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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dibdin
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Gepäck geholt hatten, strebten sie dem Ausgang zu. Keiner von ihnen bemerkte den jungen Mann, der die Buchtitel im Fenster eines bereits geschlossenen Zeitungsladens studiert hatte und ihnen nun nach draußen folgte, wo er mit einer heftigen Umarmung und einem schmatzenden Kuss stürmisch von einer sehr attraktiven brünetten Frau begrüßt wurde, die neben einem verbeulten Fiat Panda stand. Toms Begleiter führte ihn zu einem Alfa Romeo, der auf einer Spur parkte, die ausschließlich für Rettungsfahrzeuge bestimmt war. Er bedeutete dem Amerikaner einzusteigen, dann setzte er sich hinters Lenkrad und startete den Motor.
    »Gibt es irgendetwas Neues?«, fragte Tom Newman, als das Auto mit hoher Geschwindigkeit in die Dunkelheit jenseits der Flughafenbeleuchtung fuhr. Mantega schüttelte trübsinnig den Kopf.
    »Leider nein. Aber das ist in so einem Fall nicht ungewöhnlich. Es ist ganz normal, sogar beruhigend.«
    Der Alfa verlangsamte sein Tempo ein wenig, um die scharfe Kurve der Auffahrt zu nehmen, dann waren sie auf der autostrada und fuhren Richtung Norden nach Cosenza.
    »Beruhigend?«, fragte Tom zweifelnd. »Das verstehe ich nicht. Die Entführer hätten sich doch längst melden und ihre Lösegeldforderung stellen müssen. Je länger sie zögern, desto größer ist das Risiko, dass irgendetwas schiefgeht.«
    Mantega lächelte überlegen. »Für die kann nur beim Aufgreifen des Opfers und bei der Geldübergabe etwas schiefgehen. Ersteres ist offenbar aus deren Sicht reibungslos abgelaufen. Nun müssen sie sich nur noch Gedanken um Letzteres machen. Sie werden sich Zeit lassen und versuchen, so viele Informationen wie möglich aus ihrem Opfer herauszuholen …«
    Der Sohn des Opfers sah ihn entsetzt an.
    »Nein, nein, nicht mit Brutalität«, fuhr Mantega im Plauderton fort. »Das haben die gar nicht nötig. Ihr Vater ist wie jedes Entführungsopfer völlig auf sie angewiesen, um das Lebensnotwendige zu erhalten. Essen, Wasser, Schlaf. Sie brauchen ihm nur damit zu drohen, ihm eins davon zu entziehen, und schon haben sie seine völlige Kooperationsbereitschaft. Dementsprechend werden sie ihre Pläne machen und dann, und nur dann, werden sie das Risiko eingehen, eine dritte Partei zu kontaktieren, mit einiger Wahrscheinlichkeit mich, und die Bedingungen für seine Freilassung nennen.«
    »Aber sie halten ihn irgendwo versteckt, und man hat mir gesagt, dass die Polizei eine groß angelegte Ermittlung eingeleitet hat«, wandte Newman ein. »Mit jedem Tag, den sie verstreichen lassen, erhöht sich doch die Chance, dass er gefunden wird.«
    Mittlerweile war Mantegas Lächeln unverhüllt spöttisch. »Ihr Italienisch ist zwar sehr gut, signore , wenn auch nicht ganz so gut wie das Ihres Vaters, aber ich fürchte, Sie haben nicht viel Ahnung von dem, worüber Sie da reden. Die Entführung ereignete sich auf der Straße, die zu meiner Villa führt, etwas außerhalb von Cosenza. Zwanzig Minuten später befand sich das Fahrzeug mit Ihrem Vater wahrscheinlich auf dieser Straße hier, aber auf der anderen Seite, Richtung Reggio. Und allerhöchstens eine Stunde darauf waren er und seine Entführer hoch oben im Aspromonte-Gebirge.« Er zeigte mit dem Daumen Richtung Heckfenster. »Alle Regierungen - seien es die alten Griechen und Römer, die normannischen Eindringlinge, die spanischen Kolonisatoren oder die nationalistischen Mailänder - haben immer wieder versucht, ihren Gesetzen im Aspromonte Geltung zu verschaffen. Doch das ist jedes Mal gescheitert. Das Gebirgsmassiv ist eine gewaltige zerklüftete Landschaft, rau und karg, an vielen Stellen praktisch unpassierbar und mit Grotten und Höhlen durchsetzt. Die Menschen sind primitiv, ungebildet, knallhart und sagen niemandem die Wahrheit außer ihren Familienangehörigen, und selbst denen nicht immer. Natürlich versucht die Polizei, Stärke zu demonstrieren, doch nur, um ihr Gesicht zu wahren. Ich könnte sämtliche Leute, die gerade mit Ihnen im Flugzeug aus Mailand gekommen sind, ein Jahr dort oben verstecken, und niemand würde sie finden!«
    Tom sah ihn neugierig an. »Das könnten Sie, Signor Mantega?«
    Mantega zögerte einen Moment, dann lachte er leise. »Wie ich bereits sagte, ist Ihr Italienisch nicht ganz so gut wie das Ihres Vaters. Was ich gemeint habe, war, dass rein theoretisch all diese Leute oben im Aspromonte versteckt werden könnten, nicht dass ich persönlich dazu in der Lage wäre. Ein Fehler, der einem Ausländer leicht unterlaufen kann. Unsere

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