Stella Cadente - Niemals darf es sein
Lili.
Die drei Schwestern hatten sich bereits vor Jahren die Spitznamen ve rschiedener Hunderassen gegeben. Es war damals es aus einer Not entstanden, als sich die Mädchen einen Hund gewünscht, aber aus Geldmangel keinen bekommen konnten. Dabei hatten sie bewusst Hunderassen füreinander ausgewählt, die ihrem tatsächlichen Charakter entsprachen.
Lili war der Beagle, liebenswürdig und zielstrebig.
Ella wurde Terry genannt, eine Kurzform von Terrier, mutig, temperamentvoll und eigensinnig.
Und Megan war wie ein Collie, inte lligent, fleißig und diszipliniert. Zwar waren sie alle inzwischen keine Mädchen mehr, die Spitznamen hafteten jedoch immer noch an ihnen.
» Hallo, Collie, wie geht’s dir?«, fragte Lili, während sie auf dem Stuhl in ihrem Zimmer saß, eine Hand an ihre Stirn gedrückt, als hätte sie Kopfschmerzen.
» Ich hasse meinen Job. Und wie geht es dir?«
» Ich glaube, ich bin in meinen Bruder verliebt!«
Kurzes Schweigen. »Okay, du gewinnst.« Die Niederlage in ihrem ewigen – scherzhaften – Wettkampf der größeren Lebenskrise ging diesmal also an Lili. Dennoch machte sie sich auch Sorgen um ihre Schwester. Es war keine Neuigkeit, dass Megan ihren Job hasste, und Lili hoffte, dass er sie nicht kaputt machte. Sie hatte noch nie verstanden, wie Megan es überhaupt so lange unter ihrem tyrannischen Chef aushalten konnte.
» Erzähl!«, forderte Megan sie nach einer Pause auf.
Lili wurde unwohl. Von Matteo und ihren Gefü hlen zu ihm zu erzählen war viel schwieriger, als sie gedacht hatte.
» Da gibt es nicht viel zu sagen. Paolo Vincelli ist sein Vater. Und Paolo Vincelli ist auch mein Vater.«
» Moment, ich kann dir nicht folgen, Beagle. Wer ist Paolo Vincellis Sohn?«
» Sein Name ist Matteo. Ihm gehört das Café, in dem Mom und Paolo sich das erste Mal getroffen haben. Es passt alles zusammen, Collie. Matteo muss mein Bruder sein.«
Am anderen Ende der Leitung entstand erneut eine längere Pa use. »Und du bist in ihn verliebt?«
Lili schloss die Augen und ertappte sich dabei, wie sie fassungslos den Kopf schüttelte. Sie konnte kaum gla uben, was sie jeden Augenblick sagen würde. »Ich weiß es nicht … ich schätze schon. Ich kriege ihn nicht aus meinen Kopf, er verfolgt mich in meine Träume. Wenn er mich berührt, ist es, als würde sich mein Körper vor Spannung aufladen. Ich kann nicht aufhören, an ihn zu denken. Ich kann seine Küsse nicht vergessen.«
» Du hast ihn geküsst? Lili, wie konntest du nur? Du hast doch hoffentlich nicht mit ihm geschlafen!?«
Lili konnte darauf einfach nicht antworten. Die Wahrheit beschämte sie immer noch viel zu sehr, als dass es ihr möglich war, sie auszusprechen. Doch Megan verstand ihr Schweigen richtig.
»Nein, Lili, nein. Bitte sag, dass das nicht wahr ist!«
Lili war nach Weinen zumute. »Ich wusste doch nicht, wer er ist! Woher hätte ich wissen sollen, dass er mein Bruder ist? Ich weiß doch auch nicht, wieso ich es überhaupt erst so weit habe kommen lassen. Als ich dann nach seinem Namen fragte … So habe ich es erfahren. Und jetzt wohne ich mit ihm unter einem Dach, sehe ihn morgens halbnackt am Frühstückstisch und verbringe meine Zeit mit ihm, um mehr über meinen … unseren Vater zu erfahren. Und ständig sieht er mich so seltsam … so verführerisch an. Etwas ist da zwischen uns, immerzu sucht er meinen Körperkontakt, und ich weiß nicht, wie lange ich ihm noch widerstehen kann! Du solltest ihn sehen, Collie! Er ist so … er …«
» Halt, stopp, Beagle. Du wohnst bei ihm?«
» Ja. Mein Hotel war eine Katastrophe, da hat er mich zu sich eingeladen.«
» Und es stört ihn nicht, dass er dein Bruder ist?«
Lili schluckte schuldbewusst. »Ich weiß nicht.«
» Was soll das heißen?«
Doch Lili schwieg.
»Lili? Du hast es ihm nicht gesagt?«
» Collie, du verstehst das nicht. Ich kann es ihm nicht sagen. Sein Vater ist reich, und ich will nicht wie eine verlogene Erbschleicherin erscheinen. Ich versuche, mehr über Paolo zu erfahren, und ich glaube nicht, dass Matteo mir die unvoreingenommene Wahrheit über ihn sagen würde, wenn er wüsste, wer ich bin.«
Lili hörte ihre Schwester stöhnen. »Dir ist aber schon klar, was du ihm antust, oder?«
» Was meinst du?« Erst jetzt richtete sie sich aus der zusammengesunkenen Position auf und zog irritiert die Brauen zusammen.
» Denk nach, Lili. Ihr habt miteinander geschlafen, doch jetzt versuchst du, ihm zu widerstehen. Ich nehme an, du hast ihm die
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