Stella Cadente - Niemals darf es sein
raubte ihr schier den Verstand.
Matteo schlich sich weiterhin in ihre Träume, liebte sie darin jede Nacht leidenschaftlich und ließ sie mit einem Baby im Arm zurück, das seltsam fehlgebildet und krank aussah.
Ihre Zeit außerhalb Matteos Haus verbrachte Lili zunächst in Straßen- und Internetcafés, wo sie sich weiter mit dem Phantom Paolo Vincelli beschäfti gte. Am dritten Tag ihrer Abwesenheit begann sie einen Job in einem kleinen italienischen Restaurant mit einem englisch sprechenden Chef, den sie ebenfalls im Internet ausfindig gemacht hatte. So konnte sie beim Service der Gäste ihre italienischen Sprachkenntnisse aufbessern und hatte eine sinnvolle Beschäftigung. Sie musste raus aus Matteos Haus, weg von ihm und ihrer Angst. Den Kopf wieder freibekommen. Außerdem brauchte sie dringend Geld. Ihre Ersparnisse waren erschöpft, und die nächste Unterkunft sollte weder Kakerlaken und Mäuse, noch verbotene Objekte der Begierde beherbergen. Ein Job würde es ihr ermöglichen, ein angemessenes Zimmer zu bezahlen und noch länger in Florenz bleiben zu können.
Als Lili an diesem frühen Abend müde und mit schmerzenden Füßen zurück ins Haus kam, spürte sie s ofort Matteos Anwesenheit. Mit gesenktem Blick versuchte sie, unbemerkt in ihr Zimmer zu gelangen, um sich darin einzuschließen, bis der nächste Morgen da und Matteo wieder fort war.
Lili hatte beinahe ihren Raum erreicht, als plöt zlich die Tür zu Matteos Zimmer aufflog und er gedankenverloren hinauseilte.
Offenbar wusste er nicht, dass Lili nach Hause g ekommen war, denn als er nun auf sie zu hastete, bemerkte er sie nicht. Lili war über sein plötzliches Auftauchen zu schockiert, um rechtzeitig reagieren zu können. Sie stießen an den Schultern zusammen, und es riss Lili körperlich wie emotional beinahe von den Füßen. Erst jetzt sah Matteo sie und blickte sie erschrocken an, als wäre sie eine niemals vergessene Erinnerung.
» Lili.« Seine Stimme klang sehnsüchtig, obwohl er es zu unterdrücken suchte.
Lilis Kehle wurde trocken. Sie wusste, sie konnte nicht wortlos weggehen, obwohl die heftige Reaktion ihres Körpers ihrem Verstand sagte, dass dies die klügste Entsche idung wäre.
» Matteo. Hallo.«
» Wie geht es dir?«
Lili konnte ihn nicht ansehen, und sie wusste auch nicht, was sie sagen sollte. Sie dachte an die verbotene Frucht, die womöglich gerade in ihrem Körper heranwuchs, und eine sprachlose Übelkeit überkam sie. »Ich …«
Matteo trat abweisend einen Schritt zurück, als w olle er ihr den Weg frei für eine Flucht machen.
» Ich habe dich seit drei Tagen nicht gesehen. Du gehst mir aus dem Weg, hab ich recht?« Seine vibrierende Stimme sagte ihr, dass er sich wünschte, sie würde bleiben.
Lili sah ihn immer noch nicht an. »Ich hatte viel zu tun.«
» Hat es etwas mit deiner Selbstfindung zu tun?«
Nervös strich sie sich eine Haarsträhne aus den Augen. »Hör auf, dich über mich lustig zu machen.«
» Das tue ich nicht.« Er klang aufrichtig. Und unzufrieden.
Lili hob den Blick und hoffte inständig, dass er ihr schlechtes Gewissen und ihre Furcht nicht von ihrem Gesicht ablesen konnte. Sie musste ihm die Wahrheit sagen! Sie musste es, und doch konnte sie es nicht.
» Ich habe einen Job. In ein paar Tagen … ich kann mir bald ein besseres Hotel leisten, und dann werde ich ausziehen.«
Seinem Gesicht war keine emotionale Regung a bzulesen, erst nach einigen unendlichen Momenten nickte er verstehend. »Es ist wegen neulich Abend, wegen der Dinge, dich ich gesagt habe.«
Lili sehnte sich danach, ihn zu berühren, seine Hand zu nehmen, seine Wange zu streicheln, doch sie wagte es nicht. Es konnte nur in einer Katastr ophe enden.
» Matteo, ich sollte nicht hier sein. In deinem Haus. Wir sind Fremde und ich gehöre nicht hierher.«
Matteo schüttelte ruhig, aber entschieden den Kopf. »Das empfinde ich anders.«
Lili spürte, wie sich Wasser in ihren Augen sa mmelten, startklar, ihren Lidern zu entkommen und über ihre Wagen zu flüchten. Sie konnte nicht einmal sagen, woher diese plötzliche Flut kam. Es war, als führten die Tränen ein Eigenleben und wollten nun die große weite Welt erkunden. Doch Lili wollte nicht, dass Matteo es bemerkte. Er würde sie als das deuten, was sie waren, und wie könnte sie ihm das erklären? Wie erklärte sie ihm Tränen der Traurigkeit, des Schmerzes, des Kummers, darüber, dass sie niemals mit ihm zusammen sein durfte? War es Liebeskummer?
Das konnte sie ihm
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