Sterblich
ist … äh … war doch ihr Betreuer.«
»Ja, aber ich dachte, sie hätte dieses Skript allein ausgearbeitet, nicht als Teil einer Studienaufgabe?«
Enok antwortet nicht sofort.
»Also, davon weiß ich nichts.«
Henning denkt, dass er unbedingt noch einmal mit Yngve Foldvik sprechen muss.
»Kommt es öfter vor, dass Sie und Truls sich Optionen sichern, ohne darüber zu sprechen?«
»Nein, das war bei diesem Skript anders als sonst.«
»Warum?«
»Truls und Yngve haben früher zusammengearbeitet, und Yngve hat ihm den Tipp zu Hagerups Skript gegeben.«
»Ah ja.«
»Aber es ist ja nur eine Option.«
»Was bedeutet das rein praktisch?«
»Das heißt, dass wir das Potenzial des Materials erkannt haben und uns die nötige Zeit sichern wollen, um die Idee weiterzuverfolgen und zu überprüfen, ob man daraus wirklich einen guten Film machen kann.«
»Zu mehr verpflichtet Sie das nicht?«
»Richtig.«
Die Frage kommt ganz von selbst, während sein Hirn noch zu verarbeiten versucht, was er gerade erfahren hat. Yngve Foldvik hat sich also persönlich für ein Projekt engagiert, mit dem Henriette Hagerup ihre Karriere beschleunigen wollte. Ob Foldvik sich wohl für all seine Studenten derart ins Zeug legt? Oder bleibt dieser Enthusiasmus jungen, hübschen Frauen vorbehalten, die für alles offen und neugierig sind?
»Wäre es vielleicht möglich, kurz mit Truls zu sprechen?«, fragt er, während er auf der Internetseite recherchiert, dass Truls Nachname Leirvåg lautet.
»Äh, im Moment ist er recht beschäftigt«, sagt Enok schnell.
»Okay.«
Henning lässt ganz bewusst ein paar Sekunden verstreichen, aber Enok geht nicht weiter darauf ein.
»Ich werde später versuchen, ihn auf seinem Handy zu erreichen. Vielleicht könnten Sie ihm sagen, dass ich ihn gerne sprechen würde?«
»Ich werde versuchen, daran zu denken.«
»Danke.«
Henning legt auf und fragt sich spontan, was mit Enok los war. Warum war da dieses Zittern in seiner Stimme?
49
Bei seiner weiteren Internetrecherche findet er schnell heraus, dass Henriettes Eltern Vebjørn und Linda heißen und dass sie einen älteren Bruder hat: Ole Petter. Er unternimmt die gleiche Suche bei Anette Skoppum. Ihre Eltern, Ulf Vidar und Røydis, sind über siebzig Jahre alt. Anette ist ein echter Nachkömmling. Sie hat drei ältere Schwestern: Kirsten, 38, Silje, 41, und Torill, 44. Es dauert nur ein paar Minuten, um festzustellen, dass weder die Familie Hagerup noch die Skoppums irgendwelche Ähnlichkeiten mit der Familie Gaarder aufweisen.
Als Nächstes sucht er ein öffentliches Register über Taxikonzessionen heraus. Das Register ist in drei unterschiedliche Rubriken aufgeteilt, je nachdem, was man sucht. 1) Firmen, Geschäftsführung. 2) Konzessionen. 3) Transportgenehmigungen.
Henning platziert den Cursor in der zweiten Box und klickt den Verwaltungsbezirk Oslo an. Als Nächstes wählt er den Punkt »Genehmigung zum Verkehr mit Taxen oder Mietwagen« und tippt die laufende Nummer 2052 ein. Gleich nachdem er auf »Enter« gedrückt hat, wird das Suchergebnis angezeigt. Es verschlägt ihm den Atem.
Omar Rabia Rashid.
Der Name ist ihm bekannt. Omar Rabia Rashid ist der Mann, für den Mahmoud Marhoni Taxi gefahren ist. Das kann kein Zufall sein, da ist Henning sich sicher. Warum sollte Omars Taxi sich ausgerechnet in seiner Nähe befinden? Noch dazu mit zwei Personen darin, die ihn mit finsteren Blicken beobachten?
Omar ist in Oslo mit drei Taxis registriert. Nach einem weiteren Klick öffnen sich Hintergrundinformationen zum Inhaber der Taxikonzession. Eine schreckliche Sprache, denkt Henning und überfliegt lächelnd die Details. Omar, sagt er sich.
Jetzt weiß ich, wo du wohnst.
Er packt seine Sachen zusammen, will sich zu Hause in aller Ruhe seine nächsten Schritte überlegen. Als auch zwei andere Mitarbeiterinnen des Hauses aufbrechen, folgt er ihnen. Sie treten vor das gelbe Gebäude. Das schwarze Tor steht offen. Er lässt einige Meter zwischen sich und den Frauen, tritt auf die Straße und sieht sich um. Zwei große Felsbrocken teilen die Urtegata, sodass es von seiner Seite aus nicht möglich ist, in Richtung Grønland zu fahren.
Ein Honda und ein Ford parken hinter den Steinen. Beide Autos sind leer. Vor den Räumen der Heilsarmee hockt ein Mann an der Wand, neben ihm liegt ein Hund mit zottigem Fell. Sollte er plötzlich aufspringen und eine Kalaschnikow ziehen, wäre Henning auch darauf vorbereitet. Alle Richtungen stehen ihm als
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