Stern auf Nullkurs (1979)
Vorwurf, doch blieb unklar, ob der sich gegen Dyson oder gegen die Kommunikationstechniker richtete. „Wenn es etwas Neues gibt, dann spann uns nicht auf die Folter", sagte er leise. „Bisher ist es ja nicht gelungen, die Sendung..."
„Es gibt Neues!" unterbrach ihn Dyson. Er zog langsam die Beine an, richtete sich auf und fixierte Pela und Kalo. „Ihr könnt eure Entschlüsselungsversuche abbrechen. Erde-Zentrum hat uns den Klartext übermittelt."
Kalo sah das Zucken in Pelas Gesicht, er jedoch fühlte keinen Verdruß darüber, daß ihnen die Techniker der Erde zuvorgekommen waren. Sie hatten weit größere und wohl auch bessere Geräte zur Verfügung.
Er musterte Dyson aufmerksam, versuchte eine Regung in dessen Gesicht zu entdecken, aber er sah nur die Brillengläser, die sich jetzt, da der andere seinen Blick in die Kabine richtete, aufzuhellen begannen, er sah die Falten um den Mund, um die Augen, die Müdigkeit.
Unwillkürlich blickte er sich in der Kabine um. Zum erstenmal fiel ihm die sachliche Strenge des Raumes auf. Nur wenige Instrumente, zwei oder drei Tonträger und ebenso viele Mikrofone, gerade ausreichend, um das komplizierte Zusammenspiel der einzelnen Sektionen von Pluto III überblicken zu können, ein Schreibtisch, sauber aufgeräumt, bar jeder persönlichen Note, ein Sessel hinter diesem Tisch, mehrere an den Wänden verteilt, rechteckige Leuchtscheiben von einheitlicher Farbe an der Decke, das war alles. Eine Kabine, auswechselbar gegen tausend andere, unauffällig wie der Mann, der sie bewohnte.
Er fühlte, daß er auf den Kern gestoßen war, auf Dysons Art, sein Leben, seine Arbeit anzupacken. Für Dyson existierte nichts anderes als der Wille, den Platz, an den man ihn gestellt hatte, auszufüllen. Dem ordnete er sein Leben unter, mehr noch, das war sein Leben, war gleichzeitig Aufgabe und Sinn, das eine bedingte das andere. Es gab nichts Nebensächliches für ihn. Keine Trennung zwischen Aufgabe und Existenz, er lebte um seiner Arbeit willen. Sollte man ihn deshalb beneiden?
Endlich setzte sich auch Tonder, jetzt beharrlich schweigend. Doch schwieg er wohl nicht, weil ihm keine Fragen oder Hinweise eingefallen wären, sondern weil er augenscheinlich die Antworten Dysons fürchtete.
Aber das, was sie in der nächsten halben Stunde erfuhren, war nicht unbedingt neu für sie. Über weite Passagen entsprach die Botschaft genau der, die sie im Orbit des Dunklen auf so geheimnisvolle Art und Weise empfangen hatten. Nur war sie konkreter, nicht unterschiedlich ausdeutbar, diesmal unmißverständlich. Und sie ging über die Botschaft hinaus, deutete Geplantes an und begnügte sich nicht mit einer Darstellung der Situation der Absender.
Auch in der Sendung äußerten die Fremden die Absicht, sich einen Teil der Sonnenenergie anzueignen. Das sei für sie lebensnotwendig, unabdingbar, da ihre Zivilisation andernfalls zugrunde gehen müsse. Doch richtete sich die Botschaft ausschließlich an das Empfinden der Empfänger, an den emotionalen Bereich, so sprach die Sendung den Verstand an, das Urteilsvermögen, die Bereiche sachlicher Erwägungen und Entscheidungen.
Was auffiel, war eine Überbetonung aller energetischen Probleme. Man mußte den Eindruck gewinnen, die Zivilisation der Astraten stehe und falle mit der Möglichkeit, unbegrenzt Energie zu produzieren, ihre Evolution sei ein ständiger Kampf um Energien gewesen.
In diesem Zusammenhang fand auch die strahlende Säule endlich eine Erklärung, die ebenso einfach wie für menschliche Begriffe unverständlich war. Die Säule bestand aus in den Raum hinausgeschleuderten Abfallprodukten thermonuklearer Prozesse der Energieerzeugung. Hätte man bei einem irdischen Projekt diese Art der Reststoffbeseitigung auch nur in Erwägung gezogen, ein Sturm der Entrüstung hätte sich erhoben. Und zu Recht! Aber der Stern Astrat hat keine Umgebung im irdischen Sinne, nichts, was verseucht werden könnte.
Ein Angriff ist es jedenfalls nicht, sagte sich Kalo, und er nahm sich vor, durchblicken zu lassen, was er von Gerüchten hielt. Er blickte Tonder an und verzog das Gesicht. „Angriff der Globoiden!" sagte er.
Tonder aber hob nur die Schultern.
Schließlich deuteten die Astraten an, daß sie zu gegebener Zeit die wichtigsten Daten des irdischen Sonnensystems selber ermitteln wollten, um eine Methode des gefahrlosen Eindringens zu erarbeiten.
Auch von der Menschheit forderten sie eine Reihe von Angaben über die Stabilität des
Weitere Kostenlose Bücher