Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
Gefühl nicht so einfach abschütteln.
Endlich erreichten sie den Ausgang auf der
gegenüberliegenden Seite. Gleich dahinter lag die Pooshkan-Universität. Als Sten leise den Singsang der zornigen Studenten vernahm, hob sich seine Stimmung sofort wieder, und seine Schritte wurden elastischer. Damit konnte man sich wenigstens auseinandersetzen und das Problem vielleicht sogar lösen.
»Die Polizei bringt sich gerade in Stimmung«, sagte Alex, der mit einem Trupp Gurkhas als Kundschafter vorausgegangen war. »Die Transporter müssen jeden Moment hier ankommen. Mit Verstärkung. Die hohen Tiere haben sich ziemlich weit zurückgezogen, falls der Pöbel doch noch durchbricht.«
»Tolle Krieger sind das, einer wie der andere«, schnaubte Otho. »Aus der dritten Reihe kommandieren, um Kinder anzugreifen. Ich sage dir eins, mein Freund: An diesem Ort hier gibt es keine Ehre, Ich schwöre dir, es wird mir keinen besonderen Spaß machen, ihnen die Köpfe einzuschlagen.«
»Langsam, Otho«, beschwichtigte Sten. »Köpfe einschlagen gehört nicht zu deiner Arbeitsplatzbeschreibung. Ist dir entfallen, daß wir eine diplomatische Mission zu erfüllen haben?«
Am Ende der Straße konnten sie alle die bedrohliche Konkretisierung ihrer Mission sehen und hören. Sten schätzte mit geübtem Blick, daß dort ungefähr eine Zillion Wesen drauf und dran waren, mit Zähnen, Nägeln, Tränengas und Schußwaffen übereinander herzufallen. Auf die Schilde der Polizisten ging ein donnernder Steinhagel nieder, darunter auch dickere Brocken.
»Ich verspreche, daß ich nicht mehr als das hier benutze«, sagte Otho und schüttelte seine geballte, hinterschinkengroße Faust. Die anderen Bhor brummten zustimmend.
»Eure Befehle lauten«, fuhr Cind Otho an, »lediglich die offenen Hände zu benutzen, im Höchstfall Ellbogen und Knie.
Leichte Tritte sind ebenso erlaubt.«
Als Otho dieses kleine Ding betrachtete, das ihm da Befehle erteilte, breitete sich eine tiefe Stille aus. Cind wich seinem Blick nicht aus. »Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt...
Gefreiter?« fragte sie.
Otho stieß ein dröhnendes Lachen aus. »Bei den gefrorenen Arschbacken meines Vaters«, sagte er. »Alles klar, nur offene Hände.« Dann sah er Sten an und wischte sich die feuchten Winkel seiner blutunterlaufenen Augen. »Sie macht mich sehr stolz«, sagte er. »Sie erweist sich der Ausbildung und der Ideale der Bhor mehr als würdig.«
Während Otho noch mit seinen Gefühlen kämpfte, wurde das Geschrei am Ende der Straße immer lauter. Eine Polizeisirene stieß einen Warnton aus, auf den ein weiterer Steinhagel folgte.
»Ich will ja nich' drängeln, mein großer haariger Freund«, meinte Alex. »Aber wir haben uns um einen Krawall zu kümmern, oder hast du das vergessen?«
»Zunächst müssen wir näher heran«, wandte Cind ein und zeigte auf die konfuse Masse, die die Straße und den Torbogen zur Universität verstopfte.
Dann hörte Sten eine bekannte Stimme. »Bewohner von Jochi«, dröhnte es aus einem tragbaren Verstärker, »hört auf die Forderungen eurer Kinder ...«
Das war der junge Milhouz. Sten sah ihn hoch oben auf der Bodenplatte einer weiteren heroischen Statue des verstorbenen, nicht ganz so großen Khaqan stehen.
»Wir überbringen euch eine Botschaft der Hoffnung und Lie
...« Die Stimme brach ab, als eine Gruppe mit Schilden bewehrter Polizisten die Studenten angriff. Wut-und
Schmerzensschreie erschallten, die jedoch sofort von dem Gebrüll der Meute der erwachsenen Zuschauer übertönt wurden.
Dann war Jubel und sogar Gelächter zu hören, als die angreifenden Polizisten ihren Kurs änderten und sich überhastet zurückzogen. Milhouz spreizte die Finger zum Siegeszeichen.
Sten konnte jedoch erkennen, daß dieser Sieg nur von kurzer Dauer sein würde. Die Polizisten waren jetzt gedemütigt und sogar noch verängstigter als zuvor. Er sah, daß sie kurz davor standen, einen neuerlichen Angriff zu starten, diesmal jedoch mit größerer und tödlicherer Wucht.
Er nickte Cind zu. »Du kennst den Einsatzplan.«
Sie bewegten sich näher heran. Alex übernahm die Flanke und schlich sich mit den Gurkhas seitlich um die Polizisten herum. Cind nahm einige Bhor mit, um zwischen Alex und die wütenden Zivilisten zu gelangen. Sten, Otho und ungefähr zwanzig Bhor gingen einfach drauflos, mitten durch die Polizisten.
»Hoppla! Entschuldigung«, sagte Cind, nachdem sie einen Ellbogen in einen untersetzten Tork, offensichtlich einen
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