Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
vom Amazonas zurück und hatte so einen Insektenstich am Arm, der nicht weggehen wollte, im Gegenteil. Er schwoll immer mehr an, fing an zu jucken und wurde ganz schwarz. Als er den Juckreiz nicht mehr aushielt, ging er zum Arzt. Der dachte, es sei eine Eiterbeule, und begann sie aufzuschneiden. Als er gerade mit seinem Skalpell die Haut berührte«, Frank fasste mit seinem Finger ganz leicht an ihren Unterarm, »brach dieses Ding auf und eine große, schwarze, hässliche Fliege krabbelte aus seinem Arm heraus und flog davon. Richtig eklig.« Er kitzelte ihre Haut mit seinen Fingerspitzen.
Reflexartig zog Diane den Arm zurück, musste aber gegen ihren Willen doch lächeln. »Du hast dich überhaupt nicht verändert. Was machst du noch so spät im Museum?«
Er musterte ihr Gesicht, und seine Augen lächelten. »Ich kam auf dem Heimweg zufällig hier vorbei.«
»Erzähl mir nichts. Du kommst normalerweise niemals hier vorbei.« Sie entfernte sich von dem Mammut-Skelett, hielt dabei aber immer noch die künstlichen Blätter wie einen seltsamen Blumenstrauß in den Händen.
»Es ist schon ein paar Jahre her …«, begann er.
»Drei Jahre.«
»Ich wollte dich einfach sehen. Wie wär’s mit einem späten Abendessen?«
Er trug Jeans und einen Marinepullover und roch nach Rasierwasser. Er kam auf keinen Fall direkt von der Arbeit. Diane hätte sich gewünscht, dass diese Feststellung sie nicht mit einer solch großen Befriedigung erfüllt hätte. Sie legte die Blätter neben das Mammut und klopfte sich den Staub von den Händen. Ihr war klar, dass sie nach ihrem harten Tag von einer Aura aus Leim, Farbe und Schweiß umgeben sein musste. »Wie wäre es, wenn du mir erzählst, warum du wirklich hier bist?«
»Ich bin tatsächlich gekommen, um dich zu sehen. Als ich mich vorher mit dir unterhielt, habe ich mir ganz ehrlich Sorgen um dich gemacht. Was ist passiert? Warum hast du deine Karriere hingeschmissen?«
»Ich habe einfach den Beruf gewechselt. Leute tun das manchmal.« Diane entzog sich seinem prüfenden Blick und ging zum Bison antiquus hinüber. »Ich muss noch einmal die einzelnen Ausstellungsstücke überprüfen, bevor ich gehe. Morgen Abend veranstalten wir eine Voreröffnungsparty für unsere Mitarbeiter und Sponsoren.«
»Warte mal.« Frank legte seine Hand auf ihren Arm. »Jetzt will ich es doch genau wissen. Das heißt also, du arbeitest nicht mehr als forensische Anthropologin? Was ist denn eigentlich in Südamerika passiert?«
Diane blieb stehen und schaute in Franks blaugrüne Augen: »Nur ein Massengrab zu viel.«
2
N achdem Frank seine Aktentasche geholt hatte, führte ihn Diane in ihr Büro, das am Ende eines Gangs rechts vom Museumseingang lag. Sie räumte einen Stapel Bücher von einem Stuhl, rückte ihn vor ihren Schreibtisch und bat Frank, darauf Platz zu nehmen. Danach riss sie ein langes Stück Notizpapier von einer Rolle ab, die in der Ecke eines großen, eichenen Bücherregals stand, und breitete es auf ihrem Schreibtisch aus. »Ich bin seit drei Monaten wieder hier.«
»Das habe ich erst in der letzten Woche erfahren. Ich bin Andie im Lebensmittelladen begegnet, und sie hat es mir erzählt. In den letzten Monaten war ich mit einem großen Computerbetrugsfall befasst und musste immer wieder zwischen Atlanta und New York hin und her pendeln. Warum hast du mich nicht mal angerufen?«
»Ich wusste gar nicht, dass du Andie kennst.«
»Wir sind uns vor ein paar Monaten in einer Karaoke-Bar begegnet.«
»Karaoke? Es gibt so vieles, was ich von dir nicht weiß.«
»Ja, unglaublich, nicht wahr?«
Danach holte er einen Plastikbeutel mit dem Knochen aus der Aktentasche, um ihn ihr zu geben. Sie hatte beinahe Angst, ihn anzufassen. »Wenn die Eltern wissen wollen, ob es ihre Tochter ist, könnten sie es doch mal mit einem DNA-Test versuchen.« Als sie allerdings den Knochen genauer ansah, zweifelte sie, ob da überhaupt noch irgendwelche DNA-Stränge übrig waren.
Frank schüttelte den Kopf. »Sie war ein Adoptivkind.«
Adoptiert. Diane war sich nicht sicher, ob sie die Untersuchung überhaupt fortsetzen wollte. Sie betastete den Knochen einige Zeit durch den Plastikbeutel hindurch, bevor sie ihn herausnahm. Sei ein Profi, Diane. Immerhin ist das Frank Duncan, der dich um Hilfe bittet. Vielleicht ist sie es ja gar nicht.
»Okay. Das ist ein rechtes Schlüsselbein. Wurde aber bereits von Ratten angenagt. Siehst du diese parallelen Zahnspuren?«
»Ratten. Hat das irgendwas zu
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