Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten
Tage weiterleben können?"
"Nicht dumm gefragt", sagte Pitcairn, nachdem sie eine Weile nachgedacht hatte. "Wir brauchen mehr Informationen. Mit dem, was wir momentan haben, können wir nicht kalkulieren. Das Problem liegt darin, daß wir aufpassen müssen, daß keiner sein Maul vorzeitig aufreißt oder durchdreht, sonst klebt hier bald Blut an den Schotts."
"Du hast doch für die Gewerkschaft agitiert. Mit diesen zwölf Halsabschneidern dürftest du wohl keine großen Schwierigkeiten haben", meinte Raschid.
"Eine Zeitlang kann ich sie unter Kontrolle halten", antwortete Pitcairn. "Aber sie werden nicht ewig stillhalten. Wir brauchen unsere Infos so schnell wie möglich."
Vier Schiffstage später waren sie soweit. Ihr Bestimmungsort waren die Cairenes, genauer gesagt ihr Hauptplanet, Dusable.
"Das ist gar nicht gut", bemerkte Pitcairn. "Ich habe dort ungefähr zwanzig Minuten lang
organisiert. Wenn es in diesem verdammten System auch nur ein einziges ehrenhaftes Lebewesen gibt, dann habe ich es jedenfalls nicht getroffen.
Außerdem haben sie mit einer ausgewachsenen Depression zu kämpfen. Wenn wir dort von Bord gehen, sitzen wir sehr, sehr lange auf dem Trockenen.
Hast du schon einmal was von Dusable gehört?"
Raschid wollte schon nein sagen, tat es aber nicht. Denn mit einem Mal ging ihm auf, daß er jede Menge über dieses System und seine politische und wirtschaftliche Struktur wußte. Doch er konnte sich nicht daran erinnern, den Cairenes jemals einen Besuch abgestattet oder etwas darüber gelesen zu haben.
"Ein wenig", log er. "Aber das tut momentan nichts zur Sache. Jetzt würde mich weit eher interessieren, was wir überhaupt geladen haben."
"Ich habe Moran gefragt, und er hat mich deswegen ziemlich fertiggemacht."
"Herkules hilft denen, die sich selbst helfen."
"Bete du zu deinen Göttern. Ich halte es mit Jack London. Wir beschließen, auf Zehenspitzen durch die Schleuse zu schleichen, Moran sieht den Schleusenalarm, und dann sind wir beide schneller da draußen, als man sich überlegen kann, wie man im All atmet."
"Der Schleusenalarm ist eine ganze Woche lang unterbrochen. Ich habe dafür gesorgt, daß zumindest ein Anzug dicht ist. Ich sehe mich nach einem zweiten um."
"Alle Achtung. Zuerst die Wanze, jetzt der Alarm. Für einen Koch gibst du einen ziemlich guten Spion ab. Na schön. Erste Wache. Moran schläft wie ein Toter, solange man nicht versucht, in sein Quartier einzubrechen."
Sie verließen die Luftschleuse so leise es ihnen möglich war. Raschid zuckte zusammen, als die Luft zischend entwich und der Schleusenmechanismus auf jaulte. Dann kletterten sie aus der offenen Schleuse, wobei sie peinlich darauf achteten, daß die Haftpunkte an ihren Stiefelsohlen nicht etwa gegen die Außenhülle donnerten. Pitcairn zielte mit einem Leinenwerfer, feuerte, und der Haken am anderen Ende der Leine verfing sich in einem X-Träger.
Sie hangelten sich bis zu den Frachträumen hinüber und betraten sie über eine weitere Luftschleuse. Dort angekommen, öffneten sie ihre Visiere, fanden Brechstangen und machten sich sofort an die Arbeit.
"Gesegnet sei meine verfluchte gute alte Mutier", stieß Pitcairn nach einer Weile aus. "Zumindest einer auf Dusable leidet garantiert nicht unter der Depression."
Die Ladung bestand ausnahmslos aus
Luxusgütern. Exotische Nahrungsmittel. Schnäpse.
Weine. Eine Kiste war randvoll mit Juwelen.
"Wir haben die ganze Zeit von Spülwasser gelebt, dabei war dieses Zeug hier nur ein paar Meter entfernt. Ich muß mich wirklich beherrschen, um nicht durchzudrehen, Moran das Gesicht abzureißen und dann zur allgemeinen Plünderung aufzurufen.
Was jetzt?"
"Sehr interessant", befand Raschid. "Ist dir aufgefallen, daß auf keiner Packliste ein Kundenoder Adressenaufkleber zu sehen ist? Nur: Wie mit dem Kapitän verabredet."
"Okay. Ich sag's zum letzten Mal: was jetzt?"
"Ich glaube ... vielleicht doch Meuterei."
"Das macht die Sache einfacher. Was aber fangen wir hinterher mit all diesen Schätzen an? Die Schmuggler zahlen für so eine Fracht einen großen Batzen Credits."
"Vielleicht ist das die Option: erst meutern, dann Fragen stellen."
Die Meuterei ging kurz und schmerzlos über die Bühne, wenn man diese Redewendung etwas
großzügiger auslegte. Raschid hatte genaue Anweisungen gegeben, so daß nur vier der zwölf Verschwörer benötigt wurden; diejenigen, die Raschid für einigermaßen verläßlich hielt.
Jarvis war einfach. Cady wartete bei der
Weitere Kostenlose Bücher