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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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den Nerven die Empfindung mitzuteilen. Also zum Wald. Oder lieber nicht zum Wald? Würden da nicht mehr Spaziergänger herumlaufen als auf einer Straße im Wohngebiet am Sonntagmittag?
    Er zuckte zusammen. Ein Auto näherte sich. Er spähte zwischen den ihn verbergenden Wagen hindurch, konnte nichts erkennen. Das Auto hielt und der Motor stotterte aus. Wenn das Torat war, hatte er eine Chance. Er richtete sich auf. Der Schmerz griff gleich an mehreren Punkten an. Am Schlimmsten in seinem rechten Bein. Er spähte über das Wagendach vor ihm. Aus einem Polo stiegen zwei junge Frauen.
    Wenn er jetzt zuschlug, konnte er mit dem Polo fliehen, aber der Gedanke kam viel zu spät. Bevor das Wrack, das sein Körper jetzt war, zum Sprung ansetzen konnte, hatte die Fahrerin schon die Tür zugeknallt und die Frauen bewegten sich vom Parkplatz weg. Er hatte nicht die Kraft, zwei Frauen zu überfallen und der Fahrerin den Schlüssel zu entwinden. Selbst wenn, das Risiko, dass jemand dazukam war zu groß, jedenfalls jetzt, wo noch eine hauchdünne Chance bestand, dass Johannes kam und ihn rettete. Johannes, wo bleibst du?
    –
    Pauls Handy klingelte.
    „Hier ist ein Organist, der Sie sprechen will.“ Der Mann von der Leitstelle klang selbst erstaunt über seine Worte.
    „Seid ihr völlig bescheuert?“ Paul hielt einen Schal auf die Wunde in seinem Oberschenkel, den ihm irgendjemand gegeben hatte. „Der Verdächtige flieht auf der S-Bahn und ihr macht Telefonscherze?“
    „Er will was zum Verdächtigen auf der S-Bahn sagen.“
    „Stell ihn durch!“ Der Mann gehörte zum Milupa-Kundentelefonservice versetzt.
    –
    Eine Wolke von Abgasen flog ihn an und verflog wieder. Schurig hörte jetzt definitiv Hundegebell. Der Wald war keine Option, wenn sie mit Hunden kamen, denn er führte ihn wieder näher zu den Gleisen, wo sie nach ihm suchten. Den nächsten Jogger würde er sich schnappen. Da hörte er wieder ein Auto. Er spähte über ein Autodach auf die Zufahrt des Parkplatzes. Das war es. Der Audi, den Johannes mehr liebte, als gut für ihn war, bog im Schritttempo auf den Parkplatz ein. Schurig beobachtete den Wagen, bis er sicher war, dass Johannes drin saß und allein war. Er löste sich aus seinem Versteck und humpelte auf den Audi zu.
    –
    Pauls Handy klingelte zum zweiten Mal.
    „Jetzt will Sie ein Pfarrer sprechen.“ Paul konnte das Grinsen des Leitstellen-Diensthabenden vor sich sehen. „Dachte nicht, dass es so schlimm für Sie steht. Der Krankenwagen wegen dem Messerstich ist unterwegs.“
    „Was für ein Pfarrer?“
    „Henry. Ich soll sagen, ‚Henry will Sie sprechen‘.“
    „Stellen Sie durch.“ Paul hoffte für Henry, dass der einen guten Grund hatte, ihn zum Gespött der Leitstelle zu machen.
    „Paul? Na endlich. Ich weiß jetzt, wofür er die Festplatten braucht.“
    „Na, dann schieß mal los.“ Der Krankenwagen bog um die Ecke und zwei Sanitäter sprangen heraus. Sie kamen, ihn ins Krankenhaus zu fahren. Blum hatte sich doch partout geweigert, den verletzten Kollegen auf die weitere Verfolgung mitzunehmen.
    –
    „Stehen bleiben!“
    Schurig konnte nicht erkennen, wer das gesagt hatte, aber plötzlich traten hinter Autos und Büschen Polizisten hervor, die Waffen auf ihn gerichtet. Schurigs Augen trafen Torats für den Bruchteil einer Sekunde. Angst und Trotz las Schurig in ihnen und noch etwas Drittes. Er hatte den Kopf nicht frei, darüber nachzudenken. Er war umringt von Polizisten. Er hörte, wie das Bellen der Hunde lauter wurde. Er war schon immer ein Spieler gewesen. Wenn er ein schlechtes Blatt hatte, bluffte er sich durch. Wenn es sein musste, setzte er alles auf eine Karte. Nur Verlieren kam nicht infrage. Er sah zum wolkenverhangenen Winterhimmel, wie um von dort Kraft zu tanken. Dann stieß er einen Schrei aus, der selbst in seinen Ohren mehr wie der Laut eines Tieres als der eines Menschen klang. Schreiend stürzte er sich auf den ihm am nächsten stehenden Polizeibeamten, der zurückwich, taumelte und stürzte.
    –
    Blum hörte den grotesken Schrei, der den Flüchtigen wie ein Monster erscheinen ließ, und registrierte, wie dieser sich auf den jungen Kollegen stürzte. Er sah mit offenem Mund zu, wie der Mann gegen alle Vernunft zum Angriff ansetzte, obwohl das Spiel für ihn längst aus war. Hier standen zehn bewaffnete Beamte, einer davon er, Blum, bereit abzudrücken. Das Schreien hörte auf, als der Mann mit dem zurücktaumelnden Beamten zusammenstieß und beide zu Boden

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