Sterbenswort: Thriller (German Edition)
die Wohnungstür war wirklich abgeschlossen.
So unsicher war sie doch sonst nicht …
Als sie um die Straßenecke kurz vor dem Kindergarten bog, zuckte sie zusammen: Ein Polizeiauto parkte vor dem Gebäude.
Von einer bösen Vorahnung getrieben, beschleunigte sie ihren Schritt. Die letzten Meter rannte sie. Kurz vor Erreichen der Tür wäre sie beinahe gestolpert. Sie hörte Männerstimmen; von hinten, vom Büro von Frau Schmalke. Sie eilte darauf zu.
Zwei Polizisten standen bei der Erzieherin.
»Mia!«
Kathrin hörte ihre eigene Stimme seltsam verzerrt.
Die beiden Polizisten und Frau Schmalke richteten ihre Blicke auf sie und musterten sie besorgt.
Kathrin sah umher.
Da!
Da saß ihre Tochter.
Auf dem Bürostuhl der Erzieherin. Sie hatte Spaß daran, permanent ihr Gewicht zu verlagern, um sich mitsamt der Sitzfläche hin- und herzudrehen.
Jetzt stoppte sie und guckte zu ihrer Mutter.
»Mia!«
Kathrin rannte hinüber, hob sie hoch und nahm sie auf den Arm.
»Ich habe nicht mit ihm gesprochen«, erklärte Mia. »So wie du es mir gesagt hast.«
Während Kathrin ihre Tochter fest an sich drückte, wandte sie sich an Frau Schmalke.
»Was ist passiert?«
»Er war wieder hier!«
»Der fremde Mann?«
»Ja. Vor etwa einer halben Stunde. Ich habe sofort die Polizei gerufen.«
»Ist er weggerannt?«
»Ja. Ich habe ihn durch das Fenster hier gesehen.«
Frau Schmalke deutete auf die Seitenwand. Einen Teil des Spielplatzes konnte man von hier aus im Auge behalten und ein Stück des Zaunes.
»Ich habe als Erstes zum Telefon gegriffen. Dann, als ich nach draußen bin, um ihn zur Rede zu stellen, war er weg. Verschwunden.«
Sie machte eine kurze Pause.
»Nur Mia stand an der Stelle. Natürlich auf dieser Seite des Zauns.«
Kathrin drückte Mia ein Stück von sich weg und blickte sie streng an.
»Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht mit ihm reden sollst.«
»Aber ich habe doch nicht mit ihm geredet. Bin nur hingegangen. Er hat mir zugezwinkert.«
»Du darfst nicht zu dem Mann gehen, hörst du?«
Kathrin unterdrückte den Impuls, ihre Tochter zu schütteln.
Tränen sammelten sich in Mias Augenwinkeln. Sie nickte.
Kathrin presste sie an sich.
»Es ist alles gut, Mia. Aber du darfst auf keinen Fall zu dem Mann.«
Jetzt mischte sich einer der Beamten ein.
»Frau Schmalke hat uns den Unbekannten beschrieben.«
Der andere Polizist las vor.
»Etwa ein Meter siebzig bis eins achtzig. Dunkelgrünes Basecap. Augenfarbe und Haarlänge unbekannt, vermutlich dunkelbraunes Haar. Unrasiert. Beigefarbener Trenchcoat.«
Als Kathrin das letzte Wort hörte, wurde ihr schwarz vor Augen.
Sie setzte rasch ihr Kind ab und nahm auf dem Bürostuhl Platz.
»Alles in Ordnung, Frau Voss?«, fragte Frau Schmalke besorgt. »Soll ich Ihnen ein Glas Wasser holen?«
»Kennen Sie den Mann?«, fragte der Polizist, der die Personenbeschreibung vorgetragen hatte.
»Nein«, sagte Kathrin schnell.
Und zur weiteren Bestätigung schüttelte sie ganz vehement den Kopf.
Als müsste sie es sich selbst verneinen.
»Zwei Streifenwagen sind bereits hier in der Gegend unterwegs. Mit etwas Glück ist er noch in der Nähe. Dann schnappen wir ihn uns.«
»So etwas ist hier noch nie passiert«, sagte die Erzieherin, »und ich bin bereits seit mehr als zehn Jahren in dieser Kita.«
»Sie sollten die anderen Eltern auch informieren.«
»Aber würde das nicht eine Panik verursachen?«
»Versuchen Sie einfach, es dezent anzusprechen. Nur damit die Eltern etwas aufmerksamer sind.«
»Wohl besser, als wenn …« Frau Schmalke ließ den Rest des Satzes unausgesprochen.
»Eben. Wir werden ab sofort im Großraum um den Kindergarten verstärkt Streife fahren. Vielleicht ist es nur irgendein Spinner. Gibt es ja genügend davon in Berlin. Die meisten sind zum Glück harmlos.«
»Geht es wieder, Frau Voss?« Die Erzieherin drückte Kathrin ein Glas in die Hand, und Kathrin trank es aus, ohne darüber nachzudenken.
Dann riss sie sich zusammen und stand auf.
»Sollen wir Sie nach Hause begleiten?«, fragte einer der Polizisten.
»Ich glaube, das wird nicht nötig sein.«
»Rufen Sie uns an, falls Ihrer Tochter noch etwas einfällt«, sagte der Beamte, während er Mia freundlich zuzwinkerte.
Kathrin griff sich die Hand ihrer Tochter.
Gemeinsam verließen sie den Kindergarten.
Auf dem kurzen Weg zur Wohnung belehrte Kathrin Mia erneut, keinesfalls mit dem Fremden zu sprechen oder zu ihm zu gehen.
Mia versprach es hoch und heilig.
Als
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