Sterne im Sand
überwältigte Nioka, deren Herz erfüllt was von Liebe zu ihrem neuen Mann, und drängte die Sorge um Minnie in den Hintergrund.
Rupe genoß dieses Weihnachtsfest nicht, ließ es einfach nur über sich ergehen. Der Weihnachtstag zeichnete sich allein dadurch aus, daß man sich durch ein langes, langweiliges Mittagessen und den Austausch unnützer Geschenke quälen mußte. Die Viehhüter bekamen Socken, die Aufseher neue Viehpeitschen und so weiter bis hin zu Austin, der seine neue elegante Tweedjacke als viel zu teuer empfand. Die Frauen schenkten einander modischen Schnickschnack, Teddy bekam Spielzeug und Victor eine Palette neuer Hemden. Der Nachmittag zog sich unerträglich in die Länge.
Dann war endlich alles vorbei, und im Haus kehrte wieder Normalität ein. Rupe hatte den Beginn dieses aufregenden neuen Jahres voller Ungeduld erwartet, die er sich jedoch wohlweislich nicht anmerken ließ. Victor bereitete sich auf die Reise nach Brisbane vor, die er in Begleitung von Louisa und Teddy unternehmen wollte, um dort mit den Anwälten die zu erwartenden Auswirkungen des Gesetzes gegen die Zweckentfremdung von Land zu diskutieren. Er schob seine Abreise allerdings immer wieder auf, so als hätte er keinen Bruder, der ihn würdig vertreten könnte. Er traf alle möglichen Vorkehrungen für Springfield, erteilte den Aufsehern Anweisungen, prüfte die Journale und Zuchtbücher, um sie auf den neuesten Stand zu bringen, untersuchte einfach alles bis hin zum letzten Grashalm – dann endlich wurde ihr Gepäck auf den gefederten Wagen geladen, und sie brachen auf. Aus Höflichkeit begleitete Rupe sie zu Pferd durchs ganze Tal bis zu den Gebirgsausläufern, der äußeren Grenze von Springfield. Unterwegs neckte er Louisa, die ihre Aufregung kaum im Zaum halten konnte, und fragte beflissen:
»Kommt ihr ab hier allein zurecht?«
»Natürlich«, antwortete Victor lachend. »Und vergiß die Pferde nicht. Einige der Zuchttiere könnten ein Päuschen vertragen. Prüf die ganze Herde, wir brauchen ein paar frische Tiere. Du kannst zu Jock reiten und sehen, was er dahat.«
»Das hast du mir bereits gesagt. Los jetzt. Viel Spaß in Brisbane!«
Rupe sah ihnen nach, machte kehrt und ritt in wildem Galopp auf der sandigen Straße dahin. Nun, da Victor aus dem Weg und Austin ans Haus gefesselt war, würde er, Rupe Broderick, das Ruder übernehmen. Jetzt war er der Boß!
Am nächsten Morgen stand er früher auf als sonst, um die richtigen Männer für seine Zwecke auszuwählen. Nur wer dringende Aufgaben zu erledigen hatte, wurde freigestellt.
»Wie ihr alle wißt, hat die Regierung ein Gesetz erlassen, um gute Farmen wie Springfield zu ruinieren. Es ist an der Zeit, daß wir uns dagegen wehren. Die neuen Grenzreiter lernen zwar gerade den Besitz kennen, aber ich möchte sichergehen, daß ihr alle um die genauen Grenzen von Springfield wißt.«
Rupe war klar, daß es irgendwann neue Grenzen zu sichern gelten würde, wenn die einzelnen Abschnitte von Springfield erst einmal genau festgelegt und die für sie unwirtschaftlicheren Gebiete abgetreten wären. Vorerst war der Besitz jedoch unverändert.
Er teilte die Männer in vier Gruppen ein. Zwei von ihnen sollten jeweils an die Aufseher der Außenposten berichten.
»Sagt ihnen, sie sollen euch mit ihren Grenzen vertraut machen. Von jetzt an setzt kein Fremder mehr einen Fuß auf unser Land.«
Einer der Männer wirkte verunsichert: »Aber es führen doch Straßen hindurch. Wir können nicht jeden einzelnen anhalten.«
»Das könnt und werdet ihr! Das gleiche gilt übrigens für die Straße durch dieses Tal. Sie alle sind für Fremde gesperrt. Wir haben die Straßen für unsere eigenen Zwecke gebaut und sie den Reisenden zur Verfügung gestellt, aber damit ist jetzt Schluß. Wenn diese Regierung so verdammt schlau ist, soll sie doch ihre eigenen Straßen bauen – aber nicht hier auf Springfield.«
»Es wird vielen Leuten Unannehmlichkeiten bereiten.«
»Na und?« gab Jack Ballard zurück. »Das hier ist Privatbesitz. Austin hat den Leuten einen Gefallen getan, indem er den Verkehr hier durchließ, aber wer tut
ihm
denn einen Gefallen? Außerdem können wir unsere Zeit nicht damit verschwenden zu prüfen, wer nur Reisender und wer ein Siedler ist, der hier nach guten Weidegründen schnüffelt.«
»Genau«, bestätigte Rupe. »Die Straßen sind ab sofort gesperrt, und ich will, daß ihr alle Waffen tragt, damit sie auch sehen, daß ihr es ernst meint.«
»Wie lange
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