Sternchenhimmel
Lagerhaus in Queens.
Chemo schnupperte mit gefurchter Stirn. »Lass mich raten – Guavenrinde und Pferdepisse.«
»Echt witzig. Was liest’n da, Großer?«
»Über Pinguine. Die paaren sich fürs ganze Leben.«
Cherry kicherte. »Wie öde ist das denn? Ich paare mich nur zum Spaß.«
Sie rutschte näher heran und drückte sich an ihn. »Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte Chemo.
»Mein letzter Bodyguard, der hatte sich den Pimmel piercen lassen.«
»Supernummer. Ich hab mir meinen mit Fiberglas überziehen lassen.« Er klappte den National Geographic zu und stand auf. »Geh dir was anziehen, verdammt noch mal.« Ihre Mutter würde bald hier sein, und es sähe nicht gut aus, wenn das Mädchen sich in Unterwäsche neben ihm räkelte.
Cherry hob ein Bein und wackelte mit den Zehen. »Also, Süßer, im Pubes steigt eine heiße Party. Hast du Bock?«
»Du hast Zellenarrest.« Er ging zur Minibar und machte sich eine Dose V-8 auf.
»Och, sei doch nicht so arschig«, maulte sie.
Chemo sah zu, wie sie einen BH -Cup zurechtrückte, sodass ein dunkler Brustwarzenhalbmond zu sehen war. Maury Lykes hatte ihn gewarnt, dass so etwas passieren könnte. Irgendwie war es jämmerlich.
»Ich will ein Foto von uns beiden«, verkündete Cherry. »Wo ist denn diese schwarze Tasche mit den Kameras?«
»Was für eine schwarze Tasche?« Geräuschvoll schlürfte Chemo seinen Gemüsesaft. Im Knast hatte die Gefängnisleitung seine gute Führung belohnt, indem sie ihm seine dynamische Prothese zurückgegeben und ihm erlaubt hatte, im Hof hinter dem Küchentrakt einen kleinen Garten anzulegen. Im Laufe der Zeit hatte Chemo Geschmack an frischem Gemüse gefunden, allerdings nicht so sehr, dass er Pökelfleisch oder Eintopf abgelehnt hätte.
»Yo, zeig mir doch mal dein Teil«, meinte Cherry spielerisch. »Deinen falschen Arm, meine ich.«
Es kam nicht oft vor, dass Chemo sein Handgerät zweimal am selben Tag zum Einsatz bringen konnte. »Ich zeig’s dir«, versprach er. »Aber nur, wenn du dir einen Bademantel anziehst.«
»Cool!«
Sobald Cherry aus dem Bad kam, enthüllte er den Rasentrimmer. Cherrys Augen wurden riesengroß; dabei bemerkte er, dass ihre Pupillen erweitert waren.
»Krass!«, stieß sie hervor. »Mach das Ding mal an, Alter!«
»Bist du high?«
»Komm schon, lass es krachen. Bitte-bitte.«
Er drückte auf den Startknopf und machte sich über die Tapete her, eierschalenfarbener Damast. Cherry hopste umher wie ein Känguru, so aufgedreht war sie. Als Janet Bunterman hereinkam, brachte Chemo das Gerät zum Schweigen.
»Freut mich, dass ihr beide euch so gut versteht«, bemerkte sie trocken.
»Kann ich jetzt gehen?«, fragte Chemo.
»Erwarten Sie etwa, dass ich die Wand da bezahle?«
»Ich wette, das kriegen Sie irgendwie hin«, antwortete er.
»Gehen? Wohin denn?«, verlangte Cherry zu wissen.
»Chemo hat ein Date, Liebling«, erklärte Janet Bunterman. »Ich bleibe hier, um dir Gesellschaft zu leisten.«
»Er hat ein Date ? Na klar doch.« Cherry ließ ihren Bademantel aufklaffen, nur um ihrer Mutter eins auszuwischen. »Nur damit du’s weißt, Mom – der Typ da, also, der baggert mich total an. Voll eklig.«
Janet Bunterman dachte bei sich, dass Cherry wahrscheinlich log, doch sie wollte nicht den Anschein erwecken, dass sie gegen ihr eigenes Kind Partei ergriff. Also setzte sie eine Miene mütterlicher Besorgnis auf und wandte sich an Chemo, den diese Anschuldigung nicht aus der Ruhe zu bringen schien.
»Ist hier irgendetwas vorgefallen?«, fragte sie.
Chemo bohrte beiläufig mit dem Zeigefinger in einer Schrunde an seinem Kinn herum. »Nichts für ungut, aber Ihre Tochter würde ich nicht mal mit dem Schwanz von jemand anderem bumsen.«
Janet Bunterman lief rot an, während Cherry wütend zeterte: »Mom, ich will, dass du diesen widerlichen Perversling auf der Stelle rausschmeißt!«
»Jetzt regen wir uns alle wieder ab«, befahl Janet Bunterman, um sowohl sich selbst als auch Cherry zu beruhigen. Der neue Bodyguard war unerhört vulgär, von unheimlich gar nicht zu reden, doch Maury würde nicht nachgeben, und Maury hatte hier das Sagen.
Chemo erkundigte sich, wie spät es sei.
»Spät«, sagte Cherrys Mutter. »Sie sollten sich lieber auf den Weg machen.«
Er packte den Rasentrimmer wieder ein und ging nach nebenan in sein Zimmer, wo er sich mit einer Baskenmütze, einer Panorama-Sonnenbrille und einer schwarze Lederjacke mit extraweiten Ärmeln ausstaffierte. Dann nahm er die
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