Stella Cadente - Niemals darf es sein
sie es befürchtet. Matteo war auch nicht anders als Glenn, und sie würde immer das arme Mädchen sein, das es nur auf Geld abgesehen hatte. Wie Lili das hasste!
» Ich bin keine Schauspielerin, das schwöre ich.«
» Was ist es dann? Planst du ein Attentat auf ihn? Oder willst du eine Affäre mit ihm beginnen, in der Hoffnung, etwas Geld dabei herauszuholen? Ist es das?«
Es fühlte s ich an, als würde er ihr einen Pflock durch ihr Herz jagen. Sie konnte verstehen, dass er misstrauisch und enttäuscht war, doch ihr solche Abscheulichkeiten zu unterstellen, verletzte sie zutiefst.
» Wie kommst du auf so etwas, Matteo? Ist dein Vater vielleicht ein Mann, der hin und wieder eine Affäre hat, ein Mann, der seine Frau hintergeht?«, fragte Lili provozierend, in Anspielung auf ihre Mutter, was Matteo nicht wissen konnte.
Matteo sah sie vollkommen verstört an. »Wie kannst du so etwas sagen?«
Lili verschränkte verteidigend die Arme vor der Brust, obwohl ihr eigentlich nach Weinen zumute war. »Und du? Wie kannst du mir unterstellen, oder auch nur glauben, ich würde so etwas Hinterhältiges tun? Ein Attentat oder eine Affäre, um an Geld zu kommen, das sind die Dinge, die du mir zutraust? Kannst du dir vorstellen, wie sehr du mich damit kränkst?«
Matteo drehte sich zum Gehen um. Am Türrahmen blieb er noch einmal stehen, sah sie direkt an und sa gte wütend: »Im Augenblick kann ich mir so ziemlich alles vorstellen. Ich weiß gar nichts. Wer bist du nur? Ich kenne dich nicht!« Dann ging er mit schweren Schritten davon.
Hysterie packte Lili. »Ich bin mit Sicherheit keine Hure!«, schrie sie ihm hinterher, kurz bevor die Haustür mit einem lauten Knall ins Schloss fiel.
A uch Lili hatte nicht länger im Haus bleiben können. Schluchzend und immer noch unter Schock hatte sie ihre wichtigsten Sachen in eine kleine Stoffhandtasche gestopft und war in die abendliche Dämmerung von Florenz geflüchtet.
Eine Zeit lang irrte sie kopflos durch die beleuc hteten Straßen, vollkommen gleichgültig, was mit ihr passierte. Irgendwann, als sich ihr Verstand klarte, wurde ihr bewusst, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, wo sie war und wohin sie gehen sollte. Ihr Portemonnaie hatte sie dabei, doch das war ebenso leer wie ihr Magen. Ihr erstes Gehalt würde sie erst in ein paar Tagen bekommen, doch was sollte sie bis dahin tun? Unter einer Brücke schlafen? Das Kopfsteinpflaster der Ponte Vecchio sah nicht sehr gemütlich aus.
Es war mittlerweile kurz vor Mitternacht, als Lili erleichtert Matteos Haus wiederfand. Sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatte, als zurückzukehren. Wenn sie ihm en dlich erklärte, warum sie all diese Dinge tat, die ihn so verstörten, dann würde er sie vielleicht wieder in sein Haus lassen.
Doch als Lili versuchte, die Haustür zu öffnen, war es verschlossen. Bestürzt erinnerte sie sich, bei ihrer Flucht keinen Schlüssel eingesteckt zu haben. Schw eren Herzens drückte sie den Klingelknopf. Einmal, nach einigen Augenblicken ein zweites Mal. Doch im Haus rührte sich niemand. Lili bekam ein ungutes Gefühl. Es gab zwei Möglichkeiten, die eine besser, die andere weniger.
Entweder war Matteo nicht Zuhause. Das wäre ungünstig, aber keine Katastrophe, denn irgendwann musste er wi eder nach Hause kommen. Oder er war zwar da, wollte sie aber nicht rein lassen. Fröstelnd klopfte Lili gegen das stabile Holz der Tür. Als nichts geschah, hämmerte sie mit beiden Fäusten dagegen, doch das änderte nichts an der Stille im Haus.
Etwas Feuchtes traf Lili im Gesicht, und dann noch einmal. Vollkommen fassungslos über ihr U nglück blickte sie in den Himmel, und im selben Moment brach das Unwetter los. Gigantische Regentropfen durchnässten innerhalb von Sekunden ihre dünnen Kleider, noch bevor sie überhaupt registrierte, dass es regnete. Verzweifelt ließ sie sich auf einem großen Zierstein von dem Haus sinken und nahm den Regen und die aufkommende Kälte gleichmütig hin. Was sollte sie auch tun? Ein schmerzender Kloß drückte von innen gegen ihren Hals, und sie wusste nicht, in welcher Form es aus ihr herausbrechen würde. Ein hoffnungsloses Schluchzen oder ein hysterisches Lachen?
Lili wusste nicht, wie lange sie dort saß. Der R egen ließ nicht nach, ebenso wenig wie ihre Verzweiflung. Ihr war kalt und sie fühlte sich müde und erschöpft.
Plötzlich tauchte ein Schatten neben ihr auf. Eine Hand schob sich in ihren Blickwinkel, und ein Hauch von Wärme umgab ihren
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