aber wir schreiben natürlich nicht über das Liebesleben der Minister, deshalb
hab ich mich nie darum gekümmert, ob der Klatsch wahr ist oder nicht.«
»War Halla auch eine seiner
Gespielinnen?«
»Das weiß ich nicht.«
Ich schaue Thórólfur streng an. Er
zuckt wieder mit den Schultern, bevor er hinzufügt: »Es wird gemunkelt. Halla
war eine wahnsinnig gut aussehende Frau.«
»Was weißt du sonst noch über sie?
Politisch, meine ich?«
»Eigentlich nichts Besonderes.
Allgemein betrachtet, kann man die, die Politik betreiben, in zwei Gruppen
einteilen. Auf der einen Seite gibt es die Macher, auf der anderen Seite das
Fußvolk.«
»Also Herren und Knechte?«
»Genau. Realistisch betrachtet gibt
es auf diesem Gebiet wenige Herren, aber viele Knechte. Und Halla kam nie über
ihre Stellung als Knecht hinaus.«
»Was für ein Knecht war sie denn?«
»Ich persönlich kannte sie
eigentlich gar nicht. Zumal sie auch politisch gesehen keine Rolle spielte. Sie
war nur eine von den politischen Angestellten, die die Parteivorsitzenden und
Minister um sich geschart haben, damit sie sich um den ganzen politischen
Kleinkram und Handlangerdienste kümmern, von denen die Bosse sich befreien
wollen.«
Ich bestelle Kaffee.
»Wir kennen Haukur beide von der
Uni. Wie steht’s denn um ihn in der Politik?«
»Für ihn sieht’s nicht so gut aus.«
»Lass hören!«
»Der arme Kerl ist nur der
Steigbügelhalter. Alles, was er veranlassen kann, ist unterhalb des Ministerpräsidenten
angesiedelt. Er hat nur als rechte Hand und Sekretär des Parteivorsitzenden Macht und
Einfluss. Aber auch das taugt nicht, um ihn weiterzubringen. Sein Versuch, ins
Parlament zu kommen, ist total in die Hose gegangen, obwohl er die uneingeschränkte
Unterstützung des Vorsitzenden hatte. Er hat nur immer bei den Vorwahlen so
schlecht abgeschnitten.«
»Warum, wenn er doch die
Unterstützung des Vorsitzenden hatte?«
Thórólfur
rührt in seinem Kaffee herum.
»Haukur ist natürlich nicht
besonders tatkräftig«, antwortet er. »Aber ansonsten trauen ihm die Leute einfach
nicht.«
»Das kann
ich gut verstehen.«
»Viele haben das Gefühl, als würde
Haukur auch mit dem Teufel selber Verträge schließen, nur um Karriere zu
machen. Man sagt, dass er selber sein Programm ist.«
»Aber das
ist doch üblich in der Branche.«
»Und dann gibt’s da noch die
Geschichten über sein Privatleben.«
»Ja?«
»Er gibt sich manchmal völlig die
Kante und soll dann recht gewalttätig werden können. Vor allem gegenüber
Frauen.«
»Inwiefern
gewalttätig?«
»Es gibt da eine Geschichte, die
sich ziemlich hartnäckig hält. Man sagt, dass Haukur ein Mädchen grob
misshandelt habe. Er soll sie im Suff brutal geschlagen haben.«
»Wurde das
vertuscht?«
»Es wurde jedenfalls keine Anklage
erhoben, so viel ist sicher. Wir sind der Sache damals nachgegangen. Aber diese
Geschichte lässt sich nicht ausrotten.«
Thórólfur guckt von seiner Tasse
auf. »Natürlich kann das völlig aus der Luft gegriffenes Gerede sein«, sagt er.
»Wie du weißt, erfinden die Leute allerlei Geschichten, und es ist völlig
aussichtslos, sie bis zu dem zurückzuverfolgen, der das Gerücht in die Welt
gesetzt hat. Aber eine Sache ist absolut klar: Haukur ist nicht sorgfältig
genug in der Wahl seiner Freunde. Und das betrifft leider auch den
Ministerpräsidenten.«
»Erzähl!«
»Einige in der Partei haben mir ihre
Befürchtungen mitgeteilt, was die Freundschaft der beiden mit PornoValdi
betrifft.«
»Dem Pornokönig?«
»Eigentlich kennen die sich schon
lange. Bevor Valdi in die Strippbranche eingestiegen ist, hat er alles
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