Stern der Leidenschaft
wirklich meint. Aber ich werde versuchen, Verständnis für die Dinge aufzubringen, die neu und ungewohnt für mich sind. Ich werde versuchen, sie nicht von vornherein abzulehnen. Gemeinsam werden wir alles schaffen, Dalden.« Er erwiderte ihre Umarmung und drückte dabei ein wenig fester zu als sonst. »Ich bin dir dankbar für diese Worte. Aber du musst mir keine Versprechungen machen. Wir ›schaffen‹ es, wie du dich ausdrückst. Etwas anderes lasse ich gar nicht zu.«
Manchmal verblüffte er sie mit seiner unerschütterlichen Zuversicht. Alles würde gut werden – schon ganz einfach deshalb, weil er es so beschlossen hatte. Ganz egal, was passierte und welche Hindernisse sich ihnen in den Weg stellten. Etwas anderes gab es nicht für ihn. Er ließ es ganz einfach nicht zu. Brittany wünschte, sie könnte ein wenig von dieser inneren Sicherheit fassen und sich zu Herzen nehmen. Doch immerhin beruhigte sie Daldens Entschlossenheit ein wenig. »Wollen wir noch einmal auf das Thema Architektur zurückkommen?«, fragte Martha mitten in Brittanys grüblerische Gedankengänge hinein. Brittany prustete los, und auch der letzte Rest von Anspannung fiel von ihr ab.
Kapitel Einundvierzig
Allzu viel hatte Brittany bisher nicht verpasst. Sie ritten gerade erst in Sha-Ka-Ra ein. Martha hatte Recht. Die Stadt war etwas kleiner als die amerikanischen Städte, die Brittany kannte, aber doch viel größer, als sie erwartet hatte. Hier mochten bei weitem nicht so viele Menschen auf engem Raum zusammenleben wie in den Küstenstädten Kaliforniens, doch die Ausdehnung der Stadt war beachtlich. Der Grund dafür lag wohl in der großzügigen Anordnung der Gebäude. Zwischen den Nachbarhäusern gab es überall viel Platz. Sha-Ka-Ra lag auf einem flachen Plateau an der Flanke des Berges. Die steilen Hänge hinter der Stadt waren unbebaut. Bäume in jeder erdenklichen Farbschattierung säumten die Hauptstraße. Brittany kam kein einziger bekannt vor. Allerdings kannte sie sich mit Pflanzen auch nicht besonders gut aus. Zwischen den Bäumen standen in regelmäßigen Abständen Straßenlaternen. Sie ähnelten den antiken Lampen aus dem neunzehnten Jahrhundert, die man auch in gut erhaltenen alten amerikanischen Innenstädten noch manchmal sah. In den Lampen Sha-Ka-Ras indessen leuchteten Gaali-Steine, die man nicht entzünden, sondern lediglich aufdecken musste, damit sie ihr warmes Licht verbreiteten. Brittany war schon sehr gespannt auf diese besonderen Steine. Sie konnte es kaum erwarten, ein kleines Exemplar aus der Nähe zu betrachten. Große Brocken, so hatte man ihr erklärt, strahlten so hell, dass sie dem ungeschützten Auge Schaden zufügten. Nun gut, das konnte sie nicht nachprüfen. Aber sie würde die kleinen Steine sehr genau unter die Lupe nehmen. Sicher gab es irgendwo eine Stelle, an der die Batterie eingelegt wurde.
Zu Brittanys Enttäuschung war keines der Gebäude in der Stadt aus Holz. Die Mauern der Häuser waren gelblich gefärbt. Ob das die Farbe der Bausteine oder des Putzes war, konnte Brittany von ihrem Reittier aus nicht feststellen. Die meisten Häuser waren eingeschossig, manche hatten auch zwei Stockwerke. Es gab Arkaden, Torbögen und Fenster in allen möglichen Formen. Zu jedem Haus gehörten ein Hof, ein Stall und ein Garten. Auf manchen der flachen Dächer entdeckte Brittany Balkone, die an die Sonnendecks von Schiffen erinnerten. Besonders fiel ihr die Sauberkeit in den Straßen auf. Nirgendwo war auch nur eine Spur Unrat zu sehen.
Sha-Ka-Ra stellte eine eigenartige Mischung aus Alt und Neu dar. Zwar wirkten die Häuser recht modern, nicht aber ihre Bewohner. Viele standen im Freien, um die Heimkehrer zu begrüßen. Die fünfzig Männer waren lange fort gewesen, und ihre Familien hießen sie nun freudig willkommen. Langsam löste sich der Zug auf, in dem Brittany und Dalden ritten. Jeder heimkehrende Krieger wurde von zwei, drei oder noch mehr Mitgliedern seiner Familie in Empfang genommen. Brittany fiel auf, dass nie nur ein Mensch allein bereitstand, um einen Krieger zu begrüßen. Und nun sah sie auch, dass nirgendwo eine Frau allein am Straßenrand stand und wartete. Immer hielt sich ein Mann in ihrer Nähe auf. Alle Frauen trugen, genau wie Tedra, Chauris, Kleider, die aus vielen einzelnen Stoffbahnen gefertigt waren, und den obligatorischen Umhang. Die vielen verschiedenfarbigen Gewänder sorgten für ein buntes Bild. Auffällig war, dass die Stoffe nicht gemustert waren. Jedes
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