Sterne einer Sommernacht
verzweifelt.
Cassie hegte für Abigails Kummer tiefes Verständnis. Deshalb fühlte sie sich in diesem Haus so daheim und fürchtete sich niemals.
Im Gegenteil, sie war dankbar, dass sie hier wohnen durfte. Es war jetzt fast ein Jahr her, dass sie Regan und Rafes Angebot angenommen hatte und mit ihren Kindern hier eingezogen war. Sie konnte es noch immer nicht ganz fassen, dass die beiden sie mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe betraut hatten, und sie arbeitete hart, um das in sie gesetzte Vertrauen auch zu erfüllen und Rafe und Regan nicht zu enttäuschen.
Die Arbeit macht Spaß, dachte sie nun, während sie in den Salon ging.
Die kostbaren antiken Möbel zu pflegen, das Frühstück in der schönen Küche für die Gäste zuzubereiten, das Haus mit Blumen zu schmücken.
Es erschien Cassie wie ein Traum aus einem der Märchenbücher, die Savannah MacKade illustrierte.
Sie war viel ruhiger geworden im letzten Jahr, es kam nur noch sehr selten vor, dass sie schweißgebadet aus einem Albtraum erwachte, um angsterfüllt auf Joes schwere Schritte zu lauschen. Sie war in Sicherheit und – zum ersten Mal in ihrem Leben – frei.
Eingewickelt in ihren Bademantel, ließ sie sich in dem Sessel am Fenster nieder. Sie hatte nicht vor, lange sitzen zu bleiben. Ihre Kinder schliefen fest, aber es gab immerhin die Möglichkeit, dass eins von ihnen aufwachte und sie brauchte. Nur einen kleinen Moment wollte sie hierbleiben und die Stil e genießen.
Sie konnte es noch immer nicht fassen. Sie hatte ein Heim, in dem ihre Kinder ausgelassen spielen und lachen und sich sicher fühlen konnten. Es war wundervoll anzuschauen, wie rasch Emma ihre Scheu verloren und sich zu einem fröhlich plappernden kleinen Mädchen entwickelt hatte.
Connor hingegen hatte es schwerer. Der Gedanke an das, was er in den ersten acht Jahren seines Lebens mitansehen und von seinem Vater hatte erdulden müssen, erfüllte sie noch immer mit Trauer und Schmerz. Aber er würde darüber hinwegkommen.
Es war eine Wohltat zu sehen, wie unbeschwert sich die beiden in Devins Gegenwart fühlten. Es hatte eine Zeit gegeben, in der sich Emma vor jedem Mann fürchtete, und Connor, der sanfte, sensible Connor, war ständig auf der Hut und wappnete sich schon im Vorhinein gegen verbale Attacken.
Doch das war vorbei.
Gerade heute hatten sich die beiden mit Devin unterhalten, als wäre es so normal wie Atemholen. Sie wünschte sich, auch so unverkrampft sein zu können. Es liegt an dem Sheriffstern, sinnierte sie. In Gegenwart von Jared und Rafe und Shane fühlte sie sich entschieden wohler. Bei ihnen zuckte sie nicht zusammen, wenn sie einer zufällig streifte oder ihr freundschaftlich die Hand auf die Schulter legte.
Bei Devin war alles anders. Noch heute erinnerte sie sich mit Schrecken an den Tag, an dem sie schließlich zu ihm ins Büro gegangen war, um Anzeige gegen Joe zu erstatten. Als sie Devin die blauen Flecke auf ihren Armen gezeigt hatte, wäre sie am liebsten gestorben vor Scham. Nichts, nicht einmal Joes Faustschläge, hatte sie jemals so gedemütigt.
Sie wusste, dass er Mitleid mit ihr hatte und sich verpflichtet fühlte, ab und an nach ihr und ihren Kindern zu schauen. Er nahm seine Verantwortung als Sheriff sehr ernst. Das war etwas, das sich niemand – auch sie nicht – vor zwölf oder fünfzehn Jahren hätte träumen lassen, als er und seine Brüder noch die schlimmen MacKade-Jungs gewesen waren, die keiner Rauferei aus dem Weg zu gehen pflegten.
Devin hatte sich in einen bewunderungswürdigen Mann verwandelt.
Obwohl er noch immer gelegentlich rau war, wie sie zugeben musste. Sie wusste, dass er mit kaum mehr als einem Knurren einen Streit vom Zaun brechen konnte, und wenn er bei einer Schlägerei schlichten musste, zögerte er auch nicht, seine Fäuste zum Einsatz zu bringen.
Und doch war er der sanfteste und mitfühlendste Mann, den sie in ihrem Leben kennengelernt hatte. Er war zu ihr und den Kindern immer gut gewesen, und sie schuldete ihm Dank. Sie würde nie vergessen, was er für sie getan hatte.
Cassie schloss die Augen. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, wenn sie ihm gelassener gegenübertreten könnte. Sie hatte im vergangenen Jahr hart an sich gearbeitet, um ihre Schüchternheit zu überwinden und den Gästen selbstsicher zu begegnen. Es funktionierte sehr gut, und manchmal vergaß sie es sogar selbst, dass sie im Grunde ihres Herzens ein sehr verunsicherter Mensch war.
Es gab immer wieder Gelegenheiten, wo sie
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