Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten
die Honjo selbst daran beteiligt?
Keiner wußte es. Die Kraa warfen ein, daß sie mit ihrer Verdächtigung, die Honjo trügen eine gewisse Mitschuld an der Verschwörung, vielleicht nicht falsch lagen. Das Auftreten dieser Wegelagerer war nicht minder verwirrend. Was hatten beispielsweise die Bhor so weit entfernt von zu Hause verloren?
Malperin war der Ansicht, daß es sich bei ihnen schlicht um Söldner handelte. Die Tatsache, daß während der demoralisierenden Vid-Übertragung der Bhor ein Mensch auf dem Bildschirm zu sehen gewesen war, der als Sten identifiziert wurde, gab ihrem Argument zusätzliches Gewicht. Kyes' Leute hatten erst vor kurzem den kleinen Mann in Zivilkleidung bei dem Kriegsspiel als Sten identifiziert, einen ehemaligen Mantis-Agenten und langjähriger Freund des Mannes, den sie schon lange für tot gehalten hatten: Flottenmarschall Ian Mahoney, der Mann, der hinter dem Anschlag auf ihrer aller Leben auf der Erde steckte. Sobald die Querverbindung zwischen Sten und Mahoney gezogen war, waren die meisten Kabinettsmitglieder sicher, daß Mahoney hinter allen ihren Problemen steckte.
Sie hüteten sich davor, ihre eigentlichen Beweggründe bekanntzugeben - beispielsweise, daß Mahoney sie der Ermordung des Ewigen Imperator verdächtigte. Sie sahen sich also vor, wenn sie ihn als Bösewicht hinstellten, besonders in Anwesenheit des neuen Kabinettmitglieds Colonel Poyndex.
Wenn sich Poyndex über die ausgeprägte
Paranoia seiner Kollegen wunderte, so ließ er sich nichts davon anmerken. Er hatte sich ihnen mit der Absicht angeschlossen, seinen Einfluß so weit wie möglich auszubauen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf unternahm er keinerlei Anstrengungen, ihre Wut zu bremsen.
Das Privatkabinett wollte Köpfe rollen sehen, und zwar sofort.
Poyndex bot ihnen seine uneingeschränkte Hilfe bei der Ausweitung der Säuberungsaktion an. Eine neue und wesentlich längere Liste von Verdächtigen wurde zusammengestellt. Häscher wurden
ausgeschickt, die die Verdächtigen aufspüren und einer raschen Aburteilung zuführen sollten. Poyndex achtete darauf, daß seine Unterschrift auf keinem der Dokumente auftauchte, und wenn doch, dann nur unter den Signaturen aller seiner Kollegen.
Die neuerliche Säuberungswelle wurde von den ständig schwindenden Verbündeten des Kabinetts nicht gerade bereitwillig akzeptiert. Viele der Opfer hatten Freunde oder Verwandte in diesen kritischen Regionen. Poyndex wußte, daß man darauf keine Rücksicht nehmen konnte. Er sagte sich, daß die Wut seiner Kabinettskollegen verrauchen würde, bevor sie in dem Blut, das sie selbst vergossen, ertranken - und er tat sein Bestes, die Liste der Verdächtigen durch jede Menge Personen
aufzustocken, die für niemanden besonders wichtig waren.
Nur in einer Hinsicht hielt er sie im Zaum. Als sie nach einer neuen Quelle für AM2 Ausschau hielten, zog er einen Schlußstrich.
"Ich finde, wir sollten diese Sache eine Zeitlang auf sich beruhen lassen", sagte er.
"Nennen Sie uns einen guten Grund dafür", fuhr ihn Lovett an.
"Nach dem Zwischenfall mit den Honjo", erwiderte Poyndex, "weiß jeder, daß Ihr wirklicher Beweggrund für den Angriff in den AM2-Vorräten zu suchen ist. Und daß die Honjo zu Unrecht der Verschwörung angeklagt wurden."
"Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen", sagte Malperin.
"Verflucht noch mal!" Eine der Kraa-Zwillinge explodierte. "Was bedeutet schon ein Honjo oder gar zwölf? Das sind doch nur ein paar durchgedrehte Idioten, sonst nichts, und das weiß jeder. Niemand hat mit diesen Säcken Mitleid."
"Schon möglich", gab Poyndex zurück. "Aber wenn wir sofort das nächste System mit
vielversprechenden AM2-Vorräten angreifen, egal unter welchem Vorwand, dann werden unsere Verbündeten befürchten, schon bald als das nächste Opfer dazustehen."
"Damit liegen sie verdammt richtig", sagte die fette Kraa. "Mein Schwesterlein und ich hätten auch schon einige geeignete Kandidaten."
"Daran hege ich keinen Zweifel", konterte Poyndex. "Trotzdem finde ich, daß wir zuerst intensiv beratschlagen sollten. Wenn wir jetzt überstürzt zuschlagen, verlieren wir zu viele unserer Verbündeten."
Das Kabinett mußte zugeben, daß er recht hatte.
Um sicherzugehen, schlug Poyndex einige
besonders blutige Aktionen vor, mit denen die Säuberung intensiviert werden konnte. Mit diesem Vorschlag gelang es ihm, die Wogen zu glätten.
Außerdem half er ihnen dabei, eine große Aktion zu starten, die das Ziel hatte, die
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