Sterne der Karibik: Roman (German Edition)
Nicht nur, weil diese so wundervoll zu ihrer dunklen Haut passten, sondern vor allem, weil es Rafaelas Wunsch gewesen war, sich wie eine Santeria zu kleiden.
»Sofort, Don«, antwortete das Mädchen. »Soll ich auch ein Tablett mit kleinen Speisen herrichten?«
Wieder lächelte Hermann und nickte. »Ja, sehr gern. Es gibt niemanden, der das so gut könnte wie du.«
Der Kaffee war gerade serviert, als Joachim Groth im Hause Hermanns eintraf. Er rieb sich gutgelaunt die Hände und ließ sich in einen der Sessel fallen, deren Bezüge schon etwas abgenutzt waren. »Hast du noch einmal über meinen Vorschlag nachgedacht?«
Hermann nickte. »Natürlich habe ich das. Sehr gründlich sogar, obwohl ich schon sagen muss, dass ich mir zunächst überhaupt nicht vorstellen konnte, eine Bar in Havanna zu eröffnen, eine Bar zudem, in der wir unseren eigenen Rum verkaufen.«
Joachim Groth lächelte. »Und wie stehst du jetzt dazu?«
»Die Idee gefällt mir mit jedem Tag besser. Und ich bin sicher, dass auch Mafalda Gefallen daran fände. Wir könnten die Manufaktur wieder in Betrieb nehmen. Ein Teil des Gebäudes ließe sich wohl als Bar verwenden. Der Hafen ist nicht weit entfernt, und in der Gegend ringsum treffen sich viele verliebte Paare. Wir könnten neue Sorten ausprobieren, könnten Mixgetränke kreieren, ach, was sage ich, wir könnten endlich alle zusammen an einem Projekt arbeiten.«
Groth nickte. »Wie ich sehe, bist du inzwischen Feuer und Flamme.«
»Aber ja. Dolores könnte die Küche der Bar übernehmen, obwohl ich natürlich nicht vorhabe, Speisen anzubieten. Nur ein paar Schälchen mit Nüssen und andere Kleinigkeiten. Vielleicht ein paar Kuchen oder Kekse. Rafaela könnte die Gäste bedienen, wenn sie das möchte. Und Mafalda würde ich gern die Herrschaft über die Bar überlassen. Es muss wundervoll für sie sein, ihre eigenen Getränke zusammenzustellen. Ich selbst würde als Kellner arbeiten und …«
»Stopp! Stopp! Stopp! Hermann, nicht so schnell. Du bist mit deinen Gedanken schon weit vorausgeeilt. Du bist ein Handelsmann, ein Geschäftsmann, bist nie etwas anderes gewesen. Warum willst du deine Talente vergeuden, indem du Gästen volle Rumgläser auf den Tisch stellst?«
Hermann breitete die Arme aus und lachte über das ganze Gesicht. »Weil ich die Frauen nicht alleine in einer Bar lassen kann. Es wird immer Männer geben, die sich Dinge herausnehmen, die eines Gentlemans nicht würdig sind. Es muss unbedingt ein Mann in der Nähe sein.«
Joachim Groth lehnte sich zurück und zündete sich eine Cohiba-Zigarre an. »Ich bin froh, dass du deinen alten Enthusiasmus wiedergefunden hast, Hermann. Wirklich froh. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir Feinde haben. Wir müssen klug zu Werke gehen.«
»Und du hast schon ein paar Ideen dazu, wie ich dich kenne.«
»Sagen wir so: Ich habe mir Gedanken gemacht. Auf der Insel tobt noch immer dieser unselige Krieg zwischen den Spaniern und den Amerikanern. Die Amerikaner sind nicht sonderlich beliebt im Land, die Spanier stehen nur wenig besser da. Ich habe mich unter den Schauerleuten am Hafen umgehört, den Weibern auf dem Markt, unter den Handwerkern und den anderen einfachen Leuten. Wissen wollte ich, was sie denken.«
»Wieso?«, fragte Hermann.
Groth zog wieder an seiner Zigarre. »Weil sie unsere Kundschaft sind.«
Hermann verzog das Gesicht, als hätte er auf einen Essigschwamm gebissen. »Die einfachen Leute? Ich dachte eher an eine richtige Bar. Mit einer Kapelle an den Wochenenden und einer spiegelglatten Tanzfläche.«
»Ich weiß«, erklärte Groth. »Aber so weit ist es noch nicht. Havanna wird sich nicht an uns anpassen, sondern wir uns an die Gegebenheiten der Stadt. Die Insulaner brauchen einen Ort, an dem sie unter sich sein können. In den Hotels hocken die Amerikaner, in den vornehmen Clubs der Stadt die Spanier aus Europa. Die sind versorgt. Die besser gestellten Kubaner aber haben im Augenblick keine feste Einrichtung, in der sie sich amüsieren können. Sie sind es aber, die nachher, wenn der Krieg vorüber ist, auf der Insel bleiben und ihre Geschicke bestimmen.«
Hermann nickte. »Ich verstehe, du hast vollkommen recht. Was werden wir also als Nächstes tun?«
»Wir müssen einen Teil der Manufaktur umbauen, so dass eine Bar entsteht. Ich stelle mir einen Raum vor, der vom Fasskeller nur durch ein paar Balken abgetrennt ist, so dass die Gäste sehen können, wo ihr Rum lagert. Wir müssen die Wände verputzen, wir
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