Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten
würde.
"Unterstützung in begrenztem Umfang?" Kyes sagte, daß seine Unterstützung als Mitglied des Kabinetts kaum als etwas anderes angesehen werden konnte.
"Was erwarten Sie als Gegenleistung?" fragte sie.
"Nur das, was Sie mir auch ohne meine Unterstützung mitteilen würden", antwortete Kyes.
"Ich möchte Informationen. Ich möchte darüber informiert werden, wenn eines Ihrer Mitglieder ganz egal, an welchem Ende des Imperiums es sich aufhält - davon berichtet, den Imperator gesehen zu haben."
"Sie haben recht", sagte Zoran. "Keiner von uns würde diese Information zurückhalten. Schließlich wollen wir ja andere gerade davon überzeugen."
Darauf mußte Kyes nichts entgegnen.
"Sie werden überschüttet werden", sagte sie nach einer Weile. "Unsere Religion, wenn man sie so nennen will, wirkt auf viele Individuen mit, sagen wir mal, begeisterungsfähigem Wesen sehr anziehend."
"Dessen bin ich mir bewußt", gab Kyes zurück.
Zoran blickte ihn noch eine ganze Weile an. Dann entließ sie ihn mit einem ihrer wilden, schrillen Kichern.
Das Geschäft war abgeschlossen.
Kyes fuhr fort, sein Netz über die dunklen Wasser auszuwerfen. Während er damit beschäftigt war, konnte er sich nicht davon abhalten, immer wieder in das trübe Gewässer zu starren, in der Hoffnung, den großen, silbernen Schatten des Ewigen Imperators in der Tiefe zu entdecken. Die Übung war quälend und schmerzhaft. Er kam sich wie ein Verhungernder vor, der sich einen Lotterieschein gekauft hatte. Die Hoffnung, die diese Handlung nährte, mußte ihm momentan genügen. Wenigstens hatte er eine Zeitlang etwas zum Träumen. Und doch war diese Hoffnung nur ein hauchdünner Überzug für eine bittere Pille.
Doch Kyes war ein wahrer Meister der
Selbstbeherrschung. Er erkannte sofort den Ursprung seiner Schwermut und ging seinen Weg unbeirrt weiter. Während seine Kollegen wie im Rausch mit ihren Bluttaten zu Hause und auf den Honjo-Welten angaben, setzte er seine Trümpfe in einem ganz anderen, geheimen Spiel.
Jetzt blieb nur noch eine Frage offen, ein Schlüsselspieler unbesetzt. Es handelte sich um den potentiell schwierigsten und gefährlichsten von allen: Colonel Poyndex, den Chef des Mercury Corps. Doch als Kyes endlich festgesetzt hatte, wie hoch der Preis war, zögerte er keinen Augenblick.
Der Colonel war von Angesicht zu Angesicht nicht weniger frostig als damals auf dem Bildschirm, als er das Attentat angekündigt hatte. Poyndex lauschte jedem von Kyes' Worten mit konzentrierter Aufmerksamkeit. Er blinzelte nicht und lächelte nicht; er bewegte sich nicht einmal auf seinem Stuhl, nachdem er sich erst hingesetzt hatte.
Kyes wand sich vorsichtig um sein eigentliches Anliegen herum und stellte zunächst nurmehr die Fakten zusammen. Der Imperator war Berichten zufolge früher schon verschwunden; er vermied geflissentlich den Ausdruck "gestorben". Und jedesmal war er wieder zurückgekehrt. Die Versorgung mit AM2 folgte jedesmal dem gleichen Muster: während der vorgeblichen Abwesenheit des Imperators schwand der Vorrat immer mehr, und mit seiner Rückkehr stand bald wieder genügend AM2
zur Verfügung. Dieser Teil konnte belegt werden; Lagguth und Kyes' Computer hatte diese Aufgabe bewältigt. Die großen historischen Veränderungen in der Versorgungslage hinsichtlich AM2 traten immer dann auf, wenn sowohl die Gerüchte als auch der Mythos behaupteten, der Imperator sei
verschwunden.
Schließlich kam Kyes Zum Ende. Er machte es sich in seinem Sessel bequem und setzte eine ebenso undurchdringliche Miene wie der Geheimdienstchef auf.
"Ich habe mich schon gefragt, aus welchem Grund Sie sich mit dieser Frau namens Zoran getroffen haben", sagte Poyndex. "Jetzt wird mir einiges klarer. Als mir meine Agenten davon berichteten, konnte ich mir keinen Reim darauf machen."
Kyes kämpfte gegen den Impuls an, sein
Gegenüber erschrocken anzustarren. Poyndex mußte nicht wissen, wie schockiert er war, daß der Geheimdienst offensichtlich jedes Mitglied des Kabinetts beschattete. Man hatte ihn davor gewarnt, daß der Colonel solche Spielchen liebte und bei Unterhaltungen gerne die Oberhand durch
unerwartete Bemerkungen erlangte.
"Ich dachte mir, daß Sie das schockieren würde", konterte Kyes zurück. "Deshalb habe ich Sie um diese Unterredung gebeten."
Damit deutete er an, daß die Beschatter
möglicherweise selbst beschattet wurden, und zwar auf Kyes' Befehl. Das war zwar gelogen, aber sehr gut gelogen. Poyndex ließ sich zu
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