Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
der Familie Calopezzati ausfindig zu machen sowie die Person, die auf der Geburtsurkunde von Pietro Ottavio als dessen Vater genannt war. Letztere Suche hatte in einer Sackgasse geendet.
»Ich habe in unserer zentralen Datenbank in Rom recherchiert sowie in den Datenbanken der zivilen Behörden von jeder Region des Landes. Der Name Azzo Plecita taucht nirgends auf. Natürlich wurde nur ein Bruchteil der alten Akten digitalisiert, aber mir kam irgendwann der Gedanke, dass la baronessa das vielleicht alles erfunden hat.«
»Warum sollte sie das tun?«
Arnone schien sich über Zens Interesse an seiner Theorie zu freuen. »Nun ja, wir wissen, dass sie nie verheiratet war, also war das Kind natürlich unehelich. Ottavias Anwalt hätte ohne weiteres ein Dokument fälschen können, das angeblich eine eidesstattliche Erklärung des vermeintlichen Vaters war in dem Sinne, dass sein Sohn den Namen Calopezzati tragen sollte. Danach musste nur noch der Verwaltungsangestellte in Spezzano ein bisschen bestochen oder bedroht werden, und die Sache war geritzt.«
Ein leicht verträumter Ausdruck trat in Zens Gesicht. Er schwieg volle dreißig Sekunden lang, dann schlug er mit der Hand so fest auf den Schreibtisch, dass Arnone zusammenzuckte.
»Azzo Plecita!«, rief er. »Calopezzati! Das ist ein Anagramm ihres eigenen Namens. Sie wollte einen Erben in die Welt setzen, die Sache aber gleichzeitig in der Familie halten und Außenseiter ausschließen.«
»Wir hier unten können manchmal ein bisschen so sein«, gestand Arnone.
»Was haben Sie denn über die fürstliche Schweinebande erfahren?«
»Das hat etwas länger gedauert, weil ich auch im Archiv hier in der Stadt suchen musste. Unterm Strich lautet das Ergebnis, die einzig überlebenden Personen, die in irgendeiner Beziehung zu den Calopezzatis stehen, sind eine Stieftochter, von der man seit dreißig Jahren nichts mehr gehört hat, und ein Halbcousin, der möglicherweise nach Australien ausgewandert ist.«
»Was ist mit dem Bruder, Roberto?«
»Der hatte anscheinend enge Beziehungen zu der faschistischen Bewegung in den dreißiger Jahren und hat später in den Kolonialkriegen in Griechenland und Albanien gekämpft und hier bei uns nach dem Einmarsch der Alliierten. Danach verschwindet sein Name aus den Akten. Es kann gut sein, dass er getötet wurde, dass man ihn aber nie identifiziert hat.«
Zen entließ seinen Untergebenen, saß dann eine Zeitlang still und reglos da und starrte die Wand an, bis Giovanni Sforza hereinkam und vorschlug, sie sollten einen trinken gehen.
»Weshalb machst du Überstunden?«, fragte ihn Zen, als sie die Treppe hinuntergingen.
»Das habe ich der exzellenten Imitation unserer Verbündeten im Irak zu verdanken, die deine Männer am frühen Abend geboten haben. Mein Telefon hat in den letzten drei Stunden ununterbrochen geklingelt. Alle, von der Bürgermeisterin bis hin zu den Medien, wollten wissen, was zum Teufel wir uns dabei gedacht haben. Es war offensichtlich eine sehr eindrucksvolle Operation, Aurelio, aber darf ich angesichts der Tatsache, dass ich dich bis jetzt gedeckt habe, fragen, was dabei herausgekommen ist?«
Sie überquerten die Straße und betraten die einzige anständige Kneipe, die es in der Gegend gab, ein unbeholfener, etwas rustikaler Versuch, minimalistischen Mailänder Chic in diesen unwirtlichen Breiten zu imitieren.
»Das weiß ich noch nicht«, antwortete Zen. »Es war der Versuch, einen großen Stein in einen Teich zu werfen und zu sehen, was an die Oberfläche steigt. Ich habe gewiss nicht erwartet, dass die Leute aus dem Ort reden würden, aber es hat tatsächlich jemand was gesagt. Ein neunjähriger Junge, der an dem Tag, an dem sich der Mord ereignete, mit ein paar Freunden in der Nähe des Pfades gespielt hat, den das Opfer entlanggegangen sein muss.«
Zen bestellte ein Bier, Sforza einen teuren Malt Whisky. Der Barmann schenkte ihm eine sehr mickrig bemessene Menge ein.
»Così poco ? « , fragte Sforza mit donnernder Stimme und in einem Tonfall, der Zen ahnen ließ, dass sein Freund noch eine andere Seite hatte, die möglicherweise erklärte, wie er dorthin gekommen war, wo er war. Auch der Barmann verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und füllte das Glas fast bis zum Rand. Die beiden Männer setzten sich an einen Tisch mit Marmorplatte in dem nüchternen Innenraum, der zumindest den Vorteil hatte, dass es dort keine Videospiele, keine Fernseher und keine Musikberieselung gab.
»Und was hatte dieser
Weitere Kostenlose Bücher