Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
Sonnensysteme, dieselben Planeten. Doch anstelle sich über unser gemeinsames Schicksal klarzuwerden, vergeuden wir unsere Substanz in sinnlosen Fehden, deren Ursprung uns schon lange entfallen ist. Wir hassen unseren Nachbarn, weil sich sein genetischer Code von dem unseren unterscheidet.
Aber wir stammen alle vom selben universellen Plasma ab, egal, welcher Spezies oder Rasse wir angehören, von welchem Planeten wir kommen.
Ihr kennt mich.
Ihr wißt, welche Gerechtigkeit und welche Ehre ich repräsentiere.
Ihr wißt, daß ich lange Jahre im Exil verbracht habe, von wo aus ich auf jede mir mögliche Art dafür gekämpft habe, diese Khaqan genannte Abscheulichkeit zu stürzen. Und es ist mir gelungen.«
»Jawoll. Dir und 'nem kleinen Gehirnschlag. Als nächstes behauptet er noch, er hätte AM2 und den Scotch erfunden.«
»Jetzt ist die Zeit für unsere nächste Aufgabe gekommen.
Jetzt ist die Zeit gekommen, und es ist allerhöchste Zeit...«
Sten schaltete den Ton weg und ließ Iskra stumm weitergestikulieren. Er und Alex waren allein in dem Wohntrakt der Botschaft, der Sten zugewiesen worden war, einem Trakt, der ständig sicherheitsüberprüft und nach Wanzen abgesucht wurde.
»Du hältst das für eine Schreimöwe, weil es tatsächlich eine ist«, sagte er zu Alex. Er zeigte auf einen großen Stapel Fiches und Abhandlungen.
»Hast du den ganzen Kram, den der Doc von sich gegeben hat, schon durchgeackert?« erkundigte sich Alex mitfühlend.
»Ein paar davon habe ich gelesen. Den Rest habe ich mir zusammenfassen lassen. Iskra ist nicht gerade der kristallklarste Schreiber unter der Sonne. Dabei hält man ihn überall für einen brillanten Redner.«
»Mein Adrenalin hat der Holzkopf jedenfalls nich' zum Rauschen gebracht«, pflichtete ihm Alex bei.
»Meins auch nicht. Soweit ich das einschätzen kann, und ich bin alles andere als ein politischer Philosoph, scheint seine Hauptthese darin zu bestehen, zuerst einmal alles zur Seite zu fegen, was der Khaqan getan hat, und erst hinterher zu überlegen, was als nächstes geschehen soll. Irgendwo sagt er,
>daß diese Neue Ordnung biegsam und beweglich gehalten werden müsse, immer offen für neues Werden, neuen Wandele Er hat es ziemlich mit der Alliteration.«
»Er is' ja auch wirklich 'n Arsch, um nicht noch drastischer zu werden. Und ich hab' noch nich' herausgefunden, ob er ihm womöglich nicht nur alleine gehört. Natürlich ist derjenige, der den neuen Herausforderungen besonders flexibel begegnet, unser guter Dr. Iskra selbst.«
»Natürlich. Er ist weitgereist, er ist studiert. Er hat vergleichende Analysen zu jeder herumschwirrenden politischen Theorie angestellt, inklusive der des Imperators. Ich wußte nicht, daß ihn der Imp nach dem Krieg als Territorialgouverneur eines Sonnensystems der Tahn eingesetzt hat. Er 'hat seine Sache gut gemacht; zumindest sagt er das.«
»Wundert mich nich'«, sagte Alex. »Nach dem, was die Tahn vorher kannten, wußten die sowieso nich', ob sie Männchen oder Weibchen waren. Doc Iskra, was sag' ich, sogar jeder Campbell wäre denen wie ein liberaler Gott erschienen.
Aber was ist mit dem tatsächlichen Problem? Alle diese Rassen, die nicht glücklich sind, wenn sie sich nicht gegenseitig die Kehlen aufschlitzen dürfen? Hat Iskra in dieser Richtung einen Plan?«
Sten schüttelte den Kopf. »Er redet viel von Gleichheit.
Aber am Schluß kommt immer heraus, daß einige Leute im Altai-Cluster den anderen ein bißchen überlegen sind.«
»Laß mich raten. Da Iskra nun mal Jochianer ist, findet er bestimmt, daß die Jochianer die überlegensten von allen sind.«
»Korrekt.«
»Na wunderbar. >Hütet euch vor dem neuen Boß - es ist der gleiche wie der alte.< Und dabei ist der alte Iskra das große Los, eigenhändig vom Imp gezogen. Ich hab' ja nix dagegen, daß er ein Diktator ist; wir beide haben über die Jahre selbst nicht wenige von diesen Säcken eingesetzt. Was mir nicht paßt, ist die Tatsache, daß der Kerl nicht das kleinste bißchen Subtilität oder Geduld an den Tag legt. Schätze mal, er ist von der Sorte, die die ganze Welt haben wollen, und zwar schon vorgestern.«
»Mit diesem Anspruch kann ich leben«, sagte Sten. Er blickte wieder auf den Bildschirm und die angemessen enthusiastischen Personen hinter Iskra. »Ich würde gerne wissen, was Iskra seinem Rumpfparlament erzählt hat, abgesehen von den üblichen Nettigkeiten ... Siehst du jemanden, den wir vielleicht bestechen könnten?«
Kilgour
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