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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
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zur Tür und ließ Mafalda allein.
    Kaum war Rafaela weg, stürzte sich Mafalda auf ihr Kleid. Sie untersuchte es, prüfte den Sitz jedes einzelnen Knopfes, roch an ihrer Unterwäsche. Dann atmete sie leise auf, setzte sich in ihren Sessel und überlegte. Was ist gestern Nacht geschehen?, fragte sie sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Habe ich wirklich mit diesem Mann geschlafen? Habe ich mich tatsächlich so aufgeführt, wie er es gesagt hat? Sie schloss die Augen und zwang sich, den gestrigen Abend in ihre Gedanken zu locken. Sie sah sich selbst an der Bar des Hotels sitzen, mit dem Barkeeper sprechen, sich Notizen machen. Dann war der Amerikaner dazugekommen. Sie hatte ihn nicht gemocht. Vom ersten Blick an hatte sie ihn nicht gemocht. Er hatte etwas Bedrohliches ausgestrahlt, etwas, das ihr Angst machte. Er war so herrisch gewesen, hatte ihr den Rum, den er bestellt hatte, nahezu aufgenötigt. Und er hatte sich ungeniert über ihre Aufzeichnungen gebeugt, hatte gelesen, was ihn nichts anging.
    War er am Ende auch so mit ihr umgegangen? Hatte er sich am Ende etwas genommen, was sie ihm freiwillig nicht gegeben hätte? Verdammt! Sie wusste es einfach nicht, sie konnte sich bei Gott an nichts erinnern.
    Behutsam strich sie mit der Hand über ihren Schoß, als könnte eine Berührung ihr verraten, was ihr die Erinnerung vorenthielt. Aber sie spürte nichts. Da war kein Schmerz, kein Nachhall von Lust, da war schlichtweg nichts. Trotzdem konnte sie die unfassbare Scham, die sie seit dem Aufwachen nicht mehr losließ, auch jetzt nicht beiseitedrängen. Noch immer konnte sie auf der Stelle in Tränen ausbrechen, wenn sie daran dachte, wie sehr der Amerikaner sie gedemütigt hatte. Noch nie hatte sie so etwas Schreckliches erlebt. Selbst die Schläge ihres ersten Mannes, Don Alvaro, waren dagegen Akte von Würde gewesen.
    Mafalda schlug die Hände vor das Gesicht, doch sie zwang die Tränen zurück. Nein, sie durfte nicht länger weinen. Davon wurde nichts besser. Ganz tief holte sie Luft, dann fasste sie einen Entschluss.
    In diesem Augenblick brachte Rafaela ihr den Kaffee, und nachdem Mafalda das starke Gebräu genossen hatte, konnte sie allmählich wieder klar denken. Nach dem Bad zog sie sich ihre besten Kleider an, legte den Schmuck an, den ihr Hermann zur Hochzeit geschenkt hatte, und frisierte ihr Haar so streng es ging. Dann hüllte sie die geborgte Uniform in Papier, beauftragte Rafaela, sie zurückzubringen, und machte sich auf den Weg ins Hotel Imperial. Sie musste sich zwingen, doch es gelang ihr, die Bar mit hocherhobenem Kopf zu betreten. Der Barkeeper lächelte ihr zu.
    Kurz blickte sich Mafalda um, doch außer zwei weißen Männern, die in aller Ruhe Schach spielten, war die Bar zu dieser frühen Stunde leer.
    »Wie geht es Ihnen?« Der Barkeeper behandelte Mafalda mit demselben Respekt wie gestern. Sie dankte ihm mit einem Lächeln dafür. Dann trank sie ein Glas Guarapo und fragte ihn: »Bitte, sagen Sie mir, was gestern geschehen ist. Ich kann mich an manches nicht mehr erinnern. Bitte helfen Sie mir.«
    Der Barkeeper schüttelte den Kopf. »Es ist mir nicht gestattet, über andere Gäste zu sprechen«, sagte er und wies mit dem Kopf zur Decke.
    »Ich verstehe. Der Amerikaner hat Sie zum Schweigen verurteilt. Wie viel hat er Ihnen gezahlt?«
    Mafalda kramte nach ihrer Geldbörse.
    Der Barkeeper schüttelte den Kopf. »Lassen Sie das Geld bitte stecken, Doña«, sagte er leise. »Man hat mich angewiesen, Sie nicht mehr in die Bar zu lassen. Trinken Sie Ihren Guarapo aus und dann gehen Sie.«
    Mafalda erschrak. Schon wieder eine Erniedrigung. Noch nie war sie irgendwo hinausgeworfen worden! Und schon wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
    »Es ist nicht Ihre Schuld.« Der Barkeeper flüsterte diese Worte.
    »Bitte!«, flehte Mafalda. »Ich muss wissen, was gestern Nacht geschehen ist.«
    »Gehen Sie! Sonst verliere ich meine Arbeit. In einer halben Stunde habe ich Pause. Ich werde an der Iglesia Parroquial del Espíritu Santo, an der Kirche des Heiligen Geistes, auf Sie warten.«
    Mafalda sah das Gehetzte im Blick des Barkeepers. Sie nickte, erhob sich und verließ rasch die Bar. In der Lobby meinte sie, den herrschsüchtigen Amerikaner an der Rezeption auszumachen, doch sie nahm sich nicht die Zeit, diesen Eindruck zu bestätigen.
    Eine Weile schlenderte sie durch die Straßen, vermied es dabei aber, den Entgegenkommenden in die Augen zu schauen. Noch immer war sie voller Scham und meinte, die

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