Stella Blomkvist
antworte ich. »Wir
sollten jetzt mal zur Sache kommen. Worum geht’s eigentlich?«
Er starrt mir immer noch forschend
in die Augen. Dann fällt er die Entscheidung. Allerdings ziemlich langsam.
Steht auf und geht im Zimmer auf und ab. »Ich betrachte schon seit längerem mit
Sorge, dass in gewissen Kreisen der Partei Korruption um sich greift. Vor allem
bei einigen maßgebenden Persönlichkeiten in der Parteileitung. Ich habe sie
bereits gewarnt, aber bin immer auf taube Ohren gestoßen.« Er bleibt stehen
und starrt mich an: »Dieser schreckliche Vorfall unterstreicht nur das, was ich
das ganze letzte halbe Jahr gepredigt habe: dass man mal richtig aufräumen
muss. Die Wurzel des Übels ausrotten.«
»Werde deutlicher.«
»Macht verdirbt den Charakter, sagt
man. Meiner Meinung nach ist das eine falsche Verallgemeinerung, aber sie passt
trotzdem des Öfteren. Im Schatten der Macht kann Bestechung gedeihen. Die, die
an der Macht sind, ziehen alle möglichen Leute an. Opportunisten, die Karriere
machen wollen, finanziell abgesichert natürlich, alle Privilegien genießen, die
die Macht mitbringt – natürlich auf Kosten der gemeinen Steuerzahler. Solche
Leute sind bereit, alles zu tun, um ihre Stellung zu stärken – was auch
immer.«
»Auch einen Mord begehen?«
Er setzt sich wieder in den
Ledersessel. Sitzt ganz gerade, als würde er für eine Fernsehansprache an das
Volk üben.
»Was auch immer«, wiederholt er mit
bedeutungsschwerer Stimme.
»Ich habe kein Interesse an solchem
moralischen Gequatsche. Nenn mir ein Beispiel!«
»Genau, ein Beispiel«, sagt er und
reibt sich mit seinen Fingern das Kinn.
»Beispiele und Namen.«
»Ich meine natürlich die Leute, die
sich um unseren Parteivorsitzenden gruppieren. Die sind für ihn und uns alle
wahnsinnig gefährlich. Es gibt da Geschichten, die sind einfach unglaublich. Es
wird über Unmoral auf höchster Ebene gesprochen, über Rauschgift und sogar
Erpressung.«
»Ich wollte Namen!«
»Ja, genau. Ich bin überzeugt davon,
dass Sigvaldi der Drahtzieher in dieser gefährlichen Mafia ist. Er hat gute
Verbindungen zum Vorsitzenden und seinen engsten Mitarbeitern. Ich meine da zum
Beispiel diesen Haukur. Sigvaldi hatte genauso guten Kontakt zu Halla. Es ist
nicht erkennbar, welche undurchsichtigen Absichten dieser Verbrecher verfolgt.
Er kann scheinbar überall seine Hände im Spiel haben, ohne dass die Polizei
sich um ihn kümmert.«
»Willst du damit sagen, dass der
Parteivorsitzende seine schützende Hand über Porno-Valdi hält?«
»Ich will dem Vorsitzenden nicht
unterstellen, dass er weiß, was seine Mitarbeiter hinter den Kulissen unternommen
haben. Er ist einfach kein Menschenkenner. Das ist und war schon immer sein
größter Fehler.«
»Was hat das mit dem Mord an Halla
zu tun?«
Gunnleifur
legt die Hände auf den Schreibtisch.
»Halla war bekannt für ihre
Privatpartys für ausgewählte Leute. Sigvaldi war da ebenso Stammgast wie seine
neuesten Prostituierten. Da war alles erlaubt, wurde mir berichtet. Es ging
völlig zügellos zu.«
Er beugt sich über den Tisch und
starrt fast durch mich hindurch, bevor er hinzufügt: »Und alles wurde
aufgenommen.«
»Aufgenommen?«
Er reckt sich im Sessel und lächelt.
»Ja, alles wurde aufgenommen«,
wiederholt er. »Auf Video. Halla muss die ganze Herrlichkeit gefilmt haben.«
»Bist du sicher?«
»Mir wurde gesagt, dass sie nur ihre
Videosammlung bei den richtigen Leuten erwähnen musste, um das zu bekommen, was
sie wollte.«
»Bei welchen Leuten?«
Er winkt ab. »Bei vielen«, sagt er.
»Ich erwähne jetzt keine Namen in diesem Zusammenhang. Ich habe keine Beweise.
Die zu beschaffen, ist dein Job.«
»Wie
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