Stella Blomkvist
völlig egal sein,
was du filmst, solange nicht ich das Objekt bin!«
»Ich habe dich wirklich nicht
gefilmt. Es ist noch nicht mal eine Kassette in der
Kamera. Guck, hier.«
Sie öffnet die Videokamera. Das
Kassettenfach ist leer.
»Okay«, sage ich und merke, wie
meine Wut langsam verfliegt. »Ich bin ja nicht von der
Filmprüfstelle.«
Ich setze mich wieder auf das Bett.
Sie beguckt sich die Spiegelscherben
auf dem Fußboden. »Ich komme hier nicht barfuß
raus«, sagt sie kurz darauf und lächelt schüchtern.
Da hat sie Recht. Gefährliche
Scherben liegen überall.
Ich stehe auf, ziehe die dicke,
rosane Tagesdecke vom Bett und breite sie über die Scherben
am Boden aus.
»So, jetzt kannst du über die
Tagesdecke laufen.«
Sie steht vom Stuhl auf und tritt
vorsichtig auf eine Kante der Decke.
»Warte!«, rufe ich.
Sie guckt mich ängstlich an.
»Schüttel dich mal kräftig!«
Bei jeder ihrer Bewegungen fallen
Scherben von ihrem blauen Schlafanzug.
»Augenblick!« Ich flitze schnell ins
Badezimmer, um eine Haarbürste zu besorgen. »Du
hast so viele Scherben im Haar. Ich bürste sie dir gerade raus.«
Ich taste
mich über die weiche Decke vor und spüre die Scherben wie kleine Steine unter
meinen Fußsohlen. »Beug dich mal vor!«
Ich bürste ihr größere und kleinere
Scherben aus dem hellen Haar, die vor uns auf die Decke fallen.
»Die Haare sind okay«, sage ich
schließlich, »jetzt ist der Schlafanzug dran.«
Sie knöpft das Schlafanzugoberteil
auf und lässt es hinter sich auf den Boden fallen. Die Schlafanzughose ereilt
das gleiche Schicksal.
Lilja Rós ist das wandelnde
Muskelpaket. Nirgendwo ein Gramm Fett zu sehen. Sie hat einen großen Anhänger
an einer silbernen Kette um den Hals, ein rotes Herz mit kleinen blauen Steinen
liegt zwischen den Brüsten.
»Jetzt kannst du kommen.« Ich halte
sie an einem Arm fest, führe sie vorsichtig über die Decke und lasse sie sich
aufs Bett setzen.
Geschafft!
Es ist noch ein bisschen Jackie im
Glas übrig, das auf dem Nachttisch steht. Ich trinke einen Schluck und reiche
Lilja Rós den Rest.
Sie trinkt
auf ex.
»Also, du
hast nur geguckt, oder wie?«
Sie wird
knallrot.
»Das hast
du doch gesagt.«
»Ja«,
flüstert sie.
»So, wie du
es früher so oft getan hast, stimmt’s?« Sie nickt.
»Macht dir
das Spaß?«
»Manchmal.«
»Das war
doch eine nette Show, findest du nicht?« Lilja Rós hebt den Kopf. Sie ist immer
noch rot. Dann lässt sie die Augen langsam sinken.
Ich habe
total vergessen, dass ich nackt bin.
Sie streckt die Hand aus. Ihre
Finger zittern, als sie mich mit den Fingerspitzen berührt.
Das musste
ja kommen.
Eigentlich bin ich noch nicht mal
überrascht. Wahrscheinlich habe ich im Innersten damit gerechnet. Habe mich
nur geweigert, darüber nachzudenken.
Als ich mich ins Bett lege, schließe
ich die Augen und erlaube ihr, zu tun, was sie möchte. Und versuche, an Juan
zu denken.
Die Nacht
ist noch lang.
»Oh Gott, oh mein Gott!«, stöhnt sie
einige Zeit später, presst sich gegen mich, als sei sie im wahrsten Sinne des
Wortes auf dem Weg in den Himmel, und drückt ihre trainierten Oberschenkel so
fest zusammen, dass ich mir vorkomme, als läge ich in einer Schraubzwinge.
»Halla! Halla!«, ruft sie.
Ich mache
trotzdem weiter.
»Lieber ein
schlechter Liebhaber als ein leeres Bett.« Sagt Mama.
22
Dorftanz!
Die ausgelassene Stimmung eines
feucht-fröhlichen Tanzabends ist genau das Richtige, um einen wilden Tag
angemessen ausklingen zu lassen. Der totale Wahnsinn.
Lilja Rós hatte mich und meinen
Kater um die Mittagszeit mit kohlrabenschwarzem Kaffee geweckt. Auf dem
Tablett lag auch ihr Anhänger. Das große Herz mit den blauen Steinen. Ich
schaute sie fragend an.
»Halla hat ihn mir vor langer Zeit
geschenkt«, sagte sie. »Jetzt möchte ich ihn dir schenken.«
Ich nahm den Anhänger, um
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