Sterbensangst (German Edition)
Sharon Archer ungläubig, als hätte er gerade gestanden, dass sein Informant ein Pädophiler sei.
»Er lässt sich trockenlegen. Alkoholprobleme. Egal, jedenfalls rief er mich heute an und wollte wissen, wann wir ihn zum Verhör abholen lassen. Fing an, über Trevor Jeffersons Telefondaten zu schwadronieren …«
Mehrere der Beamten heben die Hände und werfen sich gegenseitig verwirrte Blicke zu. »Trevor Jefferson? Der Typ aus dem Krankenhaus?«
»Ja. Wie sich herausstellte, ist Chandler nicht nur der Mann, der den Deal zwischen Fred Stein und der Fernsehgesellschaft vermittelte, er war auch vor einiger Zeit bereits an Trevor Jefferson herangetreten. Er hatte vor, ein Buch über Überlebende zu schreiben. Über Leute, die als Einzige überlebt hatten.«
McAvoy fängt Trish Pharaohs Blick auf. Sie hat die Arme vor der Brust verschränkt und beißt sich nachdenklich auf die Unterlippe. Mit einem unmerklichen Nicken bedeutet sie ihm, dass sie weiß, worauf er hinauswill.
»Jefferson hat einen Brand überlebt, bei dem seine Frau und seine Kinder starben«, sagt McAvoy. Er versucht, sich unter den Zuhörern ein Gesicht auszugucken, das anzusprechen ihm einigermaßen leicht fällt. »Und zwar ohne einen Kratzer.«
Er hält inne und wartet, ob jemand eine Frage stellen möchte.
»Und wie führt uns das zu Angela Martindale?«, fragt Kirkland ruhig. Sie wirkt ehrlich verwirrt, und ihre Augen sind noch gerötet von dem Schock, Tremberg mit aufgeschlitztem, verbundenem Arm in einem Ambulanzwagen sitzen zu sehen.
»Auch Angela Martindale gehört zu den Personen, mit denen Chandler Kontakt aufnahm. Sie war das einzige überlebende Opfer eines Mannes, den die Presse den Kneipenschlächter nannte. Er vergewaltigte mehrere Frauen in den Toiletten von Pubs. Ritzte ihnen seine Initialen in den Intimbereich. Und erstach sie dann. Angela Martindale hat ihre Verletzungen überlebt. Gegen ihn ausgesagt. Sie war die Einzige, die davonkam.«
McAvoy sieht Pharaohs Blicke auf sich gerichtet. Sie nickt abermals. Bedeutet ihm, weiterzumachen.
»Daphne Cotton wurde als Kleinkind Opfer eines Machetenanschlags«, sagt er bedeutungsvoll. »Ihre gesamte Familie wurde von Milizionären in Stücke gehackt. Alle tot. In einer Kirche. Sie überlebte. Und zwar als Einzige.«
Colin Ray verändert seine Haltung. Er setzt sich aufrechter hin. Jetzt scheint er zuzuhören.
»Mitglieder einer Bürgerwehr?«
McAvoy schüttelt den Kopf.
»Das passt nicht«, meint er. »Sicher, in Jeffersons Fall könnte ich es verstehen, wenn er selbst den Brand gelegt hat, der seine Familie tötete. Aber Fred Stein? Daphne Cotton? Angela Martindale? Die hatten keiner Menschenseele etwas zuleide getan.«
Das Knarren der Tür zu den Toiletten unterbricht McAvoy. Ein Beamter von der Spurensicherung im weißen Overall und mit blauer Gesichtsmaske kommt mit einem Tablett voller Asservatenbeuteln herein. Ein schneller Blick sagt ihm, dass er einen schlechten Zeitpunkt erwischt hat, und er stellt das Tablett auf dem nächstgelegenen Tisch ab. Mit einem Blick zu Pharaoh murmelt er durch seinen Mundschutz: »Derselbe Fußabdruck.« Er schlüpft durch die Seitentür hinaus. Ein eisiger Windstoß und gedämpfte Straßengeräusche dringen herein und füllen die Leere seines Abgangs.
»Fußabdruck?«, fragt McAvoy.
»Tut mir leid, Sergeant«, erwidert Pharaoh mit vor Sarkasmus triefender Stimme. »Ich hoffe, Sie können mir verzeihen, dass ich diese Information nicht mit Ihnen geteilt habe. Es war keine Absicht. Ich dachte einfach, dass es genügt, wenn die leitende Ermittlungsbeamtin Bescheid weiß. Frustrierend, nicht wahr?«
»Dann war es also derselbe Täter? Derselbe, der Daphne getötet hat?«
Pharaoh nickt. »So sieht es aus.«
Ben Nielsen sagt zu McAvoy: »Sie haben ihn doch zweimal gesehen.«
»Ja«, antwortet er bedrückt. Er hat schon genügend Schuldgefühle, ohne ständig daran erinnert zu werden.
»War es derselbe Bursche? Ich meine, hatte er dieselbe Statur? Denselben Körperbau?« Nielsen lächelt charmant. »Dieselben tränennassen blauen Augen?«
McAvoy ist plötzlich geradezu lächerlich froh, dass Nielsen sich seine Beschreibung gemerkt hat. Es fühlt sich gut an zu wissen, dass jemand zugehört hat.
»Ohne jeden Zweifel. Ich konnte nur einen kurzen Blick auf seine Augen werfen, aber es waren dieselben. Blau. Rot unterlaufen. Nass, als hätte er geweint.«
»Und das Opfer sagt das Gleiche aus?«
»Ja«, erwidert McAvoy. »Es war schwierig,
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