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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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Schulfesten, zur Konfirmation kam Sibylle nach Hamburg. Mirko stellte fest, dass er gerne an diese Begegnungen dachte. Sie hatten immer versucht, sich respektvoll und versöhnlich zu begegnen. Das wiederum war ihm leicht gefallen, leichter als Sibylle.
    „Hallo, Papa, warum sitzt du hier im Dunkeln?“ Mirko fuhr auf. Er hatte Meike gar nicht hereinkommen hören. Sie schaltete das Licht ein, so dass er einen Augenblick geblendet war.
    „Setz dich erst mal“, sagte er. „Ich muss dir etwas Trauriges sagen.“
    Er erzählte seiner Tochter, dass ihre Oma am frühen Morgen gestorben war. Meike saß reglos da. Ihre Sporttasche rutschte ihr langsam von der Schulter und fiel zu Boden. Eine Träne rollte ihre Wange herunter. Mirko stand auf und zog Meike in die Arme. Er liebte seine kleine, große Tochter in diesem Moment vielleicht noch mehr als sonst. Sie war so spontan und ehrlich. Sie zeigte ihre Gefühle und war offen für seinen Trost und seine Nähe. Das hatte sie dann wohl eher nicht von ihm. Oder hatte er bei ihr endlich kapiert, was er mit Sibylle falsch gemacht hatte?
    Sie standen eine Weile so. Dann setzte Meike sich wieder und sagte: „Wir fahren doch hin, oder? Wann ist die Beerdigung?“
    „Am Freitag. Ja, wir fahren hin. Am Donnerstag nach der Schule fahren wir los. Dann können wir bis Sonntag bleiben. Und jetzt muss ich ans Telefon und ungefähr 10 Patienten anrufen. Die werden nicht begeistert sein, wenn ich ihre Termine verschiebe.“
    „Sie werden es überleben“, meinte Meike.
    Dafür würde Mirko nicht in jedem Fall die Hand ins Feuer legen. Auch hier hörte er Sibylles Stimme aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit zu ihm sprechen: „Es ist nicht deine Schuld, wenn deine Patienten sich was antun. Du kannst nicht Tag und Nacht für sie da sein, nur damit sie keinen Mist bauen. Du hast eine Familie, die dich braucht, ein Baby!“
    Vielleicht wenn sie gesagt hätte: „Ich brauche dich.“ Hätte er dann auf sie gehört?
    –
    Henry fuhr aus dem Schlaf. Sein Herz pochte, das Schlafanzugoberteil war schweißnass. Er hatte einen Albtraum gehabt. Er hatte geträumt, dass er so im Bett lag wie jetzt und schlief, aber in den Wänden um ihn herum raschelte und kratzte es. Er wusste auch warum, es liefen Ratten in den Wänden hin und her, im ganzen Pfarrhaus. Er wusste es und versuchte dennoch zu schlafen. Doch das Geräusch der herumlaufenden Ratten hielt ihn wach. Er machte sich Sorgen um die Kinder und fragte sich, wo die Ratten ihre Ausgänge hatten. Ein fürchterlicher Traum! Warum träumte er so was? Albträume waren etwas für Kinder. Was hatte ein erwachsener Mann Albträume zu haben? Langsam beruhigte sich sein Herz. Er sah hinüber zu Elisabeth, die auf dem Rücken lag und leise schnarchte. Sie schlief so tief, wie er jetzt hellwach war.
    Da war das Geräusch wieder. Henry lief es eiskalt den Rücken hinunter. War es gar kein Traum gewesen? Oder war er noch nicht wach? Eindeutig ein Rascheln und Kratzen, aber, wie er zu seiner großen Erleichterung feststellte, kam es nicht aus den Wänden, sondern von draußen. Die Katzen sicher. Die Katzen des benachbarten Bauernhofes betrachteten den Pfarrgarten in der Nacht als ihr ureigenes Jagdrevier. Gott sei Dank, es gab eine ganz einfache Erklärung für seinen Albtraum. Henry legte sich wieder hin. Vielleicht gab es doch noch einen Zipfel Schlaf, den er ergreifen konnte, wenn er jetzt nicht weitergrübelte, sich stattdessen ins weiche Kissen legte, in die warme Decke wickelte.
    Aber war es nicht ein bisschen kalt für die Katzen? Es war die warme Jahreszeit, in der die Katzen nachts den Pfarrgarten bevölkerten. Im Winter lagen sie in der warmen Scheune, die ans Pfarrhaus grenzte. Henry schloss die Augen und versuchte, in einen gleichmäßigen Atemrhythmus zu kommen. Elisabeths Schnarchen wurde ebenfalls regelmäßig und legte jeden Atemzug ein paar Dezibel zu. Er rüttelte vorsichtig an ihrer Schulter. Sie machte ein schnappendes Grunzgeräusch, drehte sich auf die von ihm abgewandte Seite und schlief jetzt ruhig weiter.
    Und jetzt hörte er Geräusche, die nicht von draußen kamen. Er hob den Kopf einige Zentimeter und lauschte in die Stille des nächtlichen Pfarrhauses. Nichts. Doch, jetzt wieder. Aber was war das? Ein ganz leises Klopfen oder Antippen, weit weg, kaum hörbar. Eine Diele knarrte. Es kam von unten. Henrys Puls beschleunigte. Bei seinem Vorgänger war im Pfarrhaus eingebrochen worden. Waren jetzt wieder Einbrecher im Haus? Was sollte

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