Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
muss mal mit ihm sprechen.«
Diane war froh, als er fort war.
»Welche Schulfächer sind wichtig, wenn ich später etwas mit Knochen machen will?«, fragte Kevin.
»In welcher Klasse bist du?«
»In der achten.«
»Du solltest in den naturwissenschaftlichen Fächern, vor allem Biologie, gut sein. Dann brauchst du mathematische Kenntnisse. Später wird die Chemie wichtig. Und dann solltest du natürlich möglichst viel über Knochen lernen.«
Kevin runzelte die Stirn. »Warum brauche ich Mathe?«
»Bei dieser Arbeit ist viel Ausmessen und Berechnen nötig. Die einzelnen Knochen stehen in einem ganz bestimmten unveränderlichen Größenverhältnis zueinander. Du erhältst genauso viele Informationen aus Größentabellen und Verhältnisberechnungen wie aus der konkreten physischen Untersuchung der Knochen selbst.«
»Du hättest erleben sollen, was sie mir über ein einziges Schlüsselbein alles mitteilen konnte. Viel hätte nicht gefehlt, und sie hätte mir mitgeteilt, was der Typ als letztes gegessen hat«, sagte Frank grinsend.
Diane stimmte in das Lachen der anderen mit ein, als ihr plötzlich ein Gedanke kam. Sie schaute Frank an. »Ich glaube, ich kann dir tatsächlich sagen, was er gegessen hat.«
Frank schien einen Moment lang geschockt. »Ich habe nur Spaß gemacht. Du meinst, du könntest das wirklich feststellen? Anhand dieses Knochens?«
»Nicht seine letzte Mahlzeit, aber wir könnten einiges über seine Ernährungsgewohnheiten herausfinden, das helfen könnte, ihn zu identifizieren.«
»Wie?«, fragte Kevin. »Wie können Sie feststellen, was er gegessen hat, wenn Sie seinen Knochen untersuchen?«
»Man muss das Kollagen, einen der Bestandteile des Knochens, herauslösen und es durch sehr starke Erhitzung in einen gasförmigen Zustand bringen, damit ein Massenspektrometer die chemischen Elemente und Verbindungen im Kollagen feststellen kann.«
»Mann. Ich möchte wirklich forensischer Anthropologe werden.«
»Tatsächlich werde ich einen physischen Anthropologen damit beauftragen. Auch er beschäftigt sich unter anderem mit Knochen, aber ohne die ganze Verbrechenskomponente. Das entsprechende Verfahren nennt man stabile Isotopenanalyse. Mit dieser Methode hat man bereits die Nahrungsgewohnheiten des Neandertalers herausfinden können. Im Primatensaal werden wir ein Computerprogramm installieren, das dieses Verfahren näher erklärt.«
»Aber wie findet man denn nun genau heraus, was er gegessen hat?«, hakte Kevin ungeduldig nach.
»Habt ihr schon die Isotope in der Schule durchgenommen?«
»Eigentlich schon.«
»Dann weißt du ja, dass Isotope die verschiedenen Atomkernsorten desselben Elements sind.«
»Ja …«
»Du weißt sicher, dass man das Kohlenstoff-14-Isotop zur Datierung von Gegenständen benutzt. Kohlenstoff 14 ist ein instabiles Isotop – es ist radioaktiv und zerfällt mit der Zeit. Da seine Zerfallsrate konstant ist, kann man durch eine Messung des Isotopenzerfalls feststellen, wie alt eine Sache ist. In Wirklichkeit ist das zwar etwas komplizierter, aber grundsätzlich geht man genau so vor.«
Kevin nickte. Diane versuchte herauszufinden, ob ihn diese ganze Wissenschaft nicht doch überforderte. Aber da er immer noch aufmerksam zuzuhören schien, fuhr sie fort.
»Kohlenstoff hat auch zwei stabile Isotope, die nicht zerfallen. Genauso ist es mit dem Stickstoff. Und jedes dieser Isotope kommt in unterschiedlichen Verhältniszahlen in den verschiedenen Arten von Nahrungsmitteln wie Gemüse, Fleisch oder Fisch vor. Wenn wir diese Dinge essen, lagern wir die Isotope in unseren Knochen ein. Das bedeutet, dass wir diese Isotope in ihren jeweiligen Verhältniszahlen mit einem Massenspektrometer feststellen können und wir dann möglicherweise herausfinden, was ein Mensch in seinem ganzen Leben gegessen hat. Wie bei den Kohlenstoff-14-Tests ist das Ganze etwas komplizierter, aber du hast sicherlich den grundsätzlichen Vorgang begriffen. Bei diesem Knochen dürfte das allerdings nicht so einfach sein. Die meisten Menschen in den Vereinigten Staaten haben ungefähr dieselben Nahrungsgewohnheiten. Aber eine Analyse kann uns vielleicht doch etwas mehr Informationen über dieses Individuum liefern. Vielleicht haben wir Glück, und er hat sein ganzes Leben lang nur rotes Fleisch und Kartoffeln gegessen.«
»Kevin, komm mal her und schau dir das an.« David Reynolds wollte seinem Stiefsohn eine der Computeranimationen zeigen. Kevin zögerte etwas, da er Diane gerne weiter
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