Stella Blomkvist
mich auf dem direkten Weg des Mammon stört.
Sie wartet vor der verschlossenen Türe meines Hauses auf mich. Der hilflose
Gesichtsausdruck verfehlt die Wirkung nicht.
»Willst du
nicht reinkommen?«, frage ich.
Sie setzt sich auf den Stuhl, der
mir gegenüber am Schreibtisch steht.
»Ich
brauche eigentlich einen Rechtsanwalt«, sagt sie. »Wozu?«
»Ich habe
keine Ahnung vom System.«
»Meinst du
die Erbschaft?«
»Ja.«
»Hat sich der Nachlassverwalter
schon bei dir gemeldet?«
»Bei mir hat sich niemand gemeldet.
Außerdem wird immer in das Haus eingebrochen, alles durchwühlt und zerstört. Da
muss was gegen getan werden, ich weiß bloß nicht, wie. Bis das Schuljahr zu
Ende ist, bin ich ja im Norden gebunden.«
»Zuerst musst du natürlich
herausfinden, wie der Nachlass aufgeteilt wird. Ob sich Verwandte gemeldet haben.
Wenn niemand Anspruch auf das Erbe erhebt, bist du gemäß dem Testament
Alleinerbin. Das würde die Sache natürlich sehr vereinfachen.«
»Kannst du dich nicht für mich darum
kümmern? Und ab und zu nach dem Haus gucken?«
Ich denke einen Moment darüber nach.
»Ich zahle natürlich auch«, schiebt
sie noch hinterher. »Ich bin völlig ratlos.«
»Okay.«
Lilja Rós unterschreibt die
Vollmacht, in der sie mich beauftragt, mich um ihre Angelegenheiten in der
Hauptstadt zu kümmern.
»Ich nehme dann die Sache gleich morgen
in Angriff«, sage ich. »Wie kann ich dich im Norden erreichen?«
»Wenn es sehr dringend ist, ist der
Pager tagsüber am besten«, antwortet sie.
Ich schreibe mir die Nummer auf.
Lilja Rós scheint mit dieser
Vereinbarung überglücklich zu sein, bedankt sich überschwänglich bei mir und
fährt wieder raus aufs Land, um Muskeln zu trainieren. Die ihren und die
anderer.
Am nächsten Tag gehe ich beim
Nachlassverwalter vorbei. Der Fall scheint klar zu sein. Niemand hat sich auf
die Aufforderung im Gesetzesblatt hin gemeldet und Ansprüche auf das Erbe
angemeldet. Einige Schuldenrückforderungen sind eingetroffen, aber das sind
alles Peanuts.
Der Nachlassverwalter zeigt mir eine
Liste über die verschiedenen Teile des Nachlasses. Der Wert des Hauses wird auf
über zehn Millionen Kronen geschätzt, wobei es aber mit knapp der Hälfte
hypothekisiert ist. Die Sparbücher und Wertpapiere wiegen das aber auf der
anderen Seite wieder auf. Der Wert des Nachlasses minus Schulden wird auf gute
zwanzig Millionen geschätzt.
Davon wird natürlich noch die
Erbschaftssteuer abgezogen.
Scheiß
drauf.
Lilja Rós
ist auf einmal reich.
3
Bei der Kripo ist dicke Luft.
Die Goldjungs riechen direkt nach
Stress. Er rinnt an ihnen herunter wie Schweißperlen. Raggi versucht noch nicht
mal, so zu tun, als ob er entspannt sei, als ich in sein Büro komme. Auf dem
Tisch liegt eine Pappschachtel.
»Hier ist
der verdammte Scheiß«, motzt er.
»Wie nett
von dir.«
Auf allen Seiten der Schachtel ist
mit großen Buchstaben ein Markenname aufgedruckt. »Das ist ja wirklich
unglaublich!«, rufe ich fröhlich. »Ich war ja nie drauf gekommen, dass ihr
hier den Tag mit Kelloggs beginnt!«
»Stella!«
»Ich meine,
gemessen an dem Erfolg ...«
Raggis
Gesicht schwillt an.
»Warum probiert ihr’s nicht mal mit
Coco Puffs?«, schiebe ich nach.
»Spar dir
deine dämlichen Witze.«
»Raggi, Herzchen. Wahnsinnsstress
hier, oder was?«
Er fegt ein Blatt Papier zu mir über
den Tisch. »Hier ist die Liste mit dem Inhalt der Schachtel«, sagt er wütend.
»Du unterschreibst hier unten.«
In der Schachtel ist Hallas
Eigentum, das die Goldjungs vom Tatort, aus Hallas Haus und aus ihrem Bankschließfach
in der Landsbanki mitgenommen hatten. Man ging nun davon aus, dass sie für die
Ermittlungen keine Rolle mehr spielten.
Ich nehme mir reichlich Zeit, um die
Gegenstände in der Schachtel mit Raggis Liste zu vergleichen:
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