Stella Cadente - Niemals darf es sein
die Tür vor der Nase zu.
Als Lili und die Maus wieder alleine waren, ve rsuchte sie sich einzureden, dass es eine gute Idee war, sich mit Matteo zu treffen. Vielleicht konnten sie sogar Freunde werden, und sie würde womöglich etwas über Paolo Vincelli erfahren.
Freundschaft war sicher eine akzeptable Basis. Denn Freunde wurden nicht intim miteinander, aber zu Freunden hatte man Vertrauen. Und Matteos Ve rtrauen brauchte sie, wenn er ihr Details über den Vater erzählte sollte, der ihn verstoßen und enterbt hatte. Vielleicht konnten sie auf diese Weise sogar ein geschwisterliches Verhältnis aufbauen.
Aber sie wusste auch , dass dies nicht geschehen konnte, solange Matteo nicht darüber informiert war, dass er sich mit seiner Schwester traf.
Kapitel 4
A ls Lili am frühen Abend das Caffè Farfalla di Mare erreichte, konnte sie immer noch kaum glauben, dass sie sich auf die Verabredung eingelassen hatte. Bis zuletzt hatte sie überlegt, Matteo zu versetzen, sich ein anderes Hotel zu suchen und zu hoffen, ihm niemals wieder über den Weg zu laufen. Doch je wahrscheinlicher ihr Vorhaben wurde, desto deutlicher spürte sie, dass sie gar nicht kneifen wollte. Sie wollte ihn wiedersehen, auch wenn das bedeutete, sich ihrer eigenen Schwäche zu erwehren und ihr Verlangen zu kontrollieren.
Die letzten Stunden vor ihrem Treffen hatte sie damit verbracht, erneut in ihrem Koffer nach angemessener Kleidung zu suchen. Letztendlich entschied sie sich für einen knielangen schwarzen Ballonrock und ein weißes Trägerhemd. Immerhin würden sie schick essen gehen, und da konnte sie keine Jeans anziehen. So hatte sie eine Kombination gewählt, die sowohl leger wirkte und in der sie sich wohlfühlte, mit der sie aber auch ohne Probleme in jedes Restaurant gehen konnte. Dazu hatte sie flache Ballerinas ausgewählt.
Als Matteo sie in seinem Café entdeckte, kam er sofort auf sie zu und blieb schließlich mit einem feurigen Ausdruck im Gesicht vor ihr stehen. Lili bereute sofort, ihn nicht doch versetzt zu haben, denn wieder schlugen die Schmetterlinge in ihrem Bauch Purzelbäume. Ihre Blicke trafen sich. Würde das denn niemals aufhören?
» Mia stella cadente , da bist du ja! Ich habe für acht Uhr einen Tisch in meinem Lieblingsrestaurant reserviert. Ich dachte, ich könnte dir vorher ein paar Sehenswürdigkeiten von Florenz zeigen.«
Lili beäugte ihn kritisch. »Du warst dir sicher, dass ich kommen würde, hab ich recht?« Wie konnte er das, wenn sie es selbst nicht einmal gewusst hatte?
» Wenn du nicht gekommen wärst, hätte ich dich geholt.« Obwohl es wie ein Scherz klang, wusste Lili, dass er es ernst meinte.
Matteo legte seine Schürze ab und verschwand noch einmal kurz, um seine Aufgaben an einen seiner Angestellten ab zugeben. Während Lili auf ihn wartete, bemerkte sie erneut die wachsamen Blicke der hübschen Kellnerin mit den langen, dunklen Locken.
Doch schließlich kam Matteo zurück, und sie machten sich g emeinsam auf den Weg.
Über die Via Camillo Cavour gelangten sie zunächst zum Palazzo Medici Ricardi . Das dreigeschossige Gebäude, dessen Mauerwerk des Erdgeschosses aus ungeglättetem und kaum bearbeitetem Stein errichtet worden war, wirkte beinahe wie eine Burg.
» Die Familie Medici hat sich den Palazzo von dem Architekten Michelozzo bauen lassen. Vielleicht siehst du jetzt ein, warum mein Haus dagegen wie eine bescheidene Behausung wirkt«, erklärte Matteo schmunzelnd. Lili verstand in der Tat, was er meinte. Das Gebäude wirkte wie eine Festung, die jedem Schutz gewährte, der darin wohnte. Gemütlich war jedoch etwas anderes.
Ganz anders der quadratische Innenhof. Dort bot sich ihr ein vollkommen gegensätzliches Bild. Der Hof war hell und einladend, rundherum gab es ate mberaubende Torbögen, gehalten von Säulen mit zarten Verzierungen. Blumentöpfe mit kräftigen Grünpflanzen standen zwischen jedem zweiten Torbogen, und überall waren Skulpturen zu sehen, auf Sockeln oder in die Wand eingearbeitet.
Nach ihrem Ausflug zu den Medicis machten Lili und Matteo einen kurzen Abstecher zu der Basilica di San Lorenzo , die sich nur wenige Schritte entfernt und im Zentrum des Marktviertels befand. Die alte Kirche mit der unverkleideten Fassade bot schon einen denkwürdigen Anblick, dennoch hielten sie sich nicht lange dort auf. Es wurde bereits dunkel, und Hunger – auf eine warme Mahlzeit – trieb beide voran. Über die Via del Giglio , die sie bereits am Tag zuvor entlanggegangen
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