Sten 8 Tod eines Unsterblichen
einfachste Labyrinth ausgesucht. Wir nehmen den äußersten, linken Tunnel. Von da an halten wir uns immer links, egal wie viele Abzweigungen sie uns anbieten, und du wirst sehen, wir kommen im Handumdrehen ans Ziel."
"Wenn du dich irrst, irren wir womöglich stundenlang herum. Die ganze Mission könnte scheitern, ganz zu schweigen davon, wie kalt uns der Wind dann entgegenbläst."
"Du zweifelst an mir? An mir, Otho, dem Meister des Labyrinth-Spiels?" Angesichts dieses Mangels an Vertrauen weiteten sich Othos rotgeränderte Augen vor Erstaunen.
Cind zögerte einen Moment, zuckte dann jedoch die Achseln. "Führe uns", sagte sie.
Und das tat Otho. Sie gingen rasch den linken Korridor hinab, der plötzlich eine Biegung machte, die Richtung änderte und sich in eine Reihe weiterer Möglichkeiten gabelte. Aber Otho wählte immer den linken Gang. Manchmal führte der Weg in Sackgassen, und sie mußten ein Stück zurückgehen, um ihren Weg von der letzten Abzweigung aus weiterzuverfolgen.
Mit einem Mal bog der Korridor scharf nach links ab; es war fast genauso ein Knick wie der erste, der sie verwirrt hatte. Sie standen vor einem Schott.
Hinter dem Schott war leises elektronisches Summen zu hören.
Mit übertriebenem Pathos wies Otho auf das Schott. "Unser Ziel", intonierte er. Er blitzte Cind an und erwartete zweifellos ein kräftiges Lob.
Doch Cind nickte nur bestätigend und rannte zu dem Schott. Sie löste ein Abhörgerät von ihrem Kampfanzug, legte es auf das Schott und lauschte.
Einen Moment später gab sie das Schott frei, drückte auf einen Schalter, und es öffnete sich mit einem zischenden Geräusch.
Licht umflutete den sorgfältig durchdachten Computer, der alle Funktionen des AM2-Depots kontrollierte.
Cind stürzte in den Raum und ging direkt auf den Computer zu. Sie warf einen kurzen Blick auf die verschiedenen Optionen, drückte einige der Tasten, grinste, nahm dann ein programmiertes Fiche aus ihrer Gürteltasche und fütterte die Maschine damit.
Otho und die anderen Bhor nahmen ihre
vorgesehenen Sicherheitspositionen ein. "Die Jugend ist heutzutage so hartherzig", beschwerte sich Otho. "Die Erfahrung der Älteren gilt ihnen nichts mehr. Als ich noch jung war - noch zu jung, um Stregg zu trinken, es sei denn, mit der Muttermilch -
hätte mir meine Mutter bei
lebendigem Leibe die Haut abgezogen, wenn ich so wenig Respekt gezeigt hätte."
"Komm schon, es hat doch keinen Sinn, sich zu beklagen.. Zumindest hatte ich viel Spaß bei deinem Labyrinth-Spiel."
Er versetzte seinem Korporal einen kräftigen Schlag auf den Rücken. "War das nicht eine tolle Sache?"
Ehe der Korporal antworten konnte, ertönte ein unglaublich hohes Quietschen, dem ein lautes Gellen der Alarmanlage folgte.
Als die Computerstimme aus den Lautsprechern dröhnte und im ganzen Depot zu hören war, sprintete Cind aus dem Kontrollzentrum.
"Das Depot ist soeben von einem Meteoriten getroffen worden. Betroffener Sektor: das wichtigste AM2-Lager. Eine AM2-Explosion steht unmittelbar bevor. Das Personal wird aufgefordert, das Depot sofort zu verlassen. Vorgehen nach
Notfallverordnung 1422A. Keine Panik.
Wiederhole: Keine Panik. Ich wiederhole: Meteoritenaufprall."
"Jetzt nichts wie weg hier", rief Cind. Sie jagten los und arbeiteten sich aus dem Labyrinth heraus, wobei sie sich dieses Mal immer rechts hielten.
Im ganzen Depot kämpfte das Personal um die Plätze in den Rettungsschiffen. Während der Alarm gellte und die Computer ständig Anweisungen gaben, keine Panik aufkommen zu lassen, wurde gekratzt und geprügelt, um doch noch
mitzukommen. Innerhalb weniger Minuten hatte sich das Depot vollständig geleert. In kurzen Abständen hoben die Rettungsboote in den Hangars ab, wobei nicht wenige auf dem Weg zur sicheren Planetenoberfläche zusammenprallten.
Cinds Container startete in aller Ruhe.
Sie gab drei kurze Funk-Impulse durch. Mission erfüllt.
An Bord der Victory signalisierte Freston den Empfang der Botschaft und erteilte der Aoife sofort den Befehl, das Team an Bord zu nehmen und mit ihm zurückzukehren.
Freston wandte sich an Sten. "Alles bereit, Sir."
"Dann los."
Der AM2-Konvoi und das verlassene Depot trieben schweigend in ihrem Orbit dahin, als plötzlich die Victory aus dem Hyperraum auftauchte. Ihre Raketenabschußschächte öffneten sich, und die Victory zeigte die Zähne. Sechs Kalis schössen heraus.
Bevor sie ihr Ziel gefunden hatten, war die Victory schon längst wieder verschwunden.
Auf Dusable
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