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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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toll vor ihm geschützt.“ Thomas verstand nicht, worauf Henry hinauswollte.
    „Vielleicht hat es einige Leute bewahrt“, überlegte Henry.
    Thomas sah ihn fragend an.
    „Ich glaub, ich weiß jetzt, was er mit den Festplatten will.“ Henry stand auf. „Ich muss telefonieren.“ Er ging aus der Kirche.
    „Kannst du mal sagen, was los ist?“ Thomas und die Kinder waren ebenfalls aufgestanden und liefen hinter Henry her, der jetzt im Laufschritt zum Pfarrhaus rannte.
    „Ich hasse es, wenn er das macht“, murmelte Thomas zwischen seinen Zähnen.
    –
    Schurig öffnete vorsichtig die Tür am Ende des Treppenhauses. Ein paar Stufen weiter oben brauste ein Auto vorbei. Er sah auf eine Straße, die auf seiner Seite von einer Betonmauer eingegrenzt wurde und auf der anderen Seite ein Brückengeländer hatte. Er stieg die Stufen hoch und sah nach links, dann nach rechts. Von rechts kam der Hilfssheriff angerannt, ein Dicker in Uniform und ein Mann in Zivil rannten hinter ihm her.
    „Das war dein letztes Hintertürchen, Bursche!“, rief der Sheriff.
    Schurigs Augen scannten die Straße ab. Er griff in seine Hosentasche. Unter seinen Füßen vibrierte es. Als der Polizist bei ihm angekommen war, stieß Schurig sein Messer, so fest er konnte, in das Bein des Polizisten und rannte los. Er rannte schräg über die Straße, schwang sich über die Brücke und ließ sich fallen.
    –
    Paul ging zu Boden, als der Schmerz in seinen Oberschenkel fuhr. Er presste die Hand auf die Wunde und sah gerade noch, wie Schurig über die Brücke flog. War er lebensmüde? Dann hörte er sie, bevor er sie sehen konnte. Jenseits der Brücke schlängelte sich die S3 nach Bad Soden zwischen den kahlen Bäumen entlang. Paul humpelte über die Straße zum Brückengeländer. Der Schmerz in seinem Oberschenkel machte ihn wahnsinnig. Schurig lag auf dem Dach, die Arme ausgebreitet, als wollte er den Zug umarmen.
    „Bei euch ist richtig was los“, stellte Röhrig anerkennend fest.
    –
    Adrenalin rauschte durch Schurigs Körper. Das war verdammt knapp gewesen. Wenn er ein bisschen mehr in die Mitte der Bahn gesprungen wäre, hätte er die Oberleitung erwischt. Dann wäre es jetzt vorbei mit ihm. Ein bisschen weiter links und er läge jetzt mit gebrochenen Knochen auf der Erde. Schurig ließ vorsichtig den rechten Arm locker. Er tastete in seiner Jackentasche nach dem Handy. Er hielt es fest und führte es am Körper entlang nach oben und wählte mit einer Hand.
    Torat antwortete nach dem zweiten Klingeln. Schurig blieb nur noch ein Moment. Die S-Bahn hatte das Continental-Gebäude schon hinter sich gelassen und fuhr auf die Station Sulzbach Nord zu.
    „Johannes, du musst mich am Bahnhof in Sulzbach Nord abholen. Auf dem Parkplatz beim Wald. Jetzt sofort.“
    Schurig beendete das Gespräch, steckte das Handy ein und rollte zur Seite des Dachs. Als die Bahn in den Bahnhof einlief, ließ er sich vom Dach fallen und stolperte durch das Gestrüpp davon. Noch betäubte Adrenalin den Schmerz vom Aufprall auf dem Zugdach. Adrenalin und sein Wille zu entkommen.
    –
    Torat ließ das Handy sinken. Er starrte aus der Windschutzscheibe, bis er verblüfft merkte, dass ihm Tränen die Wangen hinunterliefen. Es hörte nie auf, oder? So war es doch? Schurig ging nicht weg. Es wurde alles schlimmer. Gerade als er gedacht hatte, dass er ihn loswurde, ihm die Handschrift gab und sich damit freikaufte, da kam Sibylle und sie steckten schlimmer in der Klemme als vorher. Dann hatte er diesen unsäglichen Abend überstanden, geredet, geflirtet, obwohl ihm übel war vor Angst. In der Nacht mit Stephanie in seinem Bett hatte er kein Auge zugemacht, wie schon die Nacht davor. Er war total am Ende.
    Es war ein Gefühl wie an dem Abend, als er von der Chorprobe nach Hause gekommen war. Schurig hatte sich am Nachmittag von ihm verabschiedet, hatte offenbar eine neue Bleibe gefunden, es war Torat egal gewesen. Er war einfach nur erleichtert, dass dieser Besuch endlich beendet war. Leichten Herzens war er zur Chorprobe gegangen und hatte sie tatsächlich genossen. Es war ja gar nicht so schlecht, sein Leben als Kantor. Harmlose, freundliche Leute um ihn herum, die ihn noch dazu bewunderten. Die Musik war ambivalent. Wenn er nicht von ihr leben müsste, würde er sie vielleicht lieben. Aber an diesem Abend, da liebte er sie.
    Beschwingt und erleichtert war er nach Hause gekommen. Es hatte im Flur Licht gebrannt, was schon ungewöhnlich war. Ursel ging früh zu Bett und es war

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