Stella Cadente - Niemals darf es sein
Nicht mit ihm.
» Zwischen dem, was Väter sollten und der Realität liegen manchmal Welten, Lili«, sagte Matteo dann. Die Art, wie er ihren Namen sagte, bereitete ihr einen kalten Schauer der Sehnsucht. Sie wollte es immer wieder hören, nur Matteo sollte ihren Namen noch aussprechen dürfen, denn niemand sagte ihn so wie er.
» Aber wieso?«, fragte Lili weiter, um nicht erneut in unangebrachte Tagträume zu versinken.
» Findest du nicht auch, dass es angenehmere Themen gibt als der ignorante Egoismus meines Vaters? Ich möchte nicht, dass er uns die Stimmung verdirbt. So rein freundschaftlich gesehen.«
Lili wusste, dass er es ironisch meinte und genau spürte, wie sehr sie sich nach ihm sehnte. Dennoch zog sie ihre Hände von ihrem Schoß zurück, d amit er sie nicht nehmen konnte. Denn das war sein Wunsch, das spürte sie. Und es war auch ihrer.
Kapitel 6
A ls Lili und Matteo an diesem Abend in sein Haus zurückkehrten, stand die Sonne noch immer hoch am Himmel. Ermattet, aber glücklich, ließ sich Lili auf der Couch in dem großen und gemütlich eingerichteten Wohnzimmer fallen. Sie verspürte den dringenden Impuls, ihre Füße auf den Tisch vor sich zu legen, aber sie tat es nicht. Zuhause wäre das kein Problem gewesen, doch in diesem Haus besaß alles einen anderen Standard. Schmerzende Füße auf einem Tisch, der vermutlich mehr kostete als das ganze Wohnzimmer von Lilis Eltern, waren einfach nicht angemessen.
Matteo ließ sich neben Lili auf der Couch nieder. Einmal mehr war sie sich seiner verführerischen Nähe bewusst. Der Duft nach Sonne und Lilien, der an se inem Körper haftete, machte es ihr unmöglich, sich zu entspannen. Stattdessen verkrampften sich ihre Hände, die Fingernägel gruben sich in ihre Handflächen, und sie mied jeden Blickkontakt. Doch das machte keinen Unterschied. Matteos Gegenwart war zu intensiv, und Lili sehnte sich verzweifelt nach ihm. In ihrem Kopf drehte sich alles nur noch um ihn, was es ihr angesichts seiner eindringlichen Aufmerksamkeit zusätzlich schwer machte, ihn zu ignorieren.
» Hat dir unser Ausflug gefallen?«, fragte Matteo schließlich. Lili sollte eigentlich dankbar sein, dass er diese intime Stille zwischen ihnen durchbrochen hatte, doch seine Worte bargen auch Gefahren. Er wollte, dass sie ihn ansah, und dann würde er mit ihr flirtete. Nur ein einziger Blick von ihr würde ihn glauben machen, dass es in Ordnung war, weiter um sie zu werben. Dabei war es ihr nicht recht! Aber für diese offensichtliche Tatsache schien Matteo seine Augen verschlossen zu haben. Ganz egal, was Lili sagte, Matteo würde darin nur eine weitere Bestätigung für sein Tun sehen.
» Der Ausflug war wirklich sehr schön. Ich bin froh, dass du mich dorthin gebracht hast«, sagte sie in neutralem Tonfall, um damit ihre Worte zu entschärfen.
» Bist du dir sicher? Du wirkst nicht besonders glücklich.«
» Mir tun nur die Füße weh, das ist alles.«
» Tatsächlich? Und warum ist es dir nicht möglich, mich anzusehen?«
Lili zuckte nervös zusammen. Warum tat Matteo das? Er forderte sie heraus, er wollte ein Geständnis aus ihr he raus kitzeln. Er wollte von ihr hören, dass sie ihn begehrte, was er offensichtlich wusste. Wie könnte er es auch nicht wissen, es stand ihr förmlich auf die Stirn geschrieben! Jetzt provozierte er sie so lange, bis sie schließlich nachgab. Doch das durfte nicht passieren! Ihre Situation war kein Spiel, sondern bitterer Ernst.
Also hob Lili ihren Blick und sah Matteo an. Sie wollte damit beweisen, dass alles in Ordnung war. Aber das stimmte nicht. Es war nicht in Ordnung, den eigenen Bruder zu bege hren, sich so sehr nach ihm zu sehnen, dass sie ihm nicht einmal in die Augen blicken konnte. Zumindest nicht, ohne zu befürchten, doch noch schwach zu werden. Denn einen Kampf mit ihrem Gewissen und der Moral konnte Lili nur verlieren.
Als sich ihre Augen trafen, wurde Lili mulmig zum ute.
Da, siehst du, es ist alles in Ordnung, wollte sie sagen, doch sie brac hte keinen Ton heraus. Sie spürte Matteos Unruhe. Sein Lächeln blieb unauffällig, und doch bemerkbar, und es raubte Lili beinahe den Verstand. Wie konnte das nur sein? Wie konnten ihrer, genau wie auch sein Instinkt sie beide so in die Irre führen? Warum konnten sie denn nicht spüren , dass sie Blutsverwandte waren? Wie konnte sich etwas so richtig anfühlen, was doch so falsch war?
Matteo lächelte noch immer, und Lili wurde klar, dass er sie küssen wollte. Er würde
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