Stella Blomkvist
ihn mir um
den Hals zu hängen. Aber Lilja Rós hielt mich zurück.
»Es ist ein Medaillon, das man
öffnen kann«, sagte sie. »Wie?«
Sie zeigt auf einen winzig kleinen
Knopf unter einem Stein. Als ich ihn drücke, öffnet sich das Medaillon.
Im kleinen Fach befindet sich ein
Schlüssel. War das vielleicht der Schlüssel zum Glück?
»Ich hab schon davon gehört, dass
man Hufeisen für Glücksbringer hält. Aber noch nichts dergleichen über einen
Schlüssel«, sage ich.
Lilja Rós schließt das Medaillon
wieder.
»Das ist ein echter Schlüssel.« Sie
lächelt. »Ich kann dir auch sagen, auf welches Schloss er passt.«
Jetzt geht mir ein Licht auf.
»Ich glaube, ich weiß es«, antworte
ich. »Das ist ein Schlüssel für ein Bankschließfach.«
»Stimmt.«
»Wo ist das Schließfach?«
»Im Norden.«
»Sind dort etwa die Videos
versteckt?«
Sie nimmt das Medaillon und legt es
mir an der Kette um den Hals.
»Komm mit mir in den Norden«, sagt
sie, »und schau selber nach.«
Das ist eines dieser Angebote, die
man einfach nicht ablehnen kann.
Also sind wir in den Norden
gefahren.
Sie hatte einen Leihwagen besorgt.
Mit Allradantrieb. Wollte mir auf dem Weg ein bisschen was vom Land zeigen.
Als wir im Borgarfjördur waren,
öffnete ich eine Flasche Jackie. Es reichte ja völlig, wenn einer von uns beiden
nüchtern ist. Lilja Rós erklärte sich freiwillig bereit, auf der Hinfahrt
diesen Part zu übernehmen.
In Blönduós wohnt sie alleine in
einem kleinen Reihenhaus. Erst haben wir es uns gemütlich gemacht und uns mit
Snacks voll gestopft, dann haben wir uns auf den Weg zu einem echten Tanz auf
dem Land begeben. So gegen Mitternacht sind wir bei dem Versammlungshaus des
Bezirkes angekommen. Alles ist proppenvoll. Und alle besoffen. Lilja Rós kennt viele.
Im Handumdrehen habe ich einen
ganzen Fanclub mit Saufkumpanen um mich geschart. Einige der Männer sind
wandelnde Muskelpakete, die wie Lilja Rós Bodybuilding als einziges Hobby
haben.
Ich tanze mit ihnen. Flirte mit
einigen. Zwei sehen ganz gut aus. Verheißen Gutes. Der
eine fragt mich, ob ich nicht mit ihm draußen spazieren gehen will. Natürlich
will ich.
Draußen ist es hell, aber bewölkt.
Sommernacht auf dem Land. Motorengeräusche überall. Rufe und Schreie. Wütendes
Gekreische und Verfluchungen. Lachen und Weinen.
Das Muskelpaket ist eine
enttäuschende Nummer. Sein ganzes Dasein ist anscheinend nur darauf ausgerichtet,
Muskeln aufzubauen. Sie wölben sich geschmeidig unter meinen Händen, groß und
gestählt – alle, bis auf den Muskel, auf den es hierbei ankommt. Er ist vernachlässigt
worden. Zumal er ja auch nicht auf den Isländischen Meisterschaften
präsentiert wird.
Der Tanzabend ist schon fast zu
Ende, als ich auf der Tanzfläche grob am Arm gepackt und herumgewirbelt werde.
»Ach nein«, sagt eine bekannte
Stimme, »ist das nicht unsere Müllkippenkandidatin?«
Der Wikinger und der Rotschopf
stehen mir großspurig grinsend gegenüber. Ohne Uniformen. Halten mich zwischen
sich fest.
»Wir müssen uns mal ausführlicher
unterhalten«, sagt der Wikinger.
»Verdammte Idioten!«, rufe ich.
»Lasst mich in Ruhe!«
Sie führen mich zwischen sich aus
dem Saal, obwohl ich mich nach besten Kräften wehre und mich mit den Füßen
gegen die Laufrichtung stemme.
»Eine wahre Freude zu sehen, wie
begeistert du über unser Zusammentreffen bist!«, setzt
der Wikinger grinsend fort. »Wie eine läufige Hündin.«
»Sehr witzig!«
Wir sind jetzt schon im Freien. Sie
schleifen mich zum Parkplatz, der neben dem Versammlungshaus liegt. Da dreht
mir der Wikinger plötzlich den Arm auf dem Rücken hoch und presst mich an ein
Auto, während der Rotschopf an einem anderen Wagen die Türen öffnet.
Sie sind mit einem Benz da.
»Wir wollen dich noch mal auf
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