Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stella Blomkvist

Stella Blomkvist

Titel: Stella Blomkvist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Bronzestatue
Vom Netzwerk:
gan­zen Tag lang hat es Ha­gel­schau­er ge­ge­ben. Auf dem Land
ist noch mehr Schnee ge­fal­len als in der Haupt­stadt, und die Stra­ßen sind
ei­gent­lich über­all un­be­fahr­bar. Die Gold­jungs sind des­halb noch nicht raus
aufs Land ge­kom­men, um den Ben­z­in­jun­gen aus­fin­dig zu ma­chen.
    Lil­ja Rós bringt den Kaf­fee, stellt
das Ta­blett auf den Couch­tisch und setzt sich wie­der. Sie hat sich die Trai­nings­ja­cke
aus­ge­zo­gen, un­ter der sie ein är­mel­lo­ses T-Shirt trägt. Die Mus­keln ih­rer
Ober­ar­me se­hen aus wie ge­mei­ßelt, wie bei ei­nem Leis­tungs­sport­ler.
    »Sind das die be­rühm­ten Do­ping-Mu­ckies?«,
fra­ge ich.
    »Na­tür­lich nicht«, ant­wor­tet sie
um­ge­hend. »Ich ha­be nur den gan­zen Win­ter über viel trai­niert. Ich den­ke so­gar
dar­über nach, ob ich nicht an den is­län­di­schen Meis­ter­schaf­ten im Bo­dy­buil­ding
teil­neh­men soll.«
    »Hat Hal­la auch trai­niert?«
    »Nein, je­den­falls nicht mehr,
nach­dem sie in die Stadt ge­gan­gen ist. Sie hat­te so viel
an­de­res zu tun. Aber sie war mal ei­ne gu­te Läu­fe­rin.«
    »Seid ihr zu­sam­men auf­ge­wach­sen?«
    »Wir ha­ben uns in Reykholt ken­nen
ge­lernt. Du weißt schon, in der Be­zirks­schu­le. Wir sind im In­ter­nat auf ei­nem
Zim­mer ge­lan­det und wur­den gleich gu­te Freun­din­nen. Von da an war ich in den
Som­mer­fe­ri­en bei Hal­la auf dem Land. Als ihr Va­ter starb und der Bau­ern­hof
ver­wais­te, war sie ganz al­lei­ne und zog zu uns.«
    »Zu dei­ner Fa­mi­lie?«
    »Ja. Spä­ter sind wir zu­sam­men ins
Gym­na­si­um nach Lau­gar­vatn ge­gan­gen. Ich wur­de Sport­leh­re­rin, aber Hal­la mach­te
Ab­itur und fing dann mit ei­nem Stu­di­um an der Uni an. Da hat sie die ers­ten
Ver­bin­dun­gen zur Po­li­tik ge­knüpft.«
    »Und was hast du ge­macht?«
    »Ich ging zum Un­ter­rich­ten in mei­nen
Hei­mat­ort. Aber wir hiel­ten im­mer gu­ten Kon­takt. Wäh­rend sie noch an der Uni
war, kam sie in den Som­mer­fe­ri­en wei­ter­hin zu uns. Sie kam auch in den
Weih­nachts­fe­ri­en. Spä­ter ha­be ich sie dann oft hier in der Stadt be­sucht.«
    Sie ist den Trä­nen na­he, reißt sich
aber zu­sam­men. »In den letz­ten Jah­ren ha­ben wir auch ei­ni­ge Ma­le un­se­re
Som­mer­fe­ri­en zu­sam­men im Aus­land ver­bracht. Meis­tens in Ita­li­en. Hal­la konn­te
so toll Ita­lie­nisch spre­chen,« Lil­ja Rós ballt die Fäus­te und ringt um Be­herr­schung
bis der Damm bricht. Sie legt die Hän­de vors Ge­sicht, und die Trä­nen flie­ßen in
Strö­men.
    Ich wech­se­le den Platz und set­ze
mich zu ihr ins So­fa. »Das ist schon okay«, sa­ge ich und le­ge vor­sich­tig mei­nen Arm um ih­re Schul­tern. »Heul
dich ru­hig aus.«
    Da zö­gert sie nicht län­ger, ku­schelt
sich an mich und weint wie ein klei­nes Kind.

19
    Das Schnee­trei­ben hat end­lich ei­ne
Pau­se ein­ge­legt. Ich hof­fe nur, dass sich das Wet­ter für den Rest des Ta­ges
hält.
    In der In­nen­stadt ist mit­tags nichts
los. Dick ein­ge­mum­mel­te Fuß­gän­ger tap­pen wie schwan­ken­de Zinn­sol­da­ten den
spie­gel­glat­ten Bür­ger­steig ent­lang. Ich be­ob­ach­te sie durch das Fens­ter des
Steak­hau­ses, wo ich mir Nah­rung ver­schaf­fe und für die Auf­ga­ben des Ta­ges
Kräf­te samm­le. Hab noch zir­ka vier­zig Na­men von Sin­dris zwei­ter Lis­te üb­rig.
Ma­che das nur aus ver­damm­ter Hart­nä­ckig­keit wei­ter. Wie ei­ne Be­klopp­te.
    Da­nach ge­he ich lang­sam die
Aus­tur­strae­ti ent­lang. Ich bin in Ge­dan­ken bei Lil­ja Rós. Die war ges­tern Abend
völ­lig er­le­digt. Als sie schließ­lich auf­ge­hört hat­te zu wei­nen, ging ich mit
ihr ins Bad. Ha­be ihr das Ge­sicht ge­wa­schen und ab­ge­trock­net wie ei­nem Kind.
Dann ha­be ich sie wie­der ins Wohn­zim­mer ge­führt, wo wir uns ne­ben­ein­an­der aufs
So­fa ge­setzt ha­ben.
    »Du soll­test hier nicht al­lei­ne
sein«, sag­te ich. »Gibt es nicht je­man­den, der bei dir sein kann, wäh­rend du
dich wie­der er­holst?«
    »Ich bin es ge­wöhnt, al­lei­ne
klar­zu­kom­men.«
    »Hast du Schlaf­ta­blet­ten?«
    »Ich will nicht so ein Zeug
schlu­cken.«
    Ich schau­te Lil­ja Rós for­schend an,
wäh­rend sie sich lang­sam be­ru­higt. »Die­ses Zeug,

Weitere Kostenlose Bücher