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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dibdin
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Junge zu sagen?«, fragte Sforza und zündete sich unverfroren eine Zigarette an.
    »Zunächst kam nur der übliche Sermon von wegen, er hätte nichts gehört und nichts gesehen, aber er hatte noch nicht so ganz den Dreh heraus, bei der eingehenderen Befragung harmlose Details zu improvisieren, um diese Aussage zu stützen. Corti und Caricato haben ihn vernommen, und es sieht so aus, als hätten sie ihre Sache gut gemacht. Sie sind nicht grob mit dem Jungen umgesprungen, sondern haben sich einfach seine Geschichte angehört und ihm weitere klärende Informationen entlockt. Francesco und seine Freunde hätten also auf dem öden Gelände oberhalb der Stadt gespielt? Ja. Und sie wären über den Pfad dorthin gekommen, der hinauf nach Altomonte Vecchia führt? Ja. Aber sie hätten sonst niemanden auf dem Pfad gesehen? Nein. Nach einigen weiteren harmlosen Fragen darüber, wie lange sie dort gespielt hätten und so, und nachdem festgestellt worden war, dass sie auf dem gleichen Weg nach Hause zurückgekehrt waren, erwähnte Corti ganz beiläufig, dass Francesco in dem Fall doch das leuchtend rote Luxusauto aufgefallen sein müsste, das genau an der Stelle parkte, wo der Pfad auf die Straße mündet. Der Junge runzelte die Stirn. Nein, das war grau, sagte er.« Zen lachte. »Danach haben sie ihn natürlich auseinandergenommen!«
    Giovanni Sforza schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Aurelio, aber ich bin nicht so helle wie Corti. Wir wussten doch bereits, dass Newman dort war. Was spielt es da für eine Rolle, welche Farbe sein Auto hatte?«
    »Weil das der erste winzige Riss in einer Mauer des Schweigens ist. Offenbar wusste jeder im Dorf, dass der Wagen dort gestanden hat und später von der Person oder den Personen, die Newman ermordet haben, weggeschafft wurde. Außerdem sagt es etwas über den Modus Operandi aus, der sehr ungewöhnlich war. Es sieht so aus, als wäre Newman allein in dem Lancia angekommen und dann freiwillig den langen, beschwerlichen Pfad bis zu der Stelle hinaufgelaufen, an der seine Leiche gefunden wurde, barfuß und in der traditionellen Kleidung, in der man eine Leiche beim Begräbnis aufbahrt. Und das alles unter den Augen der Einwohner, obwohl es einen alternativen und abgelegeneren Weg nach oben gibt, nämlich den, auf dem dieser französische Tourist hinaufgegangen ist. Fällt dir dazu nichts ein?«
    Sforza zuckte ungeduldig die Achseln. »Nur dass die an der Sache beteiligten Personen verrückt sein müssen. Entführer machen es wegen dem Geld. Für die ist das einfach ein Geschäft. Es kommt zwar gelegentlich vor, dass sie ihr Opfer töten, wenn die Verhandlungen scheitern oder die Familie versucht, ihnen eine Falle zu stellen, aber in diesem Fall hat man noch nicht mal Kontakt aufzunehmen versucht. Warum sollten sie eine möglicherweise sehr gewinnbringende Ware vernichten, bevor sie diese überhaupt auf den Markt gebracht haben?«
    Zen nickte unverbindlich und packte seine Sachen zusammen. »Das sind berechtigte Fragen, Giovanni, aber wir sollten uns davon nicht verwirren lassen. Ich glaube nicht, dass, wer auch immer das getan hat, im gewöhnlichen Sinne verrückt ist. Diese scheinbaren Merkwürdigkeiten kann man nur klären, wenn man aufhört, sie als merkwürdig zu betrachten, weil der Täter das ganz bestimmt nicht tut. Für ihn ergibt das alles einen Sinn, deshalb könnte es uns weiterhelfen, wenn wir versuchen, die ganze scheußliche Geschichte so zu sehen, wie er sie sieht, nämlich als wohl durchdachte und zutiefst bedeutungsvolle Inszenierung. Damit stellt sich dann die Frage, worin die Bedeutung dieser Inszenierung lag und für welches Publikum sie bestimmt war.«
    »Nun ja, das überlasse ich ganz dir, Aurelio. Ich hab seit Jahren keinen Fall mehr geleitet und bin völlig aus der Übung.« Er nippte nachdenklich an seinem Drink. »Mal eine ganz andere Frage, wie hast du dich denn inzwischen hier in Kalabrien eingelebt?«
    Zen winkte mit einer vagen Handbewegung ab. »Ich finde alles ziemlich deprimierend. Nicht mal so sehr wegen so schauriger Dinge wie dieser Gräueltat. Es ist mehr diese allgegenwärtige, unüberwindbare Traurigkeit, die man hier spürt, trotz der Schönheit der Landschaft. Die macht alles sogar noch schlimmer. Ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, wie du es hier aushalten kannst. Ich kann es kaum erwarten, bis dieser Mensch, wie immer er auch heißt, wieder fit genug ist, um den Platz einzunehmen, den ich für ihn warm halte.«
    »Ich hab gehört, dass du

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