Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
nach Hause verfrachtet werden, in herrlicher Ahnungslosigkeit darüber, dass ihre Todesurteile aufgehoben worden waren. Martin hatte für diesen Punkt des Abkommens von seinem Kontaktmann in Bagdad einen Preisnachlass erhalten, doch er würde die gute Nachricht nicht an Jake weitergeben - was er im Moment allerdings auch gar nicht gekonnt hätte. Jakes Website war abgestürzt. Er war offline. Man bekam von ihm nur Fehlermeldungen und die Information, dass der Zugriff verweigert wurde.
»Mantega sagt, er kennt die Leute, die den Schatz des Alarich gefunden haben.«
Einen Moment lang glaubte Martin, Tom spräche Italienisch. Er hörte die Worte klar und deutlich, konnte ihnen aber keinen Sinn geben.
»Mantega?«, fragte er.
»Der Notar, der als …«
»Notar!«, kreischte Martin. »Was interessieren mich Scheißnotare? Wenn sie was taugten, wären sie Rechtsanwälte. Ein gottverdammtes Vermögen ist gerade den Bach runtergegangen, und du erzählst mir was von Notaren! Bist du verrückt geworden? Verrückte mit an Bord eines Flugzeugs zu nehmen ist gegen die Bestimmungen der Bundesluftfahrtbehörde. Kauf dir selbst ein Ticket nach Hause!«
Tom ließ sich nicht unterkriegen. Heute Morgen auf dem Weg zurück nach Rende hatte er Mirella angerufen und eine Verabredung zum Abendessen vorgeschlagen. Sie hatte gesagt, sie würde in ihrem Terminkalender nachsehen und sich wieder melden. Zumindest hatte sie nicht nein gesagt. Und vor Martin Nguyen hatte Tom keine Angst.
»Mantega ist bereit, sich mit diesen Leuten in Verbindung zu setzen und sie zu bitten, Ihnen einige Musterstücke zukommen zu lassen, die Sie von einem unabhängigen Experten Ihrer Wahl auf ihre Echtheit prüfen lassen können. Wenn Sie davon überzeugt sind, dass die Stücke echt sind, stünden weitere Stücke auf Einzelpreisbasis zur Verfügung.«
Martin durchbohrte Tom mit seinem Blick. »Woher wusste Mantega, dass wir nach dem Schatz suchen? Wieso hat der unsere Filmgeschichte nicht geschluckt?«
»Nun ja, da war dieses Interview mit Aldobrandini im Fernsehen. Danach hat sich Mantega, so wie ich ihn einschätze, vermutlich umgehört. Den Piloten oder das Bodenpersonal befragt. Woher soll ich das wissen? Es ist schwierig, eine Operation dieser Größenordnung an einem Ort wie diesem geheim zu halten.«
Das klang irgendwie plausibel, und außerdem war es das, was Martin hören wollte.
»Okay, sag deinem Freund, dem Notar, dass wir ihm vierundzwanzig Stunden geben. Das ist die Bedingung, und darüber gibt es nichts zu verhandeln. Innerhalb dieser Zeit muss er uns Musterstücke zur Begutachtung liefern.«
Er warf Tom raus und fing an, Zeit, Geld und Mittel zu berechnen. Martin war schon immer ein Meister im Multitasking gewesen, aber er hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, es mit einem so hohen Einsatz zu tun. Es gab da dieses wunderschöne Stück Land oberhalb des Flusses Da Rãng, auf das er schon seit Jahren ein Auge geworfen hatte. Er hatte oft davon geträumt, dort zu überwintern, sich vielleicht sogar irgendwann dort zur Ruhe zu setzen und für immer nach Hause zurückzukehren. Das Land öffnete sich von Jahr zu Jahr mehr nach außen, selbst für die Söhne ehemaliger Folterknechte. Der größte Teil der Bevölkerung war unter vierzig und hatte nur noch ganz vage Erinnerungen an diese Zeiten. Außerdem waren die Vietnamesen notwendigerweise stets pragmatisch gewesen. Sie mochten zwar immer noch ein Lippenbekenntnis zur Parteilinie ablegen, aber im Grunde wollten sie nur dein Geld. Martin beschloss, dass es an der Zeit war, seine kulturelle und ethnische Herkunft geltend zu machen und zu seiner indochinité zurückzukehren.
Er ging auf eine Rechercheseite im Internet, die Collegestudenten mit geringen Stipendien und Pensionäre im besten Alter beschäftigte, die alles, was es über eine einzige Sache zu wissen gab, wussten, und innerhalb von zwanzig Minuten hatte er eine Liste von einem Dutzend möglicher Kandidaten, die er mit Hilfe einiger Anrufe erst auf sechs, dann auf drei reduzierte, bevor er sich für den Kurator für antike Kunstschätze an einem Museum in Bukarest entschied. Martin hatte Rumänen immer mit schwulen Vampiren assoziiert und mit Taxifahrern, die im Dunkeln ohne Karte und Taschenlampe selbst ihren eigenen Arsch nicht finden konnten, doch es stellte sich heraus, dass die Römer vor langer Zeit dort gewesen waren und haufenweise Zeug hinterlassen hatten, für das dieser Gheorghe Alecsandri ein weltweit anerkannter Experte
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